Saisonbeginn im Mittelmeerhaus des Botanischen Gartens

Ölzweig und Meertau - die Geschenke der Göttinnen


Athene und Poseidon hatten mal wieder Streit. Sie wetteiferten um Gunst und Besitz von Attika.

Nach dem Ratschluß der Götterversammlung sollte es derjenigen Gottheit gehören, die ihm das wertvollere Geschenk machte. Poseidon ließ einen Salzquell entspringen. Athene, die Göttin der Weisheit, der Künste und der Wissenschaften, aber brachte den ersten Ölbaum hervor - und gewann.

Seitdem ist neben der Eule ein Ölzweig das Wahrzeichen der klugen Tochter des Zeus. Ihr Geschenk machte das ihrem Schutz befohlene Athen reich. Wertvolle Importgüter wie Getreide wurden mit Olivenöl bezahlt, der Staat hatte sich das Ausfuhrmonopol gesichert.

Grafik2Die landschaftstypische Gestaltung des modellierten Geländes in der filigranen Konstruktion des Mittelmeerhauses ist eine gärtnerische und gartenbautechnische Meisterleistung (Foto: David Ausserhofer)
Der immergrüne Ölbaum erträgt magere Böden, große Hitze, lange Trockenheit und kann dennoch 1000 Jahre alt werden und über 700 Jahre lang Früchte tragen. Wenn im Innern seines alten Stammes schon alles Holz abgestorben ist, treibt er trotzdem noch neue Äst e.

Seine Früchte, die Oliven, werden grün (unreif) oder schwarz (reif) geerntet. Die erste - kalte - Pressung bringt das begehrte Jungfernöl hervor, die zweite warme Pressung ergibt auch noch ein passables Speiseöl, aus der dritten heißen Pressung gewinnt man Schmier,- Lampen- und Seifenöl.

Der Ölbaum im Mittelmeerhaus des Botanischen Gartens ist erst etwa 45 Jahre alt. Zu seinen Füßen gedeihen wohlriechende Kräuter vom Mittelmeer. Der Rosmarin, zu deutsch Meertau - ein Geschenk der Göttin Aphrodite - trägt seinen poetischen Namen wegen seiner himmelblauen Blüten, die die bald zwei Meter hohen Büsche im Frühling überziehen. Er wurde zusammen mit anderen wohlriechenden Kräutern auf den Altären verbrannt, als Dankopfer oder um zürnende Götter milde zu stimmen Der griechische Arzt und Pharmakologe Dioskorides (1.Jh.n.Chr.) empfahl ihn als Mittel gegen Gelbsucht. Bedeutender war der Rosmarin jedoch als Kranzblume. Blumenkränze, eine Erfindung des Weingottes Dionysos, waren wichtige Bestandteile kultischer Handlungen und verbreiteten Schönheit und Duft. Zunächst den Göttern vorbehalten, erlaubte man später auch einfachen Andächtigen diese Zierde. Sogar das arme Vieh auf den Opfertischen ging blumenbekränzt ins Jenseits.

Langblühende oder aromatisch duftende Kräuter wurden in Gärten gezogen, um sie als Kranzblumen und zu Brandopfern zu verwenden. Dazu gehörte auch der Quendel, heute bekannter unter seinem ursprünglich griechischen Namen Thymian. Da der Thymian aber auch de sinfizierende Wirkung hat, wurde er vielfach zum Konservieren von Wein verwendet. Als Bienenweide war er begehrt, als Gewürzkraut schon im Altertum unentbehrlich. Noch einmal Dioskorides: „Mit Essig gekocht lindert er unter Zusatz von Rosensalbe als Kompre sse Kopfschmerzen. Besonders ist er ein gutes Mittel gegen Lethargie und Hirnwut.“

Eine nicht ganz so ausgefallene Wirkung wurde dem Salbei nachgesagt. Er war vielmehr der Heiltee der alten Griechen. Auch die Römer waren von seiner universellen Heilkraft so überzeugt, daß sie ihn einfach nach ihrem Wort für gesund = salvus Salvia nannte n, dem unser Wort deutlich hörbar entlehnt ist. Noch im heutigen Griechenland wird Salbei bei Erkältungen, Fieber, Halsentzündungen, bei Magenschwäche, sogar bei Rheuma verabreicht. Der bezauberndste Duft des Mittelmeeres wurde mit Vorliebe als Badezusatz und zum Waschen verwendet. Aus dem lateinischen lavare = waschen leitet sich sein Name ab: Lavendel.

Im Mittelmeerhaus beginnt jetzt die Saison der mediterranen Winterblüher. Die besondere Leichtigkeit der filigranen Eisen-Stahl-Konstruktion von 1903 bietet ihnen ein wunderschönes Ambiente und läßt eine ihrer edelsten Eigenschaften besonders intensiv zur Geltung kommen: ihren unbeschreiblichen Duft.

Susanne Weiss


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