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[Ausgabe 5-2001]

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[Zu den Erwartungen der Berliner Universitäten an die neuen Hochschulverträge]

Seit Februar arbeitet die Planungskommission Kosten- und Leistungsrechnung an einer Empfehlung für ein Reformbudget der Freien Universität unter Leitung des Ersten Vizepräsidenten, Prof. Dr. Dieter Lenzen. Er schildert in seinem Beitrag die Dimensionen des weitreichenden Vorhabens.

Unsere Universität bezwingt in diesen Jahren einen Reform-Achttausender. Nach der abgeschlossenen Strukturplanung, die insbesondere den Sollstellenplan für das wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Personal fixiert hat und nach der Einführung der Teilgrundordnung, aufgrund derer Entscheidungsprozesse und Verantwortlichkeiten neu geregelt wurden, steht nun der Schlussstein an: die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung, zu der wir vertraglich verpflichtet sind. Für eine akademische Einrichtung ist dieses zunächst einmal eine Zumutung. Wir haben uns daran gewöhnt, dass uns seitens unseres Auftraggebers, des Staates, die Mittel zur Erfüllung unserer Dienstpflichten zur Verfügung gestellt werden. Dazu wurden in der Vergangenheit im Rahmen der sogenannten kameralen Haushaltswirtschaft Haushaltspläne aufgestellt, in der Regel mit Modifikationen genehmigt und Haushaltsjahr für Haushaltsjahr exekutiert. Dieses Verfahren war so lange vorteilhaft, als sich die Hochschulen darauf verlassen konnten, dass die Finanzierung ihrer Aufgaben in der Regel gesichert war. Diese Sicherheit ist indessen in den 80er Jahren zunehmend geschwunden. Die daraus ständig erwachsende Notwirtschaft mit Stellensperren, Investitionsverschiebungen und Dezember-Fieber machte die Universitäten am Ende der 80er Jahre handlungsunfähig. Hinzu kam die Umverteilung durch die Reanimation der Humboldt-Universität. Kurz: Das Instrument der Hochschulverträge brachte erst wieder Planungssicherheit, allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau der finanziellen Ausstattung.

Diese Rahmenbedingungen, zu denen auch noch die Verpflichtung gehört, für die Universität eine einheitliche Verwaltungssoftware einzuführen, haben es erforderlich gemacht, zur sachgerechten Umsetzung des gesetzlichen Auftrages die Unternehmensberatung Kienbaum mit der Erstellung eines Fachkonzepts zu beauftragen. Nachdem dieses vorlag, hat das Präsidium eine Planungsgruppe Kosten- und Leistungsrechnung eingesetzt, die nunmehr für das Präsidium, den Akademischen Senat und das Kuratorium eine Empfehlung erarbeiten wird.

FU-Budget wird in fünf Teile geschnitten

Die Empfehlung muss letztendlich zu einer Neuschneidung der fünf großen Teile des künftigen FU-Budgets führen: Grundausstattung der FU – Innovationsbudget – Grundausstattung der Fachbereiche – Leistungsbudget I – Leistungsbudget II. Diese Schneidung wird die über Jahrzehnte mitgeschleppten historischen Zufälligkeiten der Ausstattung in den einzelnen Bereichen überprüfen müssen, weil durch eine mehrfache Änderung der Fachbereichszahlen und -grenzen eine sachgerechte Alimentierung kaum noch irgendwo gegeben ist. Aus diesem Grunde hat die Planungsgruppe alle Fachbereiche angehört, um zu erfahren, welche Tatbestände künftig aus der Sicht der Fachbereiche zu deren Grundausstattung gehören sollen, wie sie die Leistungskriterien beurteilen, nach denen Ex-post-outputs mit Leistungsmitteln „belohnt“ werden und welche besonderen Sachverhalte in mittlerer Zukunft Anlass sein könnten, im Rahmen von Zielvereinbarungen berücksichtigt zu werden. Die Zielvereinbarungen sind das Instrument, welches Ausgabenentscheidungen im Leistungsbudget II steuert. Während die Verteilung des Leistungsbudgets I einer ex-post-Honorierung entspricht, erfolgt die Ausschüttung des Leistungsbudgets II an die Fachbereiche und Zentralinstitute anhand zukünftig zu erbringender Leistungen.

Bei der Anhörung wurde sichtbar, dass in einer Reihe von Sachverhalten große Einigkeit zwischen den Fachbereichen besteht, z. B. hinsichtlich der Anerkennung der Bibliotheken als Grundausstattungsbedarf. Ebenso besteht Einigkeit darüber, dass im Gegensatz zur Auffassung der Senatsverwaltung Publikationen ein sehr wesentlicher Leistungsindikator sind.

Bei den jüngsten Verhandlungen über die neuen Hochschulverträge konnten diese als Parameter für die künftig stattfindende leistungsbezogene Mittelverteilung auf die Hochschulen des Landes Berlin nicht durchgesetzt werden. Stattdessen greifen künftig die drei Leistungsblöcke Forschung, Lehre und Gleichstellungskriterien.

Leistungsparameter in der Forschung sind:

  • Anteil der Drittmittelausgaben
  • Anteil der Promotionen
  • Anteil der Alexander-von-Humboldt-Stipendiaten und -Preisträger

Leistungsparameter in der Lehre sind:

  • Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit bezogen auf die Zahl der Studienplätze
  • Zahl der Absolventen bezogen auf die Zahl der Studierenden in der Jahrgangsstärke
  • Anzahl der Absolventen in der Regelstudienzeit plus zwei Semester bezogen auf die Zahl der Absolventen insgesamt
  • Anzahl ausländischer Absolventen bezogen auf die Gesamtzahl der Absolventen

Leistungsparameter für die Gleichstellung sind:

  • Anzahl der Professorinnen, der Promotionen und der Absolventinnen jeweils bezogen auf die Gesamtzahl der Fälle

Die Planungsgruppe wird den Gremien insgesamt Empfehlungen zu folgenden Fragen geben:

  1. In welchem prozentualen Verhältnis sollen die fünf Budgetteile der Freien Universität zueinander stehen?
  2. Welche Aufgaben der Fachbereiche müssen leistungsunabhängig finanziert werden und gehören deshalb zur Grundausstattung?
  3. Wie werden die Leistungsparameter der Wissenschaftsverwaltung auf die internen Leistungsparameter so heruntergebrochen, dass sie leistungswirksam sind und damit zur Einwerbung möglichst hoher Finanzmittel für die FU führen?
  4. Welche zusätzlichen Leistungsparameter sollen für die interne Mittelvergabe im Leistungsbudget I gelten?
  5. In welchem Verhältnis sollen die Leistungsparameter zueinander stehen, und wie werden sie rechnerisch wirksam (z. B. Punktesystem, Output-Anteile o. ä.)?
  6. Welche universitären, nicht beeinflussbaren künftigen Ereignisse werden zu berücksichtigen sein, z.B. kostenträchtige Gesetzesänderungen bei der Betriebssicherheit, investitionsintensive Berufungen usw., die im Rahmen von Zielvereinbarungen im Leistungsbudget II zu berücksichtigen sind?

Die Planungsgruppe beabsichtigt, den ersten Teil ihrer Empfehlung noch vor der Sommerpause vorzulegen. Sie umfasst die wissenschaftlichen Einrichtungen. Am Beginn des Wintersemesters sollen den Gremien die Empfehlungen zu den nichtwissenschaftlichen Einrichtungen, insbesondere zu den Verwaltungsabteilungen, vorgelegt werden, die z. Z. angehört werden. Denn auch hier, wie überall im Öffentlichen Dienst, werden Zuwendungen auch dahingehend überprüft werden müssen, ob sie künftig leistungsgebunden sein können.

Die große Budgetreform kann allenthalben beides wecken: Hoffnungen auf Besserstellung und Befürchtungen vor Ausstattungseinschnitten. Eine solche Reform kann deshalb nur erfolgreich sein, wenn sie nicht zu Verwerfungen führt, die die Mitglieder der Universität nicht tragen können. Eine parallel zur Planungsgruppe wirkende Arbeitsgruppe Kosten- und Leistungsrechnung der Verwaltung führt deshalb ständig Modellrechnungen durch, die die Folgen der Veränderung einzelner Parameter abschätzbar machen. Die Gremien unserer Universität stehen deshalb vor der schwierigen Aufgabe, eine Reform zu beschließen, die einerseits zukunftsweisend ist, ohne gleichzeitig alles in Frage zu stellen, die aber auch Leistungsverbesserungen möglich macht, ohne gleichzeitig alles beim Alten zu lassen. Denn durch die neuen Hochschulverträge können bis zu 170 Mio. DM unter den Hochschulen des Landes Berlin neu umverteilt werden. Dabei wird eine Hochschule keine Zukunft haben, die sich den externen Leistungserwartungen nicht stellt. Dabei trotzdem den inneren Frieden zu bewahren und das Gefühl dafür, dass die Tätigkeit aller FU-Angehörigen wertgeschätzt wird, verlangt weise Entscheidungen unserer Gremien.

Prof. Dr. Dieter Lenzen
Erster Vizepräsident der Freien Universität Berlin

 

[Information]

Mitglieder der Planungsgruppe Kosten- und Leistungsrechnung

  • Prof. Dr. Dieter Lenzen, Erster Vizepräsident
  • Prof. Dr. Gerhard Braun, Vizepräsident
  • Peter Lange, Kanzler m. d. W. b.
  • Prof. Dr. Mechthild Leutner, Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Ostasien und Vorderer Orient
  • Prof. Dr. Georg Schreyögg, Prodekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft
  • Prof. Dr. Konrad Seppelt, Dekan des Fachbereichs Biologie, Chemie, Pharmazie
  • Dr. Matthias Dannenberg, Verwaltungsleiter des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften
  • Karin Schulmeister, Mitglied des Kuratoriums der FU, Sachbearbeiterin im Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie

Die Planungsgruppe wird in der Verwaltung von Wolfgang Krieger und Michael Wilmers betreut

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