Michael Weinrich ist neuer Professor für Evangelische Theologie

Theologie an sich gibt es nicht


In Windeseile war er Professor, einer der jüngsten in Nordrhein-Westfalen. Sein hohes Studiertempo führte damals zu einem Besuch beim Wissenschaftsminister und zum Abschied vom Berufswunsch Pfarrer.


Michael Weinrich studierte zu schnell

"Eigentlich bin ich nur in die wissenschaftliche Laufbahn gegangen, weil ich mich nach dem Studium geärgert habe, daß es schon zu Ende war", resümiert Michael Weinrich. Seinen Nachholbedarf an Semestern deckte er, indem er sich 1974 nach dem Examen als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem DFG-Projekt zur Wissenschaftstheorie der Theologie beteiligte. Parallel studierte er in Mainz Pädagogik und Philosophie. 1978 promovierte er in Göttingen, wurde 1979 Akademischer Rat an der Uni-Gesamthochschule Siegen und habilitierte sich dort drei Jahre später.

Den Pfarrberuf kann er sich wegen der großen Freiräume bis heute gut vorstellen. "Aber der Beruf des Hochschullehrers ist noch schöner", gesteht der Professor für Evangelische Theologie der seit einem Semester an der FU lehrt.

Eine große Herausforderung ö denn Theologie als Lehrfach sei heute längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Das Umfeld ö die Vielzahl der kleinen Fächer wie Islamistik, Turkologie und Religionswissenschaften, die unter den Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften II subsumiert sind ö sei eher theologiefremd. Gerade diese schwierige Kommunikationssituation interessiert ihn und daneben die durch Gollwitzer und Marquardt geprägte Tradition des Dahlemer-Instituts.

"Doch so wie die hochschulpolitische Landschaft aussieht, werde ich hier wohl auf absehbare Zeit alleine sitzen", sinniert Weinrich. Da er aber kein Einzelgänger ist, hat er zwecks Kooperation bereits Kontakt mit der Humboldt-Universität aufgenommen.

Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Ökumene. Aus diesem Bereich bringt er reichlich eigene Erfahrungen mit. Seit vier Jahren ist er beim Reformierten Weltbund Berater für die Neugestaltung der theologischen Ausbildung in Mittel- und Osteuropa. Seine Tätigkeit versteht er als "ein in Kooperation mit der Kirche zu vollziehendes Amt, denn Theologie an sich gibt es nicht." So hat er Bischof Huber schon während seiner Berufungsverhandlungen einen Besuch abgestattet. Die Kirche als "soziales Subjekt" ist für Weinrich ein wichtiger Bezugspunkt für die Theologie. Doch beobachtet er deren Entwicklung skeptisch: "Wenn die Kirche sich weiter als Gemischtwarenladen für alle möglichen Bedürfnisse darstellt, dann wird sie letztlich so diffus wie ein Verein, wo man eben mal ein- und austritt."

Anne Schneider


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