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FU-N 5/2000
Studierende
   

Planspiel UNO in New York –
FU macht zum zweiten Mal den dritten Platz
Der Politik hinter die Kulissen geschaut

von Anke Ziemer

"Wir haben es geschafft!" -
Die Sieger präsentieren stolz ihre Uhrkunde

20 Studierende der Freien Universität holten bei der weltweit größten Simulation der Vereinten Nationen, der National Model United Nations Conference, den dritten Platz. An fünf Tagen in April konferierten, diskutierten und debattierten die Nachwuchstalente in New York über Themen wie Finanzierung von Friedenserhaltenden Maßnahmen, Drogenproblematik, Kinderarbeit, Schuldenpolitik und Bioterrorismus. Die FU-Delegierten vertraten die Türkei in 15 Gremien, darunter die NATO, UNHCR, Generalversammlung und die UN-Abrüstungskonferenz. Für ihr außerordentliches Engagement bekamen sie die Auszeichnung "Honorable Mention" – bei 2500 Teilnehmern der insgesamt 190 internationalen Universitäten ist es eine Spitzenleistung.

"Wie bei der echten UNO wurde auch während der Simulation die eigentliche Politik nicht im Konferenzraum, sondern an der Bar gemacht", erzählt Politologiestudent Ekrem Eddy Güzeldere, diesjähriger Türkei-Vertreter im Komitee des UNHCR. "Hier fand man Kontakt zu Freunden und Widersachern. Bei einem Glas Bier versuchten wir Textpassagen für die nächste Resolution schon vorab auszuhandeln. Auch in der Quasi-Politik entschied vor allem die Atmosphäre auf den Gängen über Erfolg oder Misserfolg von Kooperationen. Pakistan und Thailand etwa gehören nicht unbedingt zu den wichtigen strategischen Partnern der Türkei, doch wir Repräsentanten waren uns sympathisch und kamen daher bei einigen Resolutionen inhaltlich rasch überein."

Zwei Studis, eine Krawatte – der Knoten für den internationalen Auftritt will gelernt sein

Dass die FU in diesem Jahr die Türkei vertrat, sieht der Münchener Ekrem Eddy Güzeldere mit gemischten Gefühlen: "Die Vorbereitung brachte mir kaum Neues, denn ich kannte sowohl die Positionen des Staates als auch der oppositionellen Gruppen. In der politischen Analyse ist die Türkei ein autoritärer Staat. Doch während der Konferenz war ich nicht mit Positionen konfrontiert, die ich persönlich nicht teilte, da für die Türkei heikle Themen nicht behandelt wurden. Allgemein gesprochen fällt aber die Vertretung umso schwerer, je undemokratischer das Land ist."

Peggy Wittke, Koordinatorin des Projektes, ist mit der Teamarbeit zwischen Studierenden und Behörden sehr zufrieden: "Die türkische Botschaft unterstützte unsere Vorbereitungen tatkräftig. Die Ständige Vertretung der Türkei bei der UNO war von unseren ausgearbeiteten Positionspapieren sogar derart beeindruckt, dass sie sie für ihre künftigen politischen Aktivitäten verwerten möchte." Nicht zuletzt haben sich alle Beteiligten durch das intensive Studium der türkischen Kultur, Geschichte und Politik für ihren Alltag in Berlin einen echten Mehrwert erarbeitet.

Im Dreiteiler mit Namensschild
auf das internationale Parkett

"Es erfordert viel Mut, vor einem Komitee zu sprechen", weiß Peggy Wittke aus Erfahrung. Konferenz und Vorbereitung gleichen einem Intensivkurs für Führungskräfte. Sie haben absolut nichts mit theorielastigem Studium gemein. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am FB Rechtswissenschaft koordiniert unter Leitung von Prof. Dr. Philip Kunig die jährliche Teilnahme der FU. "Auch diesmal sind über 100 Bewerbungen eingegangen. Neben sehr guten Englischkenntnissen und Auslandserfahrungen erwarten wir soziales Engagement und Kenntnisse über die Arbeitsweise der UNO. Nach mehreren Auswahlrunden haben wir uns für Studierende der Fächer Soziologie, Medizin, Politikwissenschaft, Mathematik, Physik, Rechtswissenschaft, Biologie und Wirtschaftswissenschaft entschieden."
Ekrem Eddy Güzeldere spricht für die meisten Bewerber: "Das Berufsfeld für Politikwissenschaftler ist unklar: Bisher habe ich durch Praktika vor allem im Journalismus Erfahrungen gesammelt, aber ich wollte die Arbeit einer Internationalen Organisation vor Ort kennen lernen."
Als Hürde bei der Bewerbung war ein Aufsatz zum Thema The UN after the War in Kosovo – On the Road to Anarchy? gefordert. "Nachdem ich im Internet wenig Genaues über das Thema gefunden hatte, rief ich schließlich bei der Süddeutschen Zeitung an und fragte einen Balkanexperten um Rat."
Einige Delegierte nutzen ihr "Abenteuer UNO" als Karrierestart. Peggy Wittke berichtet erfreut von Studierenden, die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der EU bei der UNO oder den NGOs kontaktiert und sich schon vor Ort um ein Praktikum beworben haben.
Auch Ekrem Eddy Güzeldere wird im Juli und August ein Praktikum absolvieren: im UN-Hauptquartier in Genf.

Kontakt

Die nächste Bewerbungsrunde für die National Model United Nations Conference 2001 startet am 15. Juni.

Auskunft:
Peggy Wittke, FB Rechtswissenschaft,

Telefon: 838 547 05,
E-Mail: peg@zedat.fu-berlin.de

Fotos: Wittke