Medialist 23.97: Keine Entscheidung bei FAB Hgg. von Martin Recke Themen dieser Ausgabe: - FAB vertagt Entscheidung über Senderzukunft - ORB-Rundfunkrat fordert Einlenken vom SFB-Verwaltungsrat Berlin: FAB-Gesellschafter vertagen Entscheidung über Senderzukunft -- Übernahmeangebote von Thomas Kirch und Frank Otto Die Zukunft des Regionalsenders FAB (Fernsehen aus Berlin) ist weiterhin offen. Eine Gesellschafterversammlung kam am 30. April zu keiner Entscheidung über die vorliegenden konkurrierenden Übernahmeangebote. Endgültige Beschlüsse sollen nun im Juni gefaßt werden, teilte FAB-Geschäftsführer Hans-Gerhard Roth am gleichen Tag auf Anfrage mit. Den FAB-Gesellschaftern, vorrangig mittelständische Fernseh- und Filmproduzenten, liegen Angebote von Thomas Kirch (München) und Frank Otto (Hamburg) vor. Thomas Kirch plant, die Mehrheit am 1991 gegründeten Sender zu übernehmen, erklärte Reinald Walter, Geschäftsführer von tv.münchen, der die Verhandlungen im Auftrag Kirchs führt. Thomas Kirch ist mit 40 Prozent an tv.münchen beteiligt. Der Hamburger Medienunternehmer Frank Otto will nach eigenen Angaben das Konzept des Low-Budget-Senders Hamburg 1 (HH1) auf FAB übertragen und die beiden Sender eng kooperieren lassen. Otto ist mit 24 Prozent an Hamburg 1 beteiligt und hält in Berlin bereits Anteile an den Radiostationen Kiss FM und Newstalk. Es sei nicht sein vorrangiges Ziel, "die Übernahme zu organisieren", sagte Otto auf Anfrage. Er würde sich auch mit einer "strategischen Minderheitsbeteiligung" zufriedengeben. Auch eine vertraglich festgelegte Sperrminorität der derzeit an FAB beteiligten Gesellschafter könne er sich vorstellen, so Otto. FAB-Geschäftsführer Hans-Gerhard Roth sagte nach der Gesellschafterversammlung am Mittwoch, es gebe daneben "auch noch eine andere Konstruktion", nannte jedoch keine Details. In Kreisen der Gesellschafter war die Rede von einem möglichen Angebot der CLT-Ufa, die ab Juli die Station Hamburg 1 mit Programmen beliefern wird. Hamburg 1 wird derzeit mit einem Mantelprogramm von Super RTL verbreitet. Bis zu 47 Prozent der FAB-Anteile können nach der gegenwärtigen Beschlußlage der Gesellschafter im Wege einer Kapitalerhöhung verkauft werden, teilte Roth mit. Der FAB-Chef sagte, er hoffe, auf diesem Wege das "riskante Spiel" einer Rückgabe der FAB-Lizenz an die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) zu vermeiden. MABB-Direktor Hans Hege stellte auf Anfrage jedoch klar, daß mit der gegenwärtigen Lizenz von FAB weder der Einstieg Ottos noch der Kirchs vereinbar wäre. Schon im Herbst 1995 hatte der MABB-Medienrat den Plänen eine Absage erteilt, nach denen Spiegel-TV zusammen mit Otto und der German Television Agency (GTA) aus London 47,2 Prozent des Senders übernehmen wollte. Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust hält derzeit 13 Prozent der FAB-Anteile. Spiegel-Manager Werner E. Klatten kündigte den Rückzug aus FAB für den Fall an, daß Thomas Kirch die Mehrheit übernehmen sollte. Man würde sich in diesem Fall von einer "operativen Senderbeteiligung" trennen, so Klatten, denn Kirch wäre "nicht kompatibel" zu Spiegel-TV und Stefan Aust. Im Januar hatte der Berliner Kommerzsender Hundert,6 bekanntgegeben, daß Thomas Kirch plane, 40 Prozent der Anteile an der Station zu übernehmen (Medialist 2.97). Eine Zustimmung der MABB zu dieser Übernahme steht bislang noch aus. Das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen, teilte MABB-Justitiarin Ingeborg Ludwig auf Anfrage mit. Mit der Berliner Lokalfernsehstation Puls TV (vormals IA Fernsehen), für die derzeit die Deutsche Morgan Grenfell nach neuen Investoren sucht, hat Kirch-Vertreter Reinald Walter nach eigenen Angaben "seit Monaten" keine Gespräche mehr geführt. Frank Otto hingegen teilte mit, er sei auch mit dem derzeitigen Puls-TV-Hauptfinanzier CME im Gespräch. FAB ist seit 1995 im Besitz einer bundesweiten Lizenz, sah sich bislang jedoch nicht in der Lage, sein Programm auch via Satellit auszustrahlen. Die Station hat seit Ende vergangenen Jahres die Möglichkeit, eine terrestrische Frequenzkette in Sachsen-Anhalt zu nutzen, die bereits 1992 vergeben worden war. (mr) --------------------- ORB-Rundfunkrat fordert SFB-Gremien zum Einlenken auf -- Rosenbauer: "Unfähigkeit zu Reformen" Der Rundfunkrat des ORB hat die SFB-Gremien aufgefordert, ihre Entscheidung über die Kooperation der beiden Häuser im Hörfunk erneut zu diskutieren. Die Gremien des ORB sähen "keine Veranlassung zu Nachverhandlungen", heißt es in einem Beschluß des Rundfunkrats vom 29. April. Einen Tag zuvor hatte der SFB-Verwaltungsrat dem von den Intendanten unterzeichneten Kooperationsvertrag seine Zustimmung verweigert und empfohlen, auf die geplante teilweise Übernahme des NDR-Klassikprogramms NDR 3 als Mantel ("Klassik Plus") für regionale Klassikstrecken zu verzichten (Medialist 22.97). Das Votum des SFB-Verwaltungsrats sei ein "Rückschlag für das Bemühen beider Sender, zu einer weitergehenden, erfolgreichen und zukunftsträchtigen Zusammenarbeit zu kommen", so der ORB-Beschluß. Begrüßt wurde darin ausdrücklich die Bereitschaft des NDR zu einer Zusammenarbeit bei "Klassik Plus". Der Rundfunkrat verwies darauf, daß der Programmausschuß des SFB sowie Rundfunkrat und Verwaltungsrat des ORB dem Vertrag mit "überwältigender Mehrheit" zugestimmt hätten. ORB-Intendant Hansjürgen Rosenbauer hatte zuvor dem Gremium mitgeteilt, daß ihm sein SFB-Amtskollege Günther von Lojewski versichert habe, er lehne Nachverhandlungen ab. SFB-Sprecher Thomas Strätling sagte dazu am 5. Mai auf Anfrage, Lojewski stehe weiterhin hinter dem mit dem ORB ausgehandelten Vertrag. Der SFB-Verwaltungsrat wird am 14. Mai zu seiner nächsten Sitzung zusammenkommen. Rosenbauer kritisierte in einer Rede vor dem Rundfunkrat die "Unfähigkeit zu Reformen" und die Angst vor Veränderung, die sich in dem Abstimmungspatt des SFB-Verwaltungsrats gezeigt habe. Der Kooperationsvertrag berücksichtige die Interessen beider Seiten. "Wir haben ohne Tricks und doppelten Boden gearbeitet", so der ORB-Chef. "Dafür und für seine Standfestigkeit möchte ich meinem Kollegen Günther von Lojewski ausdrücklich danken." Der Vertrag dürfe nicht an "falschverstandenen Partikularinteressen" scheitern, forderte Rosenbauer und bekräftigte, der ORB wolle von der Zusammenarbeit mit dem NDR bei der Klassikwelle nicht abrücken. Eine solche Kooperation über die Grenzen der Region hinaus werde immer wieder von der ARD gefordert. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg habe Zustimmung zu einer Änderung der Frequenzbelegung signalisiert, erklärte Rosenbauer. Er könne sich die Ablehnung von "Klassik Plus" durch den SFB-Verwaltungsrat nicht rational erklären, so der ORB-Intendant. "Wenn es nicht dieser Punkt wäre, würden die Kritiker andere Punkte finden", meinte Rosenbauer. Der NDR ist nach den Worten des ORB-Chef bereit, über eine Kooperation auch beim Inforadio nachzudenken, das SFB und ORB gemeinsam in Berlin herstellen. (mr) --------------------- The Medialist distributes various news about media topics. It's in German. Die Medienliste verbreitet diverse Medienmeldungen mit dem Schwerpunkt Berlin. Sie erscheint in den Newsgroups de.soc.medien, bln.medien und prenzlnet.medien sowie auf <http://userpage.fu-berlin.de/~mr94/medialist/>. Die Liste ist moderiert. Beitraege nimmt Martin Recke <mr94@prenzlnet.in-berlin.de> entgegen. Um die Medienliste per Mail zu beziehen, genuegt eine Mail an <medialist-request@prenzlnet.in-berlin.de> mit SUBSCRIBE im Body. HELP im Body schickt einen Hilfstext. Kommerzielle Weiterverwertung der Medienmeldungen ist generell nicht gestattet. 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