Mittelalterliche
Dorfkirchen im Teltow (südl. Berlin und Brandenburg)
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Kirchen |
Dorfkirche
Schmargendorf Die Schmargendorfer Kirche ist die kleinste der Berliner Dorfkirchen. Sie macht auf den ersten Blick einen relativ ursprünglichen Eindruck. Allerdings ist dies ein Ergebnis von massiven "Rückbauten", d.h. Beseitigung von neueren Fenster und Rekonstruktion der ursprünglichen Fenster. Die Baugeschichte ist sehr interessant, kann aber ohne Ausgrabungen wohl nicht mehr sicher rekonstruiert werden. Das Innere ist schlicht gestaltet. Lage: Die Kirche liegt in der Südhälfte des ehemaligen Straßendorfes an der Durchgangsstraße (heute Breite Straße 38/Ecke Kirchstraße). Ortsgeschichte: 137 hatte Schmargendorf 42 Hufen, davon hatte der Pfarrer 2 Freihufen. Hennik Wilmerstorp hatte 11 Hufen zu seinem Hof. Jede abgabenpflichtige Hufe gab 3 Scheffel Roggen und 3 Scheffel Hafer an Pacht. Ausgenommen waren davon 6 Hufen, die keinen Hafer als Pacht geben mußten. An Zins waren pro Hufe 2 Schillinge Pfennige. Die Bede (Steuer) betrug pro Hufe 2 1/2 Schillinge, 1 Viertel Roggen, 1 Viertel Gerste und 1 Viertel Hafer. 11 Kossäten wohnten im Dorf, von denen jeder 1 Schilling und 2 Huhn entrichten mußten. Der Krug hatte 14 Schillinge an Abgaben. Ein Altar in Berlin hatte die Rechte auf Pacht und Zins von 20 Hufen und die Bede von 26 Hufen (incl. der vorgenannten 20 Hufen). Lamke Falkener hatte Anrecht auf die Pacht von 6 Hufen und Bede und Zins von 4 Hufen vom Markgrafen zu Lehen. Ruloff Wilmstorff bekam 1/2 Wispel Hafer von 4 Hufen; diese Abgabe hatte er vom Markgrafen zu Lehen. Die Bürger Ryken in Berlin erhielten 1/2 Wispel ebenfalls zu Lehen vom Markgrafen. Die Frau des Bartholomäus, Bürger in Mittenwalde, erhielt 1 Wispel Hafer so lange sie lebte. Das hohe und das niedere Gericht sowie die Wagendienste waren im Besitz bzw. wurden in Anspruch genommen von dem oben genannten Altar in Berlin. Baustruktur: Die
Schmargendorfer Kirche ist ein Rechteckbau mit westlichem
Dachturm. Die Maße sind: Mauerwerksausführung:
Das Mauerwerk ist in den Seitenwänden lagig mit grob
gequaderten bis ungequaderten Feldsteinen. Um das Portal und um
die meisten Fenster sind Reparaturbereiche mit unregelmäßigem
Feldsteinmauerwerk. In der Südwand ist ein größerer
Bereich mit neuen Steinquadern. Die Westwand weist viele
Auskeilungen und z.T. dicke Zwischenschichten aus scherbigen
Feldsteinen auf. Der Westgiebel ist völlig unregelmäßig
aus unbearbeiteten Feldsteinen gemauert. Generell sind aber die
Ortsteine noch gut gequadert und außen glatt bearbeitet. Der
Ostgiebel ist z.T. noch lagig mit gespaltenen Feldsteinen. An den
vier Ecken sind auf Traufhöhe vier neue Kragsteine angebracht
worden. Auffallend ist, daß die Schichten östlich und
westlich des Nordportals auf unterschiedlicher Höhe sind.
Mörtel und Putze: Das Mauerwerk ist mit einem steinsichtigen Putz versehen. Portale und Fenster: Das
spitzbogige Westportal mit Feldsteingewände und -bogen ist
sehr hoch, einmal abgetreppt und mit modernem Tympanonfeld und
rechteckiger Tür. Die Bögen haben im Scheitelpunkt
jeweils Keilsteine. Innenbögen: Keine vorhanden. Der bis zur Renovierung von 1938 vorhandene raumtrennende Innenbogen wurde entfernt. Er stammte von der Renovierung von **. Turm: Der verbretterte Dachturm sitzt auf einem mittig abgeschnittenen Giebel. Er hat Schallöffnungen auf Nord-, West- und Südseite. Dächer: Das Dach der Kirche ist mit Mönch-und-Nonne-Ziegeln gedeckt. Das Zeltdach des Turmes ist dagegen mit Biberschwanzziegeln gedeckt. Das Turmdach endet in einer Windfahne, in die die Jahreszahl 1831 eingraviert ist. Decke: Innenausstattung: Rekonstruktion und vermutliche
Baugeschichte: Bereits Hoffmann-Tauschwitz (1986) hat auf die
unterschiedliche Mauerwerksausführung der Ostwand verglichen
mit den übrigen Teilen der Kirche (gemeint sind die
ursprünglichen Anteile am aufgehenden Mauerwerk) hingewiesen.
Dazu kommen noch eine größere Mauerstärke und eine
nicht senkrecht auf der Längsachse der Kirche stehende
Ausrichtung der Ostwand. Dazu kommt die dendrochronologische
Datierung von einzelne Hölzern, die auf das Jahr 1272 datiert
wurden. Diese Beobachtungen und Fakten können nur so
interpretiert werden, dass die Ostwand der Rest eines Chores einer
zerstörten (oder abgebrochenen) Chorquadratkirche ist.
Trotzdem ist dieser frühe Baubeginn für die erste Kirche
des Ortes zu spät. Wir müssen wohl noch eine Holzkirche
(Bau I) als Vorgängerbau dieser ersten Steinkirche (Bau II =
Chorquadratkirche) annehmen. Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen: Vergleiche: Betrachtet man die Ostwand mit ihrer regelmäßigen Mauerwerk, dem signifikant größeren Mauerstärke und die starke Abweichung vom rechten Winkel gegenüber den Längswänden, so bekommt man den Eindruck, daß hier noch ein kleiner Teil eines älteren Kirchenbaues steht. Nach der relativ geringen Breite zu schließen, kann es sich nur um einen Chor einer geplanten Chorquadratkirche handeln. Diese wurde entweder nicht ausgeführt oder nach Zerstörung oder Abriß nicht mehr in dieser Form aufgebaut, sondern in Chorbreite aber etwas andere Ausrichtung nach Westen gebaut.. Bemerkungen: Cante (1987)
beschreibt das Mauerwerk der Kirche als "unregelmäßiges
Feldsteinquadermauerwerk". Die Bezeichnung ist, zumindest für
märkische Dorfkirchen, in sich schon inkonsistent und
außerdem in dieser Pauschalität für die
Schmargendorfer Kirche nicht zutreffend. Ein Quadermauerwerk ist
im Falle der märkischen Dorfkirchen eigentlich immer in Lagen
versetzt worden, also regelmäßig. Lediglich in einigen
ottonischen Bauten des 10. Jahrhunderts kann man ein
Zyklopenmauerwerk beobachten (Quader die unregelmäßig
versetzt sind). In der Ostwand der Schmargendorfer Kirchen kommen
durchaus gut gequaderte Feldsteine vor. Diese Mauer ist außerdem
dicker und weicht in der Ausrichtung deutlich von den Seitenwänden
ab. Die Feldsteine im originalen Mauerwerk der Seitenwände
und der Westwand sind dagegen nur grob gequadert. Der Westgiebel
ist völlig unregelmäßig mit unbearbeiteten kleinen
Feldsteinen gemauert worden. Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.122, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.243-6, Schultze (1940): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, S.99, Pomplun (1960): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.17, Schlimpert (1972): Brandenburgisches Namenbuch. Teil 3 Die Ortsnamen des Teltow, S.160/1, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.249-51, Hoffmann-Tauschwitz, Matthias & Harry C. Suchland (1986), Alte Kirchen in Berlin, S.89-96, Cante, Marcus (1987), Mittelalterliche Dorfkirchen in Berlin, S.167-171, Kath. Bildungszentrum Berlin (1986), Dorfkirchen im Süden Berlins, S. 8-9, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin (Dehio/Berlin) (1994), S.**. Dank und Information: |
Grundriss der Schmargendorfer Dorfkirche (aus Cante, 1987, nach einer Aufnahme der TU Berlin).
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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2003