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[Ausgaben für die Forschung stagnieren]


Der Stifterverband der deutschen Wissenschaft hat seine Statistik für die Aufwendungen der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung veröffentlicht. Demnach investierte die deutsche Wirtschaft im Jahr 2002 rund 44,6 Milliarden Euro in neue Ideen, Produkte und Dienstleistungen. Das waren 1,6 Prozent mehr als 2001 (43,8 Milliarden Euro). 37 Milliarden Euro setzten die Unternehmen in eigenen Labors und Forschungsabteilungen um. 7,6 Milliarden Euro gaben sie als Forschungsaufträge nach draußen.

Nach einer Analyse der Planzahlen aus den Unternehmen rechnet der Stifterverband für 2003 erstmals mit einem Rückgang der Forschungsausgaben auf 44,4 Milliarden Euro, ein minus von 0,2 Prozent. Dieser Trend könnte sich 2004 noch verstärken. „Am Anfang der Wertschöpfung steht die Wissenschaft“, mahnte Manfred Erhardt, Generalsekretär des Stifterverbandes. „Wenn wir Exportweltmeister bleiben wollen, müssen wir mehr Geld für die Forschung in die Hand nehmen.“

Die Zahl der Beschäftigten in den Forschungsabteilungen der Unternehmen ist sein 2001 rückläufig. Im Jahr 2002 fielen 4660 Stellen weg. Derzeit bietet die Wirtschaft rund 302.600 Stellen in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen an, davon mehr als die Hälfte für Akademiker. „Die Mitarbeiter in der Unternehmensforschung sind in der Regel jünger als in den Produktionsprozessen oder anderen Teilen des Unternehmens. Fallen dort Stellen weg, verschärft sich die ohnehin angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt“, analysierte Manfred Ehrhardt. „Unsere derzeitige Absolventengeneration hat das Problem, dass die Arbeitsmärkte trotz steigender Absolventenzahlen nicht wachsen. Mit Bachelor und Master werden die Abschlussquoten weiter steigen. Dann drängen noch mehr junge Leute auf den Markt.“

Befragung von 1500 Unternehmen

Der Statistik des Stifterverbandes liegt die jährliche Befragung von 1500 Unternehmen zugrunde. Motor der Forschung in Deutschland sind unangefochten die großen Konzerne, die 2002 rund 38,7 Milliarden Euro ausgaben, 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen ziehen sich aus dem Geschäft mit der Innovation hingegen zurück: Sie steuerten nur 5,3 Milliarden Euro bei, 3,2 Prozent weniger als 2001. Insgesamt wandte die deutsche Wirtschaft im Jahr 2002 rund 1,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung auf. Im Vergleich zu anderen Industrienationen liegt Deutschland damit an siebenter Stelle, hinter Schweden (3,3 Prozent), Finnland (2,43 Prozent), Japan (2,26 Prozent), Korea (2,23 Prozent), der Schweiz (1,95 Prozent) und den USA (1,87 Prozent). Für 2003 planten auch die großen Unternehmen spürbare Einschnitte, ihre Forschungsbudgets stagnierten. Fünf Sechstel (245.970) aller Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung haben ihren Arbeitsplatz in einem Großunternehmen. Die kleinen und mittelständischen Betriebe stellen nur 51.890 hoch qualifizierte Forscher an.

Die innovativste Branche ist traditionell der Automobilbau. Insgesamt 32,8 Milliarden Euro setzten die Autokonzerne zwischen Wolfsburg und Stuttgart für Forschung ein, das entspricht einem Drittel aller Forschungsausgaben der deutschen Wirtschaft. In dieser Branche arbeiten ein Viertel aller Industrieforscher. Rechnet man Schienenfahrzeugbau, Luft- und Raumfahrt ein, gab der Fahrzeugbau rund 38,3 Milliarden Euro aus, fast vierzig Prozent der Ausgaben aus der Industrie. Die Elektronikindustrie, Datenverarbeitung, Feinmechanik und Optik setzten 20,2 Milliarden Euro ein, die Chemische Industrie 16,1 Milliarden Euro.

Dramatisches Gefälle nach Osten

Der klassische Maschinenbau, hier vor allem Werkzeugmaschinen und Sondermaschinen, investierte 9,4 Milliarden Euro. Diese Branchen decken somit 85 Prozent der Aufwendungen der Wirtschaft ab.

Nach wie vor dramatisch ist das Gefälle, bricht man die Forschungsausgaben auf die beiden Teile Deutschlands um. „Auch zehn Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es noch lange kein Gleichgewicht“, konstatierte Christoph Grenzmann, der die Erhebung beim Stifterverband in Essen geleitet hatte. „In Westdeutschland arbeiteten im Jahr 2001 rund 270.350 Menschen in den Forschungsabteilungen der Industrie. Das sind 88 Prozent. Nur 36.900 arbeiteten in ostdeutschen Entwicklungslabors, wobei wir das frühere Westberlin zum Osten zählen. Das sind zwölf Prozent.“ Manfred Ehrhardt forderte deshalb, Forschung und Entwicklung in Ostdeutschland steuerlich zu begünstigen: „Nur so kann die Schieflage auf lange Sicht ausgeglichen werden.“

Deutsche Unternehmen investierten in ausländischen Forschungslabors rund zwölf Milliarden Euro. Ausländische Unternehmen ließen in Deutschland für rund elf Milliarden Euro forschen. „Die Deutsche Forschung ist in ihrer Breite sehr gut aufgestellt“, sagte Manfred Ehrhardt. „Aber wir könnten noch besser werden. Uns fehlen die Leuchttürme wie in den vereinigten Staaten.“ Er forderte die Bundesregierung auf, ihre Innovationsoffensive mit Taten zu untersetzen. „Wir brauchen Geld und Deregulierung. Dazu gehören Studiengebühren und die Auswahl von Studenten durch die Hochschulen.“

Heiko Schwarzburger


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