Gleichstellungspolitik: Erfolgsfaktor für Wirtschaft und Verwaltung

Entwicklungshilfe ? Nein danke!


In den USA wird seit einiger Zeit "Managing Diversity" propagiert und praktiziert. Frauen und andere, bisher den besonderen Gruppen bzw. Problemgruppen zugeordnete, Beschäftigte werden als Humanpotentiale erkannt ö und damit deren Wertschätzung und Gleichstellung als Erfolgsfaktor.

Hierzulande wird Frauenförderung oft als 'Entwicklungshilfe für Minderbemittelte' (miß-) verstanden. Eine solche 'Entwicklungshilfe' (z.B. Rhetorikkurse für Frauen) nützt jedoch relativ wenig, wenn die betrieblichen Kulturen, Strukturen und Prozesse unverändert bleiben. Ziel der betrieblichen Gleichstellungspolitik ist es deshalb, diese so zu verändern, daß allen Beschäftigten öunabhängig von Geschlecht, Familienstand und anderen Faktoren ö eine ihren Interessen und Fähigkeiten entsprechende berufliche Entfaltung und Entwicklung ermöglicht wird.

Des weiteren wird Frauenförderung oft gleichgesetzt mit der Förderung von Frauen in Tätigkeiten, die bisher ganz oder überwiegend Männern vorbehalten waren. Beispiele dafür sind die (Modell-) Versuche zur Erhöhung des Frauenanteils in gewerblich-technischen Berufen und die Förderung von Frauen in Führungspositionen. Hier geht es vor allem darum, die Auswahl-, Beurteilungs- und Beförderungspraxis auf diskriminierende Kriterien, Verfahren und Mechanismen zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern.

Die Erhöhung des Frauenanteils in Fach- und Führungspositionen ist allerdings nur ein Eckstein der betrieblichen Gleichstellungspolitik. Warum? Diesbezügliche Erfolge ändern an den Beschäftigungschancen und Arbeitsbedingungen der Mehrzahl der Frauen nichts. Ein zweiter Eckstein ist deshalb die Gestaltung und Bewertung herkömmlicher Frauenarbeit. Wenn neue Management- und Produktionskonzepte wie z.B. Total Quality Management oder Business Reengineering erfolgreich umgesetzt werden sollen, scheint es lohnenswert, die in Produktion und Verwaltung beschäftigten Frauen verstärkt zu beteiligen und deren Arbeitsbedingungen zu verbessern (Stichworte: Mischarbeit, Job Enrichment). Und: Daß herkömmliche Frauenarbeiten in der Regel niedriger bewertet und bezahlt werden als herkömmliche Männerarbeiten ist ein ebenso altes wie aktuelles Problem. Ausgehend von der international geführten Comparable Worth-Debatte und von der im europäischen und deutschen Recht festgeschriebenen Norm des "gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit" wird in nächster Zeit verstärkt geprüft werden, ob hier der Tatbestand der mittelbaren Diskriminierung erfüllt ist. Dies gilt übrigens auch für Tarifverträge.

Bedeutsam für die berufliche Gleichstellung ist auch das Vereinbarkeitsproblem. Durch sogenannte Mutter-Kind-Programme wird allerdings zur Zementierung der Zuständigkeit von Frauen für Hausarbeit und Kinder beigetragen. Und eben diese Zuständigkeit ist wiederum eine wesentliche Ursache für deren berufliche Benachteiligung. Deshalb sind Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf an Frauen und Männer der dritte Eckstein einer betrieblichen Gleichstellungspolitik.

Den vierten Eckstein stellen Maßnahmen dar, deren Adressaten die ö überwiegend männlichen ö Linienvorgesetzten sind. Ihnen kommt nämlich hinsichtlich der Umsetzung von beschlossenen Programmen eine Schlüsselrolle zu. Deshalb ist es erforderlich, Chancengleichheit zum Thema der Trainings und die (Nicht-) Gleichbehandlung von Mitarbeiterinnen zum Kriterium der Beurteilung von Führungskräften zu machen.

Das Setzen oder Vereinbaren von gleichstellungspolitischen Solls und die Soll-Ist-Vergleiche, die mittels der entsprechend veränderten Beurteilungssysteme ö und anderer Verfahren, wie z.B. Befragungen der MitarbeiterInnen ö vorgenommenen werden, sind schließlich Elemente eines Gleichstellungscontrollings.

Gertraude Krell


Gertraude Krell ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Personalpolitik am Institut für Management der FU.


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