Verbesserung der fremdsprachlichen Qualifikation an der Freien Universität

Sprachregelung mit Pfiff


Europäisierung und Globalisierung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben dazu geführt, daß die Forderung nach einem Ausbau der Fremdsprachen in keinem Katalog von Reformmaßnahmen im Bildungswesen fehlen darf. Im Schulbereich hat dies unter anderem zur Einrichtung von Europa-Schulen und bilingualen Zügen geführt. Doch der Bedarf an mehrsprachigen Akademikern ist so groß, daß trotz aller Maßnahmen im Schulbereich die Hochschulen weitere Anstrengungen zur Verbesserung der fremdsprachlichen Qualifikation ihrer Studierenden unternehmen müssen.
Aber nur wenn die Fremdsprachenkenntnisse frühzeitig ein im akademischen Kontext verwendbares Niveau erreichen, können sie im Studium voll wirksam werden. Besonders an der Schule kaum oder nicht gelehrte Sprachen müssen daher mit besonderer Intensität und steiler Progression angeboten werden.
Die Freie Universität hat auf diese Herausforderung insbesondere mit zwei Maßnahmen reagiert, die sie aus dem Kreis der anderen Hochschulen herausheben: Dabei handelt es sich um die "Satzung über Erfordernisse und Nachweis zusätzlicher fremdsprachlicher Qualifikationsvoraussetzungen" für verschiedene, insbesondere philologische Studiengänge und um die "Studieneingangsphase mit Fremdsprachenausbildung".

Wenn man Europäisierung und Globalisierung wirklich ernst nimmt, gibt es hier noch einiges zu tun.


Noch vor kurzem mokierte sich "Die Zeit" in einem Leitartikel darüber, daß es undenkbar sei, daß eine deutsche Universität die Aufnahme eines philologischen Studiums von einer Überprüfung der sprachlichen Vorkenntnisse abhängig mache. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Freie Universität den Sprachtest bereits für die Romanischen Philologien, die Englische Philologie und die Nordamerikastudien eingeführt. Die Osteuropastudien und die Lateinamerikanistik werden voraussichtlich bald folgen.
Der besondere Pfiff an der getroffenen Regelung liegt in der Verknüpfung des Sprachtests mit einem System von Vorstudienkursen und obligatorischen studienbegleitenden Sprachkursen. Entsprechend der Forderung nach optimaler Abstimmung mit der Schule werden zum Beispiel für Englisch und Französisch fortgeschrittene Kenntnisse vorausgesetzt, während die anderen Sprachen auf jedem Niveau begonnen werden können. Neu daran ist, daß - außer bei Englisch - die fehlenden Kenntnisse in besonders intensiven Vorstudienkursen von 16 Semesterwochenstunden in einer Frist von maximal zwei Semestern erworben werden können. Diese Zeit wird nicht auf die Fachstudiendauer angerechnet.
Die neuen Kurse finden in diesem Semester zum ersten Mal statt. Bei Englisch und Französisch mußten auch einige Studienbewerber mit mangelnden Vorkenntnissen abgewiesen werden. Schon jetzt berichten Lehrkräfte von eindeutig positiven Auswirkungen auf die typischen Lehrveranstaltungen für Erstsemester.

Wenn man Europäisierung und Globalisierung wirklich ernst nimmt, gibt es hier noch einiges zu tun.

Für die Erstsemester unter den Nichtphilologen gibt es neben den üblichen Kursen für Hörer aller Fachbereiche mit der "Studieneingangsphase mit Fremdsprachenausbildung" ein besonders attraktives Studienangebot, das Sprachintensivkurse mit einer Orientierung an der Universität verbindet. Durch die von studentischen Tutoren durchgeführten Orientierungsveranstaltungen werden die üblichen Zeitverluste zu Studienbeginn reduziert, so daß ein Teil der für das Sprachenlernen aufgewendeten Zeit schon dadurch wieder ausgeglichen wird. Auch bietet die überschaubare Gruppe des Sprachkurses ein gutes Gegengewicht zur Anonymität vieler anderer Veranstaltungen. Besonders eignet sich diese Studieneingangsphase auch für Studienanfänger/innen, die in ihrer Fächerwahl noch nicht sicher sind, da die vermittelten Sprachkenntnisse unabhängig von der endgültigen Studienentscheidung für die weitere Ausbildung und den späteren Beruf nützlich sind. Angeboten werden zur Zeit Englisch (Vorkenntnisse 6 Jahre Schulenglisch), Französisch, Italienisch und Spanisch (ohne Vorkenntnisse). In allen Sprachen - bei den Kursen ohne Vorkenntnisse nach zwei Semestern - wird ein Niveau erreicht, das zu einem Studium im Ausland befähigt, und aus der Studieneingangsphase rekrutieren sich zahlreiche Bewerber, zum Beispiel für die Mobilitätsprogramme der Europäischen Union.
In der Praxis sind die genannten Studienangebote untereinander und mit anderen Ausbildungssträngen vernetzt. Dadurch wird eine optimale Auslastung der Lehrveranstaltungen gesichert und eine Finanzierung auch zu Zeiten knapper Haushaltsmittel erleichtert. Unbefriedigend sind dagegen die derzeitigen Anrechnungsmöglichkeiten in den nichtphilologischen Fächern: Oftmals wird der Spracherwerb zwar in den Studienordnungen gefordert, doch nur selten ist er durch Wahlpflichtregelungen oder auch nur durch Dispositionsstunden abgesichert. Wenn man Europäisierung und Globalisierung wirklich ernst nimmt, gäbe es hier noch einiges zu tun.
Harald Preuss


Der Autor ist Geschäftsführender Leiter der Zentraleinrichtung Sprachlabor


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