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Dorfkirche Schenkendorf
(Lkr. Dahme-Spreewald)

Schenkendorf befindet sich am Rande des Teltow, und man kann sich streiten, ob es noch zum Teltow gerechnet werden kann oder nicht. Wir haben die Kirche der Vollständigkeit halber hier aufgenommen. Diese Kirche ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Vor allem die Innenausstattung mit ihrem spätgotischen Schnitzaltar von 1516 (jetzt an der Nordwand angebracht), der Taufe und der Kanzel jeweils aus dem 17. Jahrhundert ist sehr ungewöhnlich. Der Gruftanbau an der Nordseite von 1669 ist ein gutes Beispiel für einen - für dörfliche Verhältnisse - frühen Barockgiebel. Auffallend sind auch die völlig unregelmäßige Mauerwerksausführung und die stark nach Osten konvergierenden Seitenwände.

Lage: Schenkendorf liegt südwestlich von Königs Wusterhausen, an der Straße von Königs Wusterhausen zur Autobahnauffahrt Mittenwalde (A 13 Berlin-Dresden). Die Kirche liegt inmitten des mit einer Ziegelmauer umgebenen Friedhofs im Dorfanger. Nach dem Historischen Ortslexikon ist Schenkendorf ein durch Gutsbildung deformiertes Sackgassen- oder Runddorf.

Ortsgeschichte: Im Jahre 1317 wird erstmals ein "Hinricus Scenko de Schenkendorpp" urkundlich erwähnt, obwohl es nicht ganz sicher ist, ob sich die Ortsnennung in dieser Urkunde tatsächlich auf Schenkendorf bei Königs Wusterhausen bezieht. Zweifelsfrei ist die Nennung jedoch im Landbuch von 1375 "Schenkendorff/-dorpp prope Wusterhuse(n)". Das Dorf hatte 35 Hufen, davon waren 3 Pfarrhufen und 1 Kirchenhufe. Der Lehnschulze hatte 4 Hufen, von denen er aber 1 Schock Groschen geben mußte. Die anderen Hufen gaben 4 Scheffel Roggen, 4 Scheffel Hafer und 2 Scheffel Gerste. An Zins waren 4 Groschen, an Bede 1 Schilling Pfennige abzuliefern. Über die Höhe der Pacht ist nichts vermerkt. Es gab 14 Kossäten im Dorf, von denen jeder 6 Hühner bezahlen mußte. Der Krug gab ein halbes Schock Groschen an den Altar der Elenden in Mittenwalde. Hiermit bricht die Nachricht ab, Besitzer, Patronat und Bezieher der Abgaben werden nicht aufgeführt. Erst im Jahre 1441 wird mit Curt v. Sliben, in Königs Wusterhausen wohnhaft, der Besitzer genannt. Er vermachte seiner Ehefrau ein Leibgeding mit seinen Gütern in Wendisch/Königs Wusterhausen und Schenkendorf. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verkauften die v. Schlieben ihren Besitz in Königs Wusterhausen und Schenkendorf an die Schenken v. Landsberg, Herren zu Teupitz. Im 16. Jahrhundert kam es anscheinend zur Bildung eines Rittersitzes in Schenkendorf, so daß die bäuerlichen Hufen auf 19 reduziert wurden. 1652 waren Dorf und Rittersitz im Besitz des Freiherrn von Loeben. 1717 wurde es zusammen mit anderen Dörfern von Friedrich Wilhelm dem I. zu seiner Herrschaft Königs Wusterhausen erworben.

Baustruktur: Die Kirche ist ein einfacher Rechteckbau, dessen Seitenwände jedoch nach Osten hin stark konvergieren. Die Westseite mißt 10,40 m und die Ostseite 9,80 m; die Kirche ist 24,54 m lang. Der Nordanbau mißt 6,40 x 6,40 m.
Die Kirche hatte im März 2000 eine magnetische Abweichung von der idealen Ost-West-Ausrichtung von 22° (gemessen an der Südseite) nach Nordosten.

Mauerwerksausführung: Das Mauerwerk ist unregelmäßig, fast mosaikartig mit relativ großen, nur außen behauenen oder gespaltenen Feldsteinen. Die Zwickel sind mit kleinen Feldsteinen ausgefüllt.
Der Westgiebel ist ab der Traufhöhe des Schiffs verschiefert.
Der Nordanbau aus großformatigen Ziegeln (26,5 x 13 x 8 cm) hat einen typischen frühbarocken Volutengiebel.

Mörtel und Putze: Die Kirche hat einen neuen Fugenputz; der Nordanbau ist komplett verputzt.

Portale und Fenster: Die Südseite hat vier große segmentbogige Fenster sowie ein kleines segmentbogiges Fenster unter dem Turm. Die Fenster haben breite Putzfaschen; darunter sieht man großformatige Ziegel. Das Südportal ist rundbogig und hat eine Tür mit gotischen Beschlägen. Das Gewände ist verputzt. Darunter kommt ein altes Birnstabgewände zum Vorschein, dessen mittlerer Teil aber abgeschlagen ist. Im Grundriß (siehe unten) ist die mittlere Öffnung in der Südwand das Portal (Pfeil vergessen).
Das neugotische Feldsteinportal in der Westseite ist spitzbogig und zweimal abgetreppt. Es wurde 1910 in angeblich der ursprünglichen Form erneuert und vergrößert. Die Leibungs- und Bogensteine dürften von diesem Umbau stammen.
Auf der Nordseite ist im Turmbereich ein kleines segmentbogiges Fensterchen mit einem Gewände aus großformatigen Ziegeln (26,5 x 13 x 8 cm). Es hat auf seiner rechten Seite zwei Riegel, die darauf hinweisen, daß es mit einer hölzernen Klappe verschlossen werden konnte. Es folgen nach Osten hin zwei segmentbogige Fenster mit Ziegelgewände.
Die zwei barocken Fenster in der Ostwand sind außen und innen segmentbogig, aber bis auf eine Hochellipse zugesetzt. Diese ovalen Öffnungen enthalten Glasmalereien aus der Jugendstilzeit. Ein Rundfenster befindet sich im Giebel.
Der Nordanbau hat eine breite Tür in der Nordseite sowie zwei Fensterchen im Giebel. In der Ost- und Westseite ist jeweils ein kleines Fensterchen.

Innenbögen: Die Kirche hat keine Innenbögen.

Turm: Der Turm ist ein Dachturm, der ganz verschiefert ist. Er hat auf der Nord-, West und Südseite je eine Schallöffnung. Etwa auf halber Höhe des Westgiebels ist ein kleines Rechteckfensterchen.
Die Turmhalle ist mit einem Kreuzrippengewölbe eingewölbt.

Dächer: Der Turm hat ein Zeltdach mit einer großen, vierseitigen, durchbrochenen Laterne, die mit Schweifhaube abschließt. Die Spitze ist von einem Kreuz bekrönt.
Das Kirchenschiff trägt ein Satteldach, das mit Biberschwänzen gedeckt ist.

Decke: Die Kirche hat eine weiße, verputzte Flachdecke.

Innenausstattung: Im westlichen Teil hat die Kirche eine Hufeneisenempore, auf der die Orgel steht. Diese hat einen schönen, weißen Orgelprospekt mit vergoldeten Verzierungen. Am vierten Fenster (von Osten) in der Südwand haben sich kleine Reste von Wandmalereien erhalten. Ein spätgotischer Flügelaltar ist an der Nordseite des Chorraums angebracht. Die Kirche hat einen reich verzierten Barockaltar aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Ädikula hat einen torähnlichen Holzaufbau, der im Oberteil zwischen geschnitzten Rosenstöcken und einem Kruzifixus angeordnet ist. Neben den seitlichen Säulen und über dem ovalen Bogen ist schmückendes Akanthusschnitzwerk angebracht. Der Altar wird durch die Figur des Auferstandenen bekrönt. Die vierseitige, mit reichem barocken Schnitzwerk versehene Kanzel stammt aus der gleichen Zeit. Die achtseitige, reich geschnitzte Renaissancetaufe - der "Dehio" datiert sie in das 2. Viertel des 17. Jahrhunderts - ist bei der Renovierung mit etwas zu kräftigen Farben bemalt worden. Bemerkenswert sind auch die spätgotischen Schmiedeeisenbeschläge an der Südtür. 

Rekonstruktion und vermutliche Baugeschichte:
Der Baubeginn dieser Kirche ist nur sehr schwierig zu ermitteln, da alle ursprünglichen Öffnungen verändert sind. Der einzige Hinweis ist ein Birnstabgewände am Südportal, das aber abgeschlagen worden ist. Die Mauerwerksausführung ist untypisch; die völlig unregelmäßige Mauerwerksausführung deutet vielleicht auf das 15. Jahrhundert hin.
15. Jahrhundert: Baubeginn einer einfachen Rechteckkirche mit stark nach Osten konvergierenden Seitenwänden. Sie hatte nur ein Mittelportal in der Südwand, das etwa mittig in Bezug auf den den Innenraum (Schiff/Chor) liegt. Wahrscheinlich hatte die Kirche auch ein Westportal.

Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen:
1662: "große Kirchenreparatur". Das kleine Fenster in der Nordseite wird eingebrochen. Vermutlich wurden auch die übrigen Fenster bereits in dieser Bauphase verändert. Das Format der Ziegel konnte leider nicht erfaßt werden, da die Ziegel an fast allen Enden abgeschlagen sind. Am Südportal werden die Birnstabgewände abgeschlagen.
1669: Anbau der Gruft an der Nordseite.
1713: Abbruch des Turms und Bau des heutigen Dachreiters.
1910: erneuert. Die Ostfenster werden bis auf eine Hochellipse zugesetzt und mit Jugendstil-Glasmalereien versehen.
1961 bis 1968: restauriert.
2001/02 wurde die Kirche außen mit Hilfe des Brandenburgischen Denkmalschutzes saniert und der zum großen Teil noch original erhaltene Putz des Nordanbaus gesichert.

Vergleiche: Die Kirche ist in vielen Punkten außergewöhnlich. Das unregelmäßige Mauerwerk ist mit dem allerdings nur an zwei kleinen Stellen erfaßten Mauerwerk der ansonsten verputzten Kirche in Diedersdorf vergleichbar. Mit einem Längen-/Breiten-Index von 2,36 zu 2,19 ist sie aber proportional etwas länger und auch in ihren absoluten Maßen größer als diese Kirche.
Man kann sich sicher darüber streiten, ob man den Nordgiebel des Gruftanbaus als frühbarock oder noch als spätrenaissancezeitlich bezeichnet sollte. Der Giebel ist noch zonar aufgebaut, aber es fehlen ihm die typischen vertikalen Elemente. Typisch barock sind die Voluten und der geschwungene Giebel. Der Zeitpunkt der Entstehung liegt auf jeden Fall im Frühbarock. Wir folgen hier der Bestimmung und Bezeichnung im Dehio/Brandenburg.
Altar, Kanzel und Taufe besitzen weder typische Renaissance-Merkmale noch typische Barockmerkmale. Dies liegt in erster Linie daran, dass es kaum Vergleichsbeispiele in der Region gibt. Kaum einer der Patrone hatte so unmittelbar nach dem 30-jährigen Krieg (in den 1650er bis 1670er Jahren) das Geld, seine Dorfkirche vollkommen neu auszustatten. 

Bemerkungen: Alle bisherigen Autoren, die sich mit dieser Kirche beschäftigt haben, sind bei der Datierung sehr zurückhaltend ("Dehio": spätmittelalterlich; "Bau- und Kunstdenkmale in der DDR": spätgotisch). Gericke, Schleiff & Wendland (1974) und das "Historische Ortslexikon für Brandenburg" lassen mit "14./15.Jahrhundert" einen sehr langen Zeitrahmen offen. Die Kirche ist aufgrund der wenigen Hinweise (Mauerwerksausführung, Südportal) nicht genauer zu datieren.

Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.121, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.242/3, Schumann (1928): Die Kirche in Schenkendorf. Evangelischer Bote des Kirchenkreises Königswusterhausen, 1928, 5: 2 S., Schultze (1940): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, S.104, Kubach & Seeger (1941): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg, Kreis Teltow, S.165/6, Schlimpert (1972) Brandenburgisches Namenbuch Teil 3 Die Ortnamen des Teltow, S.158, Gericke, Schleiff & Wendland (1974): Brandenburgische Dorfkirchen, S.154, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.243-5, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR (1978), S.163, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam) (1983), S.414/5, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), 962/3.

Information: Wir bedanken uns ganz besonders bei Frau Enke-Langner, Pfarrerin von Schenkendorf, die uns auf die kürzlich erfolgte Außensanierung der Kirche hinwies.



Außenansicht

Die Kirche von der Westseite


Das neugotische Westportal



Innenansicht

Der barocke Altar. Im Hintergrunde die Jugendstilfenster der Ostwand


Die Orgel mit Orgelprospekt


Die Renaissance-Taufe



Grundriß

Grundriß (nach Kubach & Seeger, 1941)


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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2003