Zum Tod von Prof. Irene Guggenmoos-Holzmann

Eine Frau, die wußte, was sie will


Die Freie Universität hat eine ihrer bedeutendsten Wissenschaftlerinnen und hochschulpolitischen Persönlichkeiten verloren. Prof. Dr. Dr. Irene Guggenmoos-Holzmann, deren Geburtsjahr mit dem Gründungjahr der Freien Universität 1948 zusammenfällt, verstarb am 11. September nach plötzlicher, schwerer Krankheit.

Irene Guggenmoos-Holzmann war eine anerkannte Fachwissenschaftlerin, die auf seltene und angenehme Weise Wissenschaft, hochschulpolitisches Engagement und kulturelles Interesse zu vereinen wußte. Ihr Weg zur C4-Professur für Medizinische Statistik und Epid emiologie begann mit dem Studium der Mathematik und nachfolgend der Medizin in Erlangen, Straßburg und Hamburg. Sie promovierte in beiden Fächern und habilitierte sich 1984 für Medizinische Statistik in Erlangen. 1987 wurde sie an die Vorklinik der FU beru fen. Da sie ihr Fach als eng verbunden mit den klinischen Bereichen begriff, wirkte sie auf die Angliederung ihres Instituts an das Universitätsklinikum Steglitz hin, das so zu seiner ersten Professorin kam. Guggenmoos-Holzmanns besonderes fachliches Inte resse war die Stärkung der epidemiologischen Forschung, insbesondere die Weiterentwicklung quantitativer Methoden in den Gesundheitswissenschaften. In besonderem Maße pflegte sie die Etablierung von "public health" in Lehre und Forschung und war entscheide nd beteiligt an der Gründung des Berliner Zentrums "public health", das von den drei Berliner Universitäten getragen wird. Sie war Mitbegründerin des Potsdam Institute of Pharmacoepidemiology and Technology Assessment in Kooperation mit der McGill Universi ty in Montreal und wirkte am Verbund Klinische Pharmakologie Berlin-Brandenburg mit. Dabei überwand sie die Grenzen von Institutionen und Bundesländern ebenso meisterhaft wie die der engen medizinischen Fachdisziplin.

Guggenmoos-Holzmann engagierte sich in außergewöhnlichem Maß in der Hochschulpolitik. Von 1990 bis 1992 war sie medizinische Vizepräsidentin - als dritte Frau in der Hochschulleitung in der Geschichte der FU. Sie gehörte dem Akademischen Senat, dem Konzil und dessen Vorstand an und war Mitglied des zentralen Frauenrates sowie verschiedener Kommissionen. "Frauen, die wissen, was sie wollen, können auch in entsprechende Positionen kommen", so ihr Kommentar zum eigenen Erfolg.

Irene Guggenmoos-Holzmann war eine intellektuell inspirierende Persönlichkeit, sehr belesen und informiert. Sie holte sich die nötigen Atempausen beim Golf und - selbst eine gute Cellistin - bei klassischer Musik. Gut und kultiviert zu leben war ihr neben Arbeit und Politik ein wichtiges Anliegen, die Verbundenheit mit ihrem in Erlangen lebenden Mann und ihrer Ulmer Familie war ihr immer Heimat und gerade zuletzt große Stütze. Geschichten erzählen und schmunzeln, die informelle Seite von Wissenschaftspoliti k auskosten, mit einem scharfen, aber liebevollen Sinn für Komik und der Fähigkeit zur Selbstironie, das machte Abende mit ihr zu Kostbarkeiten, die wir uns noch vor wenigen Monaten als beliebig wiederholbar vorstellten.

Viele, die sie an der Universität erlebt haben, kennen sie als geradlinig und direkt. Ihre Klarheit verblüffte zuweilen und einige nicht nur angenehm.

Irene Guggenmoos-Holzmann hinterläßt eine schmerzliche Lücke. Sie wird vielen von uns, auch ganz persönlich, sehr fehlen.

Christine Färber
(Frauenbeauftragte) und
Thomas Tolxdorff
(Prof. am FB Humanmedizin)


Ihre Meinung: Grafik2

[vorherige [Inhalt] [nächste