Medialist 24.97: Phoenix im Berliner Kabel Hgg. von Martin Recke Themen dieser Ausgabe: - MABB gibt Phoenix einen Kanal im Berliner Kabelnetz - SFB-Verwaltungsrat stimmt Radiokooperation mit ORB zu - Puls-TV vor dem Aus? MABB vergibt Kabelkanal an Phoenix -- Voice of America soll UKW-Frequenz erhalten -- SFB und ORB behalten acht Frequenzen in Berlin Nach dem Willen der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) soll Phoenix ins Berliner Kabelnetz eingespeist werden. Der MABB-Medienrat hat dem Anfang April gestarteten Dokumentations- und Ereigniskanal von ARD und ZDF den Sonderkanal 26 zugewiesen. Dies teilte die Medienanstalt am 27. Mai mit. Der SK 26 ist von der Telekom längerfristig für die digitale Übertragung vorgesehen, ebenso wie zwei weitere Hyperbandkanäle, die der Medienrat bereits im Februar an Super RTL und Nickelodeon/TM3 vergeben hatte. Zur Begründung verwies der Medienrat darauf, daß sich inzwischen abzeichne, daß die Deutsche Telekom bis zur Funkausstellung Ende August "nicht in nennenswertem Umfang Decoder für die digitale Kabelverbreitung" bereitstellen könne. Die Medienanstalt erwarte von der Telekom, so hieß es, daß sie die drei analogen Kanäle "unverzüglich zur Verfügung stellt, statt das ausgebaute Netz weiter zu blockieren". Die Telekom hatte bereits gegen die Entscheidung der MABB vom Februar geklagt und die Umsetzung verweigert. Der Beitrag von Phoenix zur Vielfalt sei vom Medienrat als "besonders hoch" bewertet worden, so die MABB-Erklärung. Deswegen solle der Ereigniskanal einen bis zum 31. Dezember dieses Jahres befristeten Platz im Kabelnetz bekommen. Andernfalls hätte Phönix erst nach Ablauf der geltenden Kanalbelegung im nächsten Jahr berücksichtigt werden können. Der Medienrat beschloß außerdem, für die Berliner UKW-Frequenz 87,9 MHz ein Programm in Aussicht zu nehmen, das lokale Zulieferungen unter rundfunkrechtlicher Verantwortung der Voice of America (VoA) vorsieht. Die VoA sendet derzeit bereits auf dieser Welle. Anders als beim gescheiterten Vorgänger Radio Charlie solle der neue VoA-Partner Dornier Medien nicht Inhaber einer Teil-Sendeerlaubnis werden. Dornier Medien solle lokale Programmteile und das Musikprogramm im Country-Music-Format zuliefern. Dazu kämen Programmteile der VoA. SFB und ORB können nach dem jüngsten MABB-Beschluß damit rechnen, am Standort Berlin weiterhin über insgesamt acht UKW-Frequenzen zu verfügen. Dies sind zwei Frequenzen mehr als im Medienstaatsvertrag Berlin-Brandenburg als Mindestausstattung festgeschrieben. Der Medienrat setze voraus, daß das neue, in Zusammenarbeit mit dem NDR geplante unter dem Arbeitstitel "Klassik Plus" geplante Klassikprogramm "wesentliche regionale Bestandteile" enthalten werde, so die MABB-Mitteilung. Über die Zuordnung der Programme zu den Frequenzen können die beiden Rundfunkanstalten selbständig entscheiden. "Sie haben darüber zu entscheiden, welche Priorität zum Beispiel Multikulti bei der Frequenzausstattung zukommt." Das ambitionierte Ausländerprogramm SFB 4 Multikulti wird derzeit auf einer in Teilen Berlins schwer zum empfangenden Frequenz ausgestrahlt. In Frankfurt/Oder und Cottbus sollen neue Frequenzen für die neuen Gemeinschaftsprogramme von SFB und ORB geplant werden, beschloß der Medienrat. SFB und ORB hatten Ende Februar beschlossen, künftig ein "High-Quality"-Programm namens "Radio Eins" (Arbeitstitel) und ein Kulturradio "Radio Drei" gemeinsam zu veranstalten. Außerdem soll die Klassikwelle NDR 3 aus Hamburg übernommen und mit lokalen Fenstern ergänzt werden (Medialist 12.97 und weitere Meldung in dieser Ausgabe). (mr) --------------------- SFB-Verwaltungsrat stimmt nun doch zu -- Kooperation mit dem ORB wird ausgeweitet -- Frequenztausch in Berlin vereinbart Die weitreichende Zusammenarbeit von SFB und ORB im Hörfunkbereich kann nun doch wie geplant stattfinden. Der SFB-Verwaltungsrat stimmte am 14. Mai dem Vertrag mit dem ORB zu. Dies gab der SFB am gleichen Tag bekannt. Das Gremium nahm das Anfang März von den beiden Intendanten paraphierte Vertragswerk (Medialist 12.97) mit sieben Ja-Stimmen bei drei Enthaltungen an. Ein Mitglied des insgesamt elfköpfigen Gremiums war nicht anwesend. Mit Beginn der Internationalen Funkausstellung im August sollen demnach drei neue gemeinsame Hörfunkprogramme auf Sendung gehen: In Potsdam beim ORB wird das "High-Quality"-Programm "Radio Eins" (Arbeitstitel) produziert, in Berlin beim SFB das Kulturradio "Radio Drei". Außerdem soll die Klassikwelle NDR 3 aus Hamburg übernommen und mit lokalen Fenstern ergänzt werden (Arbeitstitel "Klassik Plus"). Dazu wird es nun weitere Gespräche mit dem NDR geben, wie SFB-Sprecher Thomas Strätling auf Anfrage mitteilte. Zugunsten der neuen Programme werden die Kulturprogramme SFB 3 und Radio Brandenburg sowie das vom SFB produzierte B Zwei eingestellt. Der Entscheidung des SFB-Verwaltungsrats waren monatelange Auseinandersetzungen in Berlin vorangegangen. SFB-Chef Günther von Lojewski und seinem ORB-Kollegen Hansjürgen Rosenbauer war vorgeworfen worden, weder die Gremien noch den Personalrat vor der Paraphierung des Vertrags informiert zu haben (Medialist 13.97). Ein Papier der Berliner Senatskanzlei hatte das Vertragswerk als "unvorteilhaft" für den SFB bezeichnet (Medialist 15.97). Die notwendige Zustimmung des Verwaltungsrats galt seit März als unsicher und war zuletzt am 28. April verweigert worden (Medialist 22.97). Damals hatte das Gremium mit ebenfalls sieben Stimmen die Empfehlung abgegeben, auf die geplante teilweise Übernahme des Klassikprogramms NDR 3 zu verzichten und seine Zustimmung für den Fall angekündigt, daß dieser Empfehlung Rechnung getragen würde. Die beiden Intendanten und der ORB-Rundfunkrat hatten jedoch einmütig Nachverhandlungen abgelehnt (34/97). Vereinbart wurde nun zwischen den beiden Häusern, die bisher geplante Frequenzverteilung in Berlin zu ändern: "Radio 3" soll die reichenweitenstärkere Frequenz 92,4 MHz erhalten, auf der derzeit B Zwei sendet. "Klassik Plus" hingegen wird auf die Frequenz 96,3 MHz rücken, die zur Zeit von SFB 3 benutzt wird. SFB-Verwaltungsratschef Hartmann Kleiner erklärte in einer Mitteilung an den Rundfunkrat, das Gremium habe sich bei seiner Entscheidung davon leiten lassen, daß durch den Kooperationsvertrag "auf den bisher vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk genutzten Frequenzen in unserer Region trotz der knapper gewordenen finanziellen Ressourcen beider Anstalten" weiterhin ein anspruchsvolles Programm ausgestrahlt werden könne. SFB und ORB könnten die regionale Hörfunk-Grundversorgung damit aus eigener Kraft leisten. SFB-Intendant Günther von Lojewski wertete die Entscheidung als einen "wichtigen Schritt zur Zukunftssicherung" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Region. SFB und ORB würden "im härtesten Rundfunkmarkt der Bundesrepublik nicht nur überleben, sondern klar akzentuierte Hörfunkprogramme hoher Qualität" gegen die Programmflut kommerzieller Anbieter setzen können, so Lojewski. Mit der Entscheidung des Verwaltungsrats könne auch die wirtschaftliche Konsolidierung fortgesetzt werden. Durch die Kooperation will Lojewski in der laufenden Gebührenperiode insgesamt 13,5 Millionen Mark einsparen. Die "besseren Argumente" hätten den Ausschlag für die Kooperation gegeben, erklärte ORB-Intendant Hansjürgen Rosenbauer am 14. Mai in einer Stellungnahme zur SFB-Entscheidung. Gremien und Intendanten beider Sender hätten mit dem Vertrag auch ein Zeichen für die Reformfähigkeit der ARD gesetzt, so Rosenbauer: "ORB und SFB brauchen keine Ratschläge aus Leipzig", wie in den letzten Jahren auf vielen Gebieten bewiesen worden sei. Es sei der falsche Weg, sagte der ORB-Chef, kleinere ARD-Anstalten abschaffen zu wollen und durch ein "falschverstandenes Primat der Ökonomie Arbeitsplätze zu vernichten." (mr) --------------------- CME stellt Zahlungen für Puls TV ein -- Sendebetrieb läuft vorerst weiter -- Gesamtverlust mehr als 140 Millionen Mark Central European Media (CME) wird die Finanzierung von Puls TV einstellen. Dies erklärte die Firma am 13. Mai. Sie bezifferte ihre Verluste mit der Berliner Lokalstation auf mehr als zwanzig Millionen US-Dollar. Daraufhin beschlossen die Gesellschafter von Puls TV am 14. Mai, das Kommanditkapital der Gesellschaft nicht mehr zu erhöhen. Diese Kapitalerhöhung wäre notwendig gewesen, um die in den nächsten Monaten erwarteten "operativen Verluste" von Puls TV auszugleichen, hieß es in einer Erklärung. Die Gesamtinvestitionen für Puls TV, das als "IA Brandenburg" gestartet war, bezifferten die Anteilseigner auf 140 Millionen Mark seit 1993. Der lokale Fernsehwerbemarkt habe sich nicht so schnell wie erwartet entwickelt, so die Gesellschafter. In den vergangenen 18 Monaten habe die Station monatlich mehr als zwei Millionen Mark Verlust erwirtschaftet, hieß es in der CME-Erklärung. Die CME, die offiziell mit 21,6 Prozent an Puls TV beteiligt ist und einen weiteren Anteil dieser Höhe treuhänderisch hält, bezifferte ihren Gesellschafteranteil nun auf 59 Prozent. Dieser Anstieg der Beteiligung dürfte auf die alleinige Finanzierung der Station durch CME in den letzten zwölf Monaten zurückzuführen sein. Central European Media hatte den anhaltend quotenschwachen Sender finanziert, nachdem die anderen Eigentümer Time Warner, George Soros, APA Falladium und Ulrich Schamoni sich zurückgezogen hatten. Seit Herbst 1996 sucht die Deutsche Morgan Grenfell im Auftrag der CME nach neuen Partnern für die Station. Der Versuch, neue Investoren und ein neues Management zu finden, sei gescheitert, erklärte CME nun. Zu den Interessenten zählten der Münchner Medienkaufmann Thomas Kirch und der Hamburger Medienunternehmer Frank Otto (Medialist 23.97). Kirch-Vertreter Reinald Walter hatte Ende April erklärte, es habe seit Monaten keine Gespräche nicht mehr mit der CME gegeben. Der amtierende Puls-TV-Geschäftsführer Stefan Ziegenhagen teilte am 14. Mai auf Anfrage mit, der Sendebetrieb werde vorerst nicht eingestellt. In der Branche wird damit gerechnet, daß eine Lösung nun in zwei bis drei Wochen gefunden werden muß, um eine Schließung der Station abzuwenden. Da die CME ihre bisherigen Verluste nun abschreiben und mit den Ergebnissen des zweiten Quartals verrechnen will, dürfte eine Lösung möglich sein, bei der ein neuer Investor nicht die bisherige Verluste übernehmen müßte. (mr) --------------------- The Medialist distributes various news about media topics. It's in German. Die Medienliste verbreitet diverse Medienmeldungen mit dem Schwerpunkt Berlin. Sie erscheint in den Newsgroups de.soc.medien, bln.medien und prenzlnet.medien sowie auf <http://userpage.fu-berlin.de/~mr94/medialist/>. Die Liste ist moderiert. Beitraege nimmt Martin Recke <mr94@prenzlnet.in-berlin.de> entgegen. Um die Medienliste per Mail zu beziehen, genuegt eine Mail an <medialist-request@prenzlnet.in-berlin.de> mit SUBSCRIBE im Body. HELP im Body schickt einen Hilfstext. 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