In der Zeit 2011-2014 promovierte ich an der Humboldt-Universität zu Berlin. Mein eigenes Forschungsvorhaben war Teil des Forschungsprojektes “Phantomgrenzen in Ostmitteleuropa“, das vom Bildungsministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. Die erste Phase des Projektes endete im Januar 2015. Eine zweite Phase wird bis Ende Januar 2016 gefördert.
Im November 2014 fand meine Disputation an der Humboldt-Universität zu Berlin statt. Meine Dissertation wurde im März 2015 veröffentlicht. Die gesamte Studie ist als Volltextdatei auf dem edoc-Server der Humboldt-Universität zu Berlin herunterzuladen.
Hier eine kurze Zusammenfassung in deutscher und englischer Sprache…
Abstract (ger):
Der Zerfall des sozialistischen Jugoslawien ließ aus seinen acht föderalen Einheiten sieben neue Staaten ent-stehen. Die einzige bislang unerforschte Ausnahme ist dabei die Autonome Provinz Vojvodina, die weiterhin ein Teil Serbiens bleibt, wenn auch mit einer erheblich eingeschränkten Autonomie. Insbesondere Fragen nach Qualität bzw. Quantität der Autonomie waren Gegenstand heftiger politischer Auseinandersetzungen in der Vojvodina seit Ende der 1980er Jahre. Die politischen Unterschiede zwischen den „Autonomisten“ in der Provinz, die sich auch in den 1990ern für eine breite Autonomie einsetzten, und der Belgrader Zentralregierung, deren Macht auf der Idee eines starken vereinten Serbiens beruhte, wurden von den ersteren zunehmend als historisch vorbestimmte kulturelle Differenzen ausgelegt, die hier als „Phantomgrenzen“ untersucht werden. In Form verschiedener symbolisch verknüpfter Aussagen über die historische Besonderheit der Bevölkerung, Wirtschaft und Kultur der Vojvodina wurden die politischen Forderungen nach mehr Autonomie wiederholt bekräftigt. Diese wiederum wurde auch als Schutz vor dem und Gegenmodell zum erstarkten serbischen Nationalismus der „Ära Milošević“ dargestellt. Im Laufe der inzwischen mehr als zwei Jahrzehnte fügten sich diese Deutungen zu einem neuen Autonomiediskurs zusammen. Wie dieser entstand, d.h. welche Akteure wie und zu welchen Zwecken die Phantomgrenzen der Vojvodina wieder auftauchen ließen, sowie welche Bedeutung die Autonomieidee in der Umbruchszeit der 1990er Jahre im Alltag der Menschen in der Vojvodina erlangte, sind zentrale Forschungsfragen der Fallstudie. Sie bietet damit nicht nur neue empirische Erkenntnisse zur Geschichte des jugoslawischen Staatszerfalls und der postsozialistischen Zeit in Südosteuropa, sondern ermöglicht mit dem verwendeten Modell der „Phantomgrenzen“ auch neue Einblicke in und allgemeine Aussagen über das Wiederauftauchen von Geschichte und historischen Grenzen in Osteuropa nach 1989.
Abstract (eng):
The breakup of socialist Yugoslavia led to the creation of seven new states out of its eight federal units. The only exception, until now unexplored, is the Autonomous Province of Vojvodina, which remains a part of Serbia, although with a substantially restricted autonomy. Notably questions about the quality and quantity of autonomy have been a subject of heavy political conflicts in Vojvodina since the end of the 1980s. Political differences between the „autonomists“ in the province, who also during the 1990s advocated a broad autonomy, and the central government in Belgrade, whose power was based on the idea of a strong unified Serbia, the former increasingly presented as historically predetermined cultural differences, which are explored here as “phantom borders”. The political claims for more autonomy were thus repeatedly reinforced in terms of various symbolically connected statements about the historical distinctiveness of the population, economy and culture of Vojvodina. The autonomy in turn was also represented as an instrument of protection against and alternative model to the growing Serbian nationalism during the “Milošević era”. In the course of meanwhile more than two decades these interpretations merged into a new autonomy discourse. How this emerged, i.e. which agents made how and for what purposes the phantom borders of Vojvodina reappear, as well as what relevance the idea of autonomy gained during the period of radical change in the 1990s in everyday life of the people in Vojvodina are the central research questions of the case study. It hereby offers not only new empirical findings about the history of the breakup of the Yugoslav state and the post-socialist period in Southeastern Europe, but due to the used model of “phantom borders” also permits new insights into and general conclusions about the reappearance of history and historical borders in Eastern Europe after 1989.