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Dorfkirche Ragow
(Lkr. Dahme-Spreewald)

Diese Kirche wurde durch einen neugotischen Umbau stark verändert. Sie hat jedoch noch einige interessante mittelalterliche Reste und einen beachtenswerten barocken Kanzelaltar.

Lage: Ragow liegt ca. 3 km östlich von Mittenwalde (und östlich der Autobahn Berlin-Dresden) und ist am besten über die Autobahnabfahrt Ragow zu erreichen. Ragow ist ein Sackgassendorf, die Kirche liegt im Dorfanger und ist umgeben vom Friedhof.

Ortsgeschichte: Das Kreisinventar schreibt, daß Ragow "im 14. Jahrhundert" zur Stadtkämmerei Mittenwalde gehörte. Es ist deshalb im "Landbuch" von 1375 nicht erfaßt. 1450 (nach dem Schoßregister) hatte es 52 Hufen, davon 3 Pfarrhufen. Später wurde die wüste Feldmark Wirichsdorf zu Ragow gelegt. Ursprünglich war Ragow Tochterkirche von Klein Kienitz, um 1713 Mutterkirche, seit 1800 Tochterkirche von Mittenwalde.

Baustruktur: Die Kirche ist ein einfacher rechteckiger Saalbau (22,50 m lang, 10,05 m breit) mit später angebautem quadratischem Westturm und einem Vorbau vor dem südlichen Priesterportal. Die magnetische Abweichung von der Ost-West-Richtung betrug im Oktober 1999 ca. 10° nach Nordosten.

Mauerwerksausführung: Das Mauerwerk besteht aus großen, teils nur gespalteten, teils mäßig bis schlecht behauenen Feldsteinen, die in regelmäßigen Lagen mit Zwischenschichten und Auskeilungen aus scherbigem Feldsteinmaterial verlegt sind. Die obersten ca. 80 cm sind unregelmäßig mit viel Ziegelmaterial gemauert und gehören zu einer späteren Aufstockung des Gebäudes. Im Bereich des ehemaligen Priesterportals, jetzt Durchgang zur Sakristei, maßen wir eine Wandstärke von knapp 1 m.
Der lagig bis unregelmäßig gemauerte Ostgiebel der Kirche ist mit Ziegeln aufgestockt. An der Ostwand ist noch der Dachansatz eines inzwischen abgerissenen Anbaus zu erkennen (lt. Kreisinventar handelte es sich um eine Abstellkammer).
Der neugotische Westturm besteht aus Ziegelmauerwerk, ebenso der verputzte Südanbau.

Mörtel und Putze: An der Kirche ist nur ein Fugenmörtel bzw. -putz zu beobachten.

Portale und Fenster: Die Nordseite weist drei segmentbogige Fenster (von 1896) auf. Oberhalb dieser Fenster sind jedoch noch Reste von drei flachbogigen Fenstern zu erkennen. Die Bögen dieser Fenster befinden sich im aufgestockten Bereich.

Die Ostseite hat zwei segmentbogige Fenster (von 1896) und in der Mitte ein zugesetztes spitzbogiges Fenster, eventuell das mittlere einer ursprünglichen Dreiergruppe. Die Kanten dieses zugesetzten Fensters sind mit großformatigen Ziegeln gefaßt. Diese messen 26,5 (?) x 13,5 x 8,5-9 cm. Die gemessene Länge ist wahrscheinlich unvollständig, da bei fast allen Ziegeln die Kanten abgeschlagen sind. Im Giebel befindet sich ein Kreisfenster mit einem Gewände aus scherbig gebrochenen Feldsteinen.

Die Südseite zeigt in der westlichen Hälfte ein zugesetztes Portal mit einem Segmentbogen aus kleinformatigen Ziegeln. An der Basis des Portals sind Reste eines etwas breiteren Portals, das ursprünglich einmal mit großformatigen Ziegeln eingefaßt war. Das Ziegelformat beträgt unten 28,5 x 13,5-14 x 9 cm, oben 24 x 12,5 x 6,5 cm. Das ehemalige Priesterportal ist einmal abgetreppt und spitzbogig. Es steckt hinter einem kleinen Anbau von 1896 und ist verputzt, so dass über das Material des Gewändes nichts ausgesagt werden kann. Zum Kircheninneren hin ist es breit und flach segmentbogig. Die Südseite hat drei segmentbogige Fenster (von 1896). Rechts des westlichen Fensters ist noch ein Ziegelgewände eines älteren Fensters erhalten. Diese Ziegel messen 27 x 13,5 x 7 cm. Es stammt vom Umbau von 1710.

Das ursprüngliche spitzbogige Westportal (Pomplun) wurde 1896 beseitigt und statt dessen ein quadratischer Turm aus Ziegeln mit einem neuen Westportal angefügt.

Der Südanbau hat auf seiner Südseite eine segmentbogige Eingangstür und auf der Ost- und Westseite je ein kleines segmentbogiges Fenster.

Innenbögen: In der einfachen Saalkirche sind und waren keine Innenbögen vorhanden.

Turm: Der Westturm in aufwendigen neugotischen Formen ist wesentlich schmaler als das Schiff und aus Backsteinen aus industrieller Produktion hochgemauert. Er trägt über dem quadratischen Unterbau mit Westportal und Fenstern auf der Süd- und Nordseite einen schmaleren quadratischen Aufbau mit spitzbogigen Fenstern, der weiter oben ins Achteck übergeht. Jede der acht Seiten hat ein spitzbogiges Fenster, das von einem Giebel bekrönt wird. Der Turm endet in einem kleinen runden, verzierten Spitzhelm. Beim Turmbau 1896 wurde ein Fachwerkturm auf dem Westgiebel der Kirche abgerissen.

Dächer: Das Satteldach des Schiffs ist mit Falzziegeln gedeckt, ebenso das querstehende Satteldach über dem Südanbau. Der Turm hat einen stark strukturierten Spitzhelm.

Decke: Die Kirche hat eine weiß getünchte flache Putzdecke mit Putzgliederung in den Kanten zu den Wänden.

Innenausstattung: Die Kirche hat eine Westempore mit einer darunter eingerichteten Winterkirche. Auf der Westempore befindet sich eine Orgel aus dem 19. Jahrhundert, in deren schönen Prospekt Teile des Orgelgehäuses der früheren Orgel von 1745 integriert wurden. In der Ostwand ist eine kleine Sakramentsnische. Der prächtige Kanzelaltar von 1702 zeigt einen zweigeschossigen Holzaufbau mit gedrehten Säulen und geschnitzten Akanthuswangen. Über dem polygonalen Kanzelkorb ist ein kronenartiger Schalldeckel angebracht. Er schließt oben mit der Strahlenglorie und Engeln ab. Der runde Taufstein mit barocker Schale besitzt einen tönernen Balusterschaft mit Akanthus und Engeln. Er stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Altartisch ist aus Backstein. Die Ostfenster sind farbig verglast.

Rekonstruktion und vermutete Baugeschichte:
1. Hälfte 14. Jahrhundert: Anlage einer einfachen Saalkirche (vielleicht bereits mit Dachturm) mit spitzbogigem Westportal, spitzbogiger Priesterpforte, einem Südportal aus großformatigen Ziegeln, je 3 Fenstern auf Nord- und Südseite, sowie eventuell einer Dreifenstergruppe in der Ostwand oder auch nur mit einem Mittelfenster. Die beiden Fenster seitlich des mittleren Ostfensters zeigen weder Reste ursprünglicher Spitzbogenfenster noch Reste barocker Bögen. Leider ist das Ziegelformat des Mittelfensters nicht spezifisch. Es kann vom späten 13. bis zum 15. Jahrhundert auftreten. Zum ursprünglichen Baubestand gehört wahrscheinlich auch das Kreisfenster im Giebel der Ostwand.

"Barock" (1710?): Aufstockung der Kirche um ca. 80 cm. Das Südportal und die Fenster der Nord- und Südwand werden verändert (sicher vergrößert) und mit flachen Segmentbögen und Ziegelgewänden versehen. Das mittlere Fenster in der Ostwand wird zugesetzt.

Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen:

1702: Einbau eines Kanzelaltars.

1710: "Veränderungen", Bau eines Fachwerkturms über dem Westgiebel.

gegen 1800 Abtragung des alten Turms und Bau eines neuen Dachturms.

1896 werden alle Fenster erneut verändert, die Position bleibt unverändert. Die Fenster sind nicht ganz so hoch wie die älteren Fenster, die Bögen der älteren Fenster bleiben dadurch erhalten. Der Westturm aus Backstein wird angefügt, und das südliche Priesterportal bekommt eine Vorhalle. Das Südportal wird zugesetzt.

1945 wird die Kirche durch Beschuß beschädigt. Die Schäden am Turm werden aber in den Folgejahren wieder beseitigt.

1970/71: Renovierung des Kanzelaltars.

1972/73 wurde die Kirche innen renoviert.

1977: Renovierung des Turms.

Vergleiche: Die Kirche von Ragow ist in ihren Maßen und Proportionen sehr gut vergleichbar mit der nahezu gleich großen Kirche von Frankenförde nahe Luckenwalde. Auch das Mauerwerk ist sehr ähnlich. In der näheren Umgebung hat die Kirche von Diedersdorf vergleichbare Proportionen, ist aber insgesamt etwas kleiner als die Ragower Kirche. Auch ist die Kirche von Diedersdorf unregelmäßiger gemauert und dürfte wohl etwas jünger sein als die Kirche in Ragow. Die Kirchen von Groß Kienitz und Klein Kienitz haben abweichende Größen, aber ähnliche Proportionen, und das Mauerwerk der Klein Kienitzer Kirche ist mit dem der Ragower Kirche recht gut vergleichbar.

Bemerkungen: Das Kreisinventar (Kubach & Seeger 1941) datiert die Kirche ins 14./15. Jahrhundert, der "Dehio" ins späte 14. Jahrhundert. Die noch großenteils behauenen Quader der Kirche von Ragow und das regelmäßige, lagige Mauerwerk lassen aber unserer Ansicht nach darauf schließen, dass die Kirche wohl nicht nach der Mitte des 14. Jahrhunderts erbaut worden ist.

Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.114/5, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.224/5, Kubach & Seeger (1941): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg, Kreis Teltow, S.160, Pomplun (1960): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.28, Piltz (1975): Kunstführer durch die DDR, S.147, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.221-3, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR (1978), S.163, Mehlhardt (1981): Märkische Dorfkirchen Teil 108 Ragow, Potsdamer Kirche, 39, (vom 27.9.1981) (ohne Seitenzählung), Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam ("Dehio") (1983), S.396.

Information: -



Außenansicht

Die Südseite der Kirche mit dem Vorbau über dem Priesterportal



 
 
 

Die Nordseite der Kirche mit lagiger Mauerwerksausführung. Die Bögen der barocken Fenster im Aufstockungsbereich sind über den neuen Fenstern noch zu erkennen.



 

Die Ostseite mit zugesetztem gotischem Fenster und Spuren eines Ostanbaus.


Das zugesetzte Südportal


Innenansicht

Der Altar


Die Westempore


Die Taufe


Das Priesterportal (vom Vorbau in die Kirche)



Grundriß

Grundriß (nach Kubach & Seeger, 1941)


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Letzte Änderung: 16.4.2005


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005