Zwei Beispiele aus der Lehr- und Forschungs-Praxis: Zum einen finden sich zu Martin Luther bereits unzählige, darunter auch hervorragende Webseiten. Als grosse Einstiegspforten können etwa Martin Luther (KDG Wittenberg) und das Project Wittenberg (Concordia Theological Seminary) dienen. Zudem liegt seit 1997 eine multimediale Martin Luther CD-ROM vor. Neben Texten, Bildern, Animationen oder Trickfilmen spielt auch Sound eine grosse Rolle, und zwar nicht nur in Form von Sprache, als Hintergrundmusik oder Untermalung, sondern es gibt auch eine eigene Rubrik Musik. Sie ist dreigeteilt in: 1. Abbildungen (z. B. Fagott, Laute, eine Orchesterdarstellung aus dem 16. Jahrhundert), 2. Notendrucke (z. B. Geistliches Gesangbüchlein, Laus musarum ex Hesiodi, Klugsches Gesangbuch 1533) und 3. Darbietungen, was gesungene und gleichzeitig textlich angezeigte Martin Luther-Lieder meint, so etwa: Eine feste Burg ist unser Gott, Christ lag in Todesbanden, Die beste Zeit im Jahr ist mein, Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen. Schon im ausführlichen Kapitel über Luthers Alltag spielt Musik indes keine selbständige Rolle mehr.
Die multimediale Gestaltung eines Themas kann gewiss sehr unterschiedlich ausfallen, je nach eigenen Interessen, nach thematischen Schwerpunkten, nach finanziellen Ressourcen, nach bevorzugtem Medium (im WWW oder/und auf CD-ROM), nach Zielpublikum. So ist es angesichts der Bedeutung, die Musik und die Macht des gesprochenen Wortes im Leben Luthers einnahmen, sicher nicht abwegig, die diesbezüglichen Verknüpfungen noch weit enger zu ziehen, als dies in der erwähnten Luther-CD-ROM geschieht. Deshalb wird in den eigenen Lehrveranstaltungen auf zusätzliche Audio-CDs zurückgegriffen und ihr Inhalt mit Webseiten oder anderen CD-ROM-Materialien kombiniert. Es sind dies zum Beispiel Martin Luther und die Musik (Musica Antiqua Wien; Heidelberg: Christophorus 1992), Martin Luther: Deutsche Liedmesse (Westfälische Kantorei, Motettenchor St. Matthäus München, Bachchor Gütersloh; Kassel: Cantate Musicaphon 1996) oder Martin Luther (Sprecher: Gert Westphal; Heidelberg: Christophorus 1996).
Das zweite Beispiel geht noch einen Schritt weiter. Zwar wurden und werden in Lehrveranstaltungen zu den Vier Jahreszeiten zu Beginn - ähnlich wie im Luther-Beispiel - Webseiten mit bereits vorhandenen multimedialen CD-ROMs oder mit Audio-CDs kombiniert, so etwa mit der CD-ROM Le temps de Rubens, die ein eigenes Kapitel über Joos de Momper, den Antwerpener Urheber des Braunschweiger Vierjahreszeiten-Zyklus enthält, oder mit der CD-ROM zu dem am gleichen Ort ansässigen Plantin Moretus, oder mit der CD Muziek uit de Gouden Eeuw: Constantijn Huygens en Gerbrand Adriaensz. Bredero.
Dann allerdings bemühten wir uns darum, die im Grundsatzkapitel erörterten neuen Dimensionen auch selbst einmal auszuloten. So verweist nun die Projektgliederung zum Beispiel auf einen Punkt Frühling, Sommer, Herbst und Winter:ein ewiger Reigen (als QuickTime VR), oder auf Video-Clips zum Braunschweiger Standort der Bildfolge, oder auf die Einbeziehung von Vivaldis Le Quattro Stagioni, oder auf die 3D-Rekonstruktion des Stadttors im Winterbild, ganz zu schweigen vom meteorologischen Kapitel zu Wolken und Wetter über den Vier Jahreszeiten oder dem astronomischen Nächtlichen Himmel über Mompers vier Bildern - insgesamt eine Frucht sowohl eigener Bemühungen wie auch einer erfolggekrönten interdisziplinären interurbanen Zusammenarbeit. Hier spielt sich Geschichte wahrlich nicht länger nur zweidimensional, schwarz/weiss und stumm ab. (Weitere Details können dem Online-Booklet zur multimedialen Vierjahreszeiten-CD-ROM entnommen werden.) Weitere Arbeiten sind im Zusammenhang mit den Lehrveranstaltungen im Sommersemester 1999 im Gange.