FU-Student Cristian Lang schreibt, dreht und produziert seine eigenen Filme

Auf dem Weg nach Hollywood


Die gute Nachricht kam für Christian Lang im vergangenen Jahr aus Chicago: Sein zuletzt produzierter Kurzfilm The Well-Tempered Piano war auf dem dortigen Internationalen Filmfestival mit einem "Certificate of Merit" ausgezeichnet worden. Der Film handelt von einem Klavierstimmer, der ganz unbeabsichtigt den Platz des weltbekannten Pianisten Vladimir Epstein in dessen Moonlight-Konzert einnimmt und so seine große Chance bekommt. Die schlechte Nachricht kam vor ein paar Tagen aus Berlin: Nachdem Langs Kurzfilm zunächst gute Chancen zu haben schien, im Panorama der Berlinale zu laufen, kam nun doch die Absage. Der 24jährige Filmemacher läßt sich davon aber nicht entmutigen. Mit einem frischgeschriebenen Drehbuch in der Tasche wird er sich unter die Stars und Sternchen auf der Berlinale mischen und die Filmfestspiele vor allem als Kontaktbörse nutzen, um andere Filmschaffende und Sponsoren kennenzulernen.

Der Traum, ein anderer Kurzfilm von Lang, dreht sich ebenso wie The Well-Tempered Piano rund um das Klavier. "Mit diesen Filmen wollte ich ein bißchen meine eigene Vergangenheit aufarbeiten", bekennt Christian Lang, "denn mein großer Traum war es eigentlich, Pianist zu werden." Ein leidenschaftlicher Klavierspieler ist er zwar nach wie vor, beruflich hat er sich aber dem Film verschrieben. An der privaten Berliner Filmakademie Kaskeline in Prenzlauer Berg absolvierte Lang eine einjährige Ausbildung und bekam "eine Idee davon, wie man seine Visionen gestalterisch umsetzen kann." Etwa zur gleichen Zeit immatrikulierte er sich an der Freien Universität für Musik- und Theaterwissenschaften. Inzwischen ist er im Hauptstudium und sehr froh, über die Theaterwissenschaft auch eine filmtheoretische Ausbildung zu bekommen. "Die Filmschulen, die es sonst gibt, drücken dir eine Kamera in die Hand und sagen: 'Jetzt dreh' mal!' Man bekommt zwar auch einen theoretischen Hintergrund, aber so wie hier an der FU filmanalytisch vorgegangen wird, lernt man eine ganze Menge, wie Film eigentlich funktioniert."

Im Oktober '94 ging der Berliner nach New York. Ein zehnwöchiger Workshop an der New York Film Academy brachte ihm weitere praktische Erfahrungen, aber auch wertvolle Kontakte zu amerikanischen Filmemachern. Im Anschluß entstanden The Well-Tempered Piano sowie ein Dokumentarfilm über behinderte Kinder in amerikanischen Summercamps. Außerdem ergab sich für ihn die Möglichkeit, ein halbes Jahr bei NBC, einer großen amerikanischen Fernsehgesellschaft, als Produktions- und Regieassistent zu arbeiten.


Christian Lang beim Dreh mit Schauspielern und Kameramann

Arbeitswut, Begeisterungsfähigkeit und Organisationstalent muß man wohl mitbringen, um in diesem Business voranzukommen. Für Christian Lang kein Problem: Gerade für das Organisieren hat er ein Faible, und so macht er von der Sponsorensuche bis hin zur Auswahl von Stab und Schauspielern alles im Alleingang. Und schließlich wird die Mühe ja auch belohnt, nämlich dann, wenn der Film endlich vor Publikum läuft. "Es ist immer das Schönste, die Reaktionen der Zuschauer auf den Film zu sehen, zu verfolgen, was ihnen gefällt und wo sie schmunzeln."

Gerne würde Lang seinem großen Vorbild Jonathan Demme, Schöpfer von Filmen wie Das Schweigen der Lämmer oder Philadelphia, einmal über die Schulter schauen. Überhaupt hätte er große Lust, Hollywood kennenzulernen. Aber nicht alles, was er von Hollywood kennt, gefällt ihm. Oft vermißt er die "persönliche Note" des Regisseurs.

Eigene Ideen und Pläne für die kommende Zeit hat Lang genügend. Doch auch wenn er plant, irgendwann mal von der Filmerei zu leben, geht er es gelassen an: "Ich versuche mich langsam zu steigern, möchte erstmal Routine bekommen und die Möglichkeit nutzen, mit Kurzfilmen zu experimentieren." Darum stehen auch zunächst zwei weitere Kurzfilme auf seinem Drehplan.

Im Sommer macht Christian Lang sich dann wieder auf den Weg nach New York, um sich an seinen ersten Spielfilm zu wagen: Die Story dreht sich um einen entführten U-Bahn-Waggon.

Christina Engel


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