Medialist 15.97: Radio-Reform vor dem Scheitern?

Martin Recke (mr94@prenzlnet.in-berlin.de)
21 Mar 1997 14:58:05 GMT

Medialist 15.97: Radio-Reform vor dem Scheitern?
Hgg. von Martin Recke

Themen dieser Ausgabe:
- Berlin: Senatskanzlei kritisiert SFB/ORB-Radiokooperation
- SFB: Fehler in der Senats-Argumentation
- Diepgen bekundet Interesse an Reiter-Vorschlägen
- Bundesverwaltungsgericht bestätigt Aufhebung der DSF-Lizenz
- Nachrichten bei ARD und ZDF "pluralistischer" als bei Kommerzsendern
- SAT 1 sieht sich als Merchandising-Marktführer


        Der Mann ist eigentlich im Urlaub.  Doch nun sitzt er in
        seinem Hotel und telefoniert unablässig nach Berlin.  Denn es
        scheint, als flögen bald ihm die Trümmer seines Tuns um die
        Ohren.  Günther von Lojewski heißt er, SFB-Intendant im
        Hauptberuf und in dieser Funktion Unterzeichner eines bislang
        in der ARD einmaligen Vertrages mit seinem brandenburgischen
        Kollegen Hansjürgen Rosenbauer.

        Dem Vertragswerk (und damit dem Intendanten) droht das
        Scheitern im eigenen Verwaltungsrat.  Dem SFB-Personalrat,
        offenbar jeglicher Veränderung abhold, scheint es gelungen,
        die Gewerkschaften zu einer Ablehnungsfront gegen den
        Reformplan zusammenzuschmieden.   Dieser Koalition ist jedes
        Mittel recht, wie ein Brief des Autorenkreises zeigt, der gar
        "geistigen Vandalismus" in der SFB-Chefetage verortete.

        Zur wenig sachlichen Kritik von links kommt nun, nicht ohne
        Überraschungsmoment, eine halbgare Suada aus der konservativ
        dominierten Berliner Senatskanzlei.  Es ginge nicht darum, die
        Kooperation mit dem ORB zu torpedieren, ist aus Diepgens
        Schreibstube zu vernehmen, sondern um eine ausgewogene
        Verteilung des Nutzens.  Der SFB, so die Forderung, solle
        außerdem auch für Kooperationen mit Dritten offen bleiben.

        Der Gegenvorschlag aus dem Roten Rathaus ist nicht ohne
        Pikanterie.  Mit der Idee, statt "Klassik Plus" das
        renommierte SFB-Radio Multikulti auf die reichweitenstärkere
        Frequenz 92,4 MHz zu verlegen, rächt man sich an den
        Erpressungsversuchen Lojewskis zur Jahreswende.  Damals hatte
        der SFB-Chef mit der Einstellung von Radio Multikulti gedroht,
        wenn er nicht hinreichend Geld aus MABB-Rückflüssen bekäme.
        Das brachte auch den Senat in Bedrängnis, der für die
        Rundfunkorchester und Chöre (ROC) einstehen muß, wenn Lojewski
        klamm ist.

        Die Verdunkelungspolitik des SFB in finanziellen
        Angelegenheiten zahlt sich nun bitter aus.  In seinen Kassen
        fehlen bis Ende 2000 offenbar insgesamt bis zu 60 Millionen
        Mark.  Gut 13 davon sollen durch die Radiokooperation gespart
        werden.  Der Partner in Potsdam wiederum spart nach Angaben
        seines Intendanten nur rund eine Million Mark im Jahr, zieht
        also deutlich den kürzeren.  Dafür erhält er jedoch die
        geplante massenattraktive Radiowelle, während aus Berlin
        vorrangig Sparteninteressen bedient werden sollen.

        Das Haus Diepgen zieht daraus die Folgerung, die Vorteile der
        Kooperation lägen eindeutig in Potsdam.  Und die Berliner
        Radio-Kultur würde ausgedünnt.  Zwei Vorwürfe, die logisch
        kaum unter einen Hut passen:  Denn das wortstarke
        Kultur-"Radio Drei" und die hiesigen Fenster der Welle
        "Klassik Plus" sollen aus Berlin kommen.  Welch' verzerrte
        Gesichter wären wohl geschnitten worden, wenn die Kulturwelle
        nach Potsdam hätte ziehen müssen?

        Die vorhandenen Personalstöcke in beiden Häusern drängten die
        Lösung geradezu auf:  Hier die kopfstarke SFB-3-Besatzung,
        viele Redakteure im reiferen Alter und ein Programm mit
        markantem klassischem Kulturprofil -- dort das erheblich
        kleinere und jüngere ORB-Team und ein Radio Brandenburg, das
        sich den üblichen Schubladen entzieht.

        Schwerer als der Theaterdonner um diesen Radio-Balanceakt
        wiegt da schon das deutliche Interesse des medienpolitisch
        desorientierten Regierenden Bürgermeisters an den
        Reiter-Spielen für einen "Hauptstadtsender" als eine Art
        ARD-Gemeinschaftseinrichtung.  Mit dem Schlagwort "Hauptstadt"
        hat der ARD-Chef aus Leipzig, kalt berechnend, bei Diepgen auf
        einen Knopf gedrückt.  Für solch' einen Frack verkauft der
        Berliner Regierungschef gern das Hemd seines Senders Freies
        Berlin.  Das bislang eher ungetrübte Verhältnis zwischen den
        beiden Intendanten in Berlin und Leipzig dürfte nun Schaden
        genommen haben.  (mr)


Berlin: Senatskanzlei kritisiert SFB/ORB-Radiokooperation -- Gespräche
mit dem NDR "ruhen"

Der Radio-Kooperationsvertrag zwischen SFB und ORB (Medialist 12.97)
stößt in der Berliner Senatskanzlei auf erhebliche Vorbehalte.
Rundfunkpolitisch berge die Vereinbarung für Berlin "nicht zu
unterschätzende Risiken", heißt es in einem internen Papier der
Senatskanzlei.  Der Vertrag erscheine für den SFB "unvorteilhaft", so
die Bewertung, sei aber "rechtlich wegen der Staatsferne des Rundfunks
nicht zu verhindern".  Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen
(CDU) teile die Bewertungen des Papiers, hieß es.  Der SFB hat die
Kritik inzwischen zuückgewiesen (siehe weitere Meldung in dieser
Ausgabe).

Es gebe Stimmen im SFB, die den Vertrag für "unausgewogen" hielten, so
das Analysepapier.  Der weitaus höhere Kostenvorteil liege demnach
beim ORB.  Die erwarteten Einsparungen seien dagegen "unsicher":  Die
erwarteten Mehrerträge von 5,3 Millionen Mark könnten "weitaus
geringer" ausfallen, die Anlaufwerbekosten für das geplante
massenattraktive "Radio Eins" seien nicht im Etat eingeplant.  Der ORB
will durch die Zusammenarbeit rund eine Million Mark pro Jahr
einsparen, der SFB rechnet für die laufende Gebührenperiode insgesamt
mit einer Ersparnis in Höhe von 13,65 Millionen Mark.

Erst zum 1.1.1999 griffen die Regelungen des Vertragswerks über die
Verteilung der Werbeerlöse und die Etats für die Bewerbung, stellt die
Senatskanzlei fest.  Bis dahin erhalte der ORB die auf rund 10
Millionen Mark pro Jahr bezifferten Erlöse aus dem eingeführten
Jugendprogramm Fritz, während die SFB-Werbetochter für "Radio Eins"
verantwortlich sei und die Anlaufkosten trage, obwohl die Welle in der
Federführung des ORB hergestellt wird.  Auch der Produktionsetat der
Rundfunkorchester und Chöre (ROC) GmbH in Höhe von 1,1 Millionen Mark
bleibe beim SFB, während der ORB die ("ungesicherte") Ausstrahlung
über "Stützfrequenzen" in Brandenburg finanziere.

Programmpolitisch sei ein "Qualitäts- und Attraktivitätsverlust" der
Hauptstadtberichterstattung zu befürchten, weil "qualifizierte
Kulturredakteure" des SFB abgebaut und Mitarbeiter von Radio
Brandenburg, "der wenig profilierten Kulturwelle" des ORB übernommen
werden sollen.  Wenn die klassische Musik wie vorgesehen von der
Veranstaltergemeinschaft mit dem NDR und Radio Bremen übertragen
würde, verzichte der SFB damit auf einen "bestimmenden Einfluß".  Der
NDR könne sich so eine hochkarätige "Abspielfrequenz" für sein
Programm in Berlin-Brandenburg sichern.

Die für die Rechtsaufsicht zuständige Senatskanzlei trägt daneben auch
juristische Einwände vor.  Der SFB-Intendant mache sich durch die
Kooperationen von Abstimmungen mit dem ORB abhängig und verzichte auf
das Alleinentscheidungsrecht für Teile seines Programms, heißt es.  Er
könne sich dabei jedoch auf den Berlin-Brandenburgischen
Medienstaatsvertrag berufen, der die beiden Landesrundfunkanstalten
"berechtigt und verpflichtet", gemeinsame Programme zu veranstalten.
Rechtlich sei die Vereinbarung auch deshalb nicht zu beanstanden, weil
sie zum Ablauf der Gebührenperiode am 31.12.2000 kündbar ist.

NDR-Kooperation gescheitert?

In der Senatskanzlei gibt es offenbar juristische Bedenken dagegen,
daß der Vertrag Leistungen vorsehe, die von Dritten abhängig seien.
Dazu zählt nach Ansicht des Senats die Frage der Stützfrequenzen, die
von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) vergeben werden
müssen, und die Zusammenarbeit mit dem NDR, dessen Zustimmung bislang
ebenfalls aussteht.  NDR-Hörfunkprogrammdirektor Gernot Romann teilte
am 21. März auf Anfrage mit, daß die Gespräche mit dem SFB derzeit
ruhen.  "Offenbar kann der SFB seine eigene Position intern nicht
durchsetzen", so Romann.  Die Verhandlungen seien jedoch weder
gescheitert noch abgebrochen worden, die Gespräche mit dem ORB würden
fortgesetzt.

Romann wies darauf hin, daß die NDR-Gremien der Kooperation nicht
formal zustimmen müssen, sondern den Intendanten "beraten".  Er habe
ein Mandat gehabt, mit SFB und ORB über eine teilweise Übernahme des
Klassikprogramms NDR 3 zu sprechen.  Der in der Pressekonferenz der
beiden Intendanten am 28. Februar entstandene Eindruck, die
Zusammenarbeit mit dem NDR sei bereits beschlossene Sache, sei
hingegen nicht richtig.  Die Kooperation im Bereich einer Klassikwelle
"bietet sich geradezu an", so Romann.  Dahinter sei "kein
unangemessener Appetit" des NDR auf eine Vergrößerung seines
Sendegebiets zu vermuten: "Das NDR-Sendegebiet ist groß genug".

MABB-Direktor Hans Hege bestätigte am 20. März die Existenz eines
Schreibens an die beiden Hörfunkdirektoren.  Er habe darin um eine
Stellungnahme dazu gebeten, welchen Stellenwert SFB 4 Multikulti oder
das geplante Klassikprogramm für die Grundversorgung hätten.  Der SFB
hatte bisher eine reichweitenstärkere Frequenz für Radio Multikulti
gefordert.  Mit der derzeit von B zwei genutzten Berliner Frequenz
92,4 MHz stehe künftig eine solche zur Verfügung, so Hege.  Diese
Frequenz wollen SFB und ORB mit "Klassik Plus" besetzen.

Bei der Frequenzvergabe für das SFB/ORB-Inforadio hatte der Medienrat
angekündigt, nach zwei Jahren den öffentlich-rechtlichen
Frequenzbedarf in Berlin zu prüfen.  SFB und ORB stehen nach dem
Medienstaatsvertrag sechs Frequenzen zu, sie nutzen derzeit insgesamt
acht.  Es gehe nicht darum, den beiden Anstalten eine Frequenz
wegzunehmen, erklärte Hege auf Anfrage.  Im Senatspapier wird dem
MABB-Direktor zugeschrieben, eine Zusammenlegung von B Zwei und SFB 4
Multikulti auf der Frequenz 92,4 MHz zu präferieren.

Die Einstellung von B Zwei bringe eine Einsparung von 9,9 Millionen
Mark in der Gebührenperiode bis 2000.  Mittels Werbung auf dem bislang
werbefreien Multikulti-Programm könnten dann "weitaus höhere" Umsätze
erzielt werden, heißt es aus der Senatskanzlei.  Damit könnte sich SFB
4 dann teilweise auch aus eigenen Mitteln finanzieren, "so daß der
Druck auf die Medienanstalt und auf den Senat" sinken würde.
SFB-Intendant Günther von Lojewski drängt seit Ende vergangenen Jahres
auf höhere Abführungen der MABB, um damit die Finanzierung von
Multikulti und der ROC GmbH zu sichern (Medialist 7, 8 und 9.96, 1 und
2.97).  (mr)

 
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SFB: Fehler in der Senats-Argumentation -- Zustimmung des
SFB-Verwaltungsrats gefährdet?

Der SFB hat die Kritik aus der Senatskanzlei an der Kooperation mit
dem ORB (siehe weitere Meldung in dieser Ausgabe) zurückgewiesen.
SFB-Sprecher Thomas Strätling wies am 19. März auf eine Reihe von
"sachlichen Fehlern" in der Argumentation des Senats hin.  So hätten
die Werbeerlöse für Fritz 1996 nicht 10 Millionen Mark, sondern "knapp
6 Mio. Mark netto" und etwa 8 Mio. Mark brutto betragen.  Radio B Zwei
habe netto rund 1,7 Mio. Mark Werbeerlöse eingebracht.  Die Vorteile
der Kooperation lägen "überwiegend" beim SFB, der ORB spare
"wesentlich weniger".

Zwar habe der SFB bis Ende 1998 allein für "Radio Eins" aufzukommen,
erhalte bis dahin jedoch auch die Erlöse dieser beim ORB angesiedelten
Welle.  Vom Etat der vier gemeinsamen Wellen ("Radio Eins", "Radio
Drei", "Klassik Plus" und Fritz), der 18,5 Mio. Mark umfasse, trage
der ORB gut 48 Prozent, während er nach der Gebührenquote derzeit nur
43 Prozent zu tragen hätte.  Auch unter Berücksichtigung der
Planstellenverteilung zwischen den beiden Häusern (55 zu 85) bleibe
der ORB-Anteil bei knapp 45 Prozent der Gesamtkosten.  Die erwarteten
Einsparungen seien im übrigen "gering angesetzt", so Strätling.
Höhere Werbeerlöse könnten durch eine Ausstrahlung von SFB 4
Multikulti auf der Frequenz 92,4 MHz nicht erzielt werden.

Auch die programmpolitischen Bedenken der Senatskanzlei wies Strätling
zurück.  Von einer "Ausdünnung des Programms" könne keine Rede sein.
Im Wortanteil bleibe das Programm im wesentlichen gleich.  In der
gemeinsam mit dem NDR geplanten Welle "Klassik Plus" kämen alle Sender
zu Wort.  Insofern sichere sich nicht der NDR eine "Abspielfrequenz"
in Berlin, sondern würden SFB und ORB künftig auch im NDR-Sendegebiet
gehört.  Der SFB-Sprecher wandte sich auch gegen die Kritik an der
Übernahme von ORB-Redakteuren:  Dies führe nicht zu Qualitäts- und
Attraktivitätsverlust, "es sei denn, man vertrete die Ansicht,
Mitarbeiter des ORB seien unfähig oder unqualifiziert".

Während die ORB-Gremien dem Vertragswerk bereits zugestimmt haben,
gilt das notwendige Placet des SFB-Verwaltungsrats inzwischen als
unsicher.  In dem elfköpfigen Gremium sitzen insgesamt fünf Vertreter
von Gewerkschaften, Journalistenverband und SFB-Personalrat.  Mit
deren Ablehnung ist nach der harschen Kritik an der Kooperation
(Medialist 13.97) zu rechnen.  Der Berliner CDU-Fraktionschef Klaus
Landowsky und der Verwaltungsratsvorsitzende Hartmann Kleiner
(Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg) signalisierten dagegen
bislang Zustimmung.  Der Vertreter der Grünen im SFB-Rundfunkrat,
Jochen Esser, nannte die Kritik aus der Senatskanzlei angesichts der
knappen Mehrheitsverhältnisse im Aufsichtsrat "brisant".

SFB-Sprecher Thomas Strätling wies die am 18. März veröffentlichte
Kritik des Autorenkreises der Bundesrepublik an der Einstellung von
SFB 3 am gleichen Tage als "sachlich nicht gerechtfertigt" zurück.
"Wir betrachten diese Entscheidung vor allem als einen Akt gegen die
Verbreitung und Vielfalt von Literatur und als Hinwendung zu einem
geistigen Vandalismus", hieß es in der Erklärung des Autorenkreises.
Die SFB-Leitung erklärte dazu, das geplante "Radio Drei" werde einen
höheren Wortanteil an "kulturellen Radioformen" enthalten als SFB 3.
(mr)


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Berlin: Diepgen bekundet Interesse an Reiter-Vorschlägen -- "Keine
übliche ARD-Gemeinschaftseinrichtung" anstelle des SFB

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, hat sein
Interesse an den Vorschlägen des ARD-Vorsitzenden Udo Reiter geäußert.
In einem Schreiben an Reiter vom 13. März erklärte Diepgen, er finde
den Vorschlag des MDR-Intendanten bezogen auf das bundesweit
ausgestrahlte ARD-Programm interessant, "der besonderen Bedeutung der
Hauptstadt und der Berichterstattung aus der Hauptstadt durch ein
besonderes Modell Rechnung zu tragen, das die ARD als Gemeinschaft in
die Verantwortung für die Erfüllung dieser Aufgabe einbezieht".

Distanzierter zeigte sich Diepgen dagegen gegenüber Reiters Idee, den
Sender Freies Berlin (SFB) durch eine gemeinschaftlich getragene
Einrichtung der ARD zu ersetzen.  Die Versorgung Berlins mit
regionalem Hörfunk und Fernsehen bleibe die Aufgabe einer regionalen
Rundfunkanstalt, schreibt der Berliner Regierungschef.  "Diese
regionale Rundfunkanstalt ist heute der SFB", so Diepgen.  Es möge vom
Ergebnis der ARD-Strukturdebatte abhängen, ob in der Region eine
größere Rundfunkanstalt "mit mehreren Landesfunkhäusern" entsteht.

Diepgen sieht keine Notwendigkeit dazu und keinen Vorteil darin, die
regionale Versorgungsaufgabe der "regionalen Verantwortung und
Selbstbestimmung zu entziehen und einer Gemeinschaftseinrichtung aller
ARD-Anstalten zu übertragen".  Es sei jedoch zu früh, eine
abschließende Berliner Position zu den aufgeworfenen Fragen zu
beziehen.  An der Diskussion werde Berlin sich konstruktiv beteiligen.

Es bedürfte "sorgfältigster Prüfung", wie die Zusammenarbeit der
regionalen Rundfunkanstalt und der ARD-Gemeinschaft gestaltet und die
Rechte und Pflichten ausbalanciert werden könnten, so das Schreiben.
Diepgen stimmte Reiter darin zu, daß es sich "nicht um eine übliche
ARD-Gemeinschaftseinrichtung" handeln könne, sondern um "einen
gemeinschaftliche betriebenen Sender sui generis", der als
"Hauptstadtsender" wichtige "nationale Aufgaben" der ARD erfülle.

Diepgen kündigte an, auch andere Optionen zu entwicklen und in die
Diskussion einzuführen.  Dies schmälere aber nicht das Verdienst des
ARD-Vorsitzenden, die Diskussion um die künftige ARD-Struktur "mit
einem so weitgreifenden und neue Perspektiven aufreißenden Vorschlag"
eröffnet zu haben, schreibt der Regierungschef.  Die ARD-Intendanten
hatten auf ihrer Sitzung in Leipzig verabredet, die Diskussion
zunächst intern zu führen.  Udo Reiter war mit seinen Vorschlägen dann
vom Stern zitiert worden und hatte sie in einem Focus-Interview
erläutert (Medialist 11.97).  (mr)


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Bundesverwaltungsgericht bestätigt Aufhebung der DSF-Lizenz -- BLM
kündigt "Übergangsgenehmigung" an

Die Aufhebung der DSF-Lizenz durch den Bayerischen
Verwaltungsgerichtshof war rechtmäßig.  Dies bestätigte in letzter
Instanz das Berliner Bundesverwaltungsgericht am 19. März.  Die
Zulassung des Deutschen Sportfernsehens (DSF) zur bundesweiten
Verbreitung durch die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM)
war demnach rechtswidrig.  Fragen der Medienkonzentration und der
Meinungsvielfalt seien nicht genügend aufgeklärt worden, hieß es zur
Begründung.

Zum ersten Mal werde damit die Lizenz eines Fernsehveranstalters
rechtskräftig aufgehoben, hieß es in einer Mitteilung der
Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) vom 20. März.  Das
Bundesverwaltungsgericht gab einer Klage der MABB aus dem Jahre 1991
statt.  Die bayerische Landesmedienanstalt kündigte am gleichen Tage
eine "Übergangsgenehmigung" für den Sender an.  Da die nach dem neuen
Rundfunkstaatsvertrag für die Konzentrationskontrolle zuständige
Ermittlungskommission (KEK) immer noch nicht berufen ist, sei eine
abschließende Entscheidung über eine neue Genehmigung noch nicht
möglich, teilte die BLM mit.

Das Gerichtsverfahren habe nicht dem Ziel der Abschaltung von DSF
gedient, erklärte die MABB.  MABB-Direktor Hans Hege meinte dazu am
20. März auf Anfrage, die Forderung einer Abschaltung sei nach mehr
als vier Jahren und bei inzwischen geänderten Rechtsgrundlagen "keine
vertretbare Position mehr".  Eine Abschaltung wäre "nicht
vermittelbar" und diskreditiere das eigentliche Ziel, die
Medienkonzentration zu kontrollieren.  Die Situation jetzt wäre
einfacher, so Hege, wenn es die KEK schon geben würde.

DSF muß nun einen neuen Zulassungsantrag stellen.  Nach den neuen
Konzentrationsregeln ist eine höhere Beteiligung der Kirch-Gruppe
zulässig.  Inzwischen hat DSF die Übernahme von insgesamt 66,5 Prozent
der Anteile durch die Kirch-Gruppe zur Genehmigung vorgelegt, teilte
die BLM mit.  Die derzeitigen Beteiligungsverhältnisse seien nach
einer vorläufigen Bewertung mit dem neuen Rundfunkstaatsvertrag
vereinbar.  Die BLM hat das Thema DSF auf die Tagesordnung der
nächsten Sitzung der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten am
21. April gesetzt.

DSF-Geschäftsführer Rainer Hüther rechnet nach eigener Aussage mit
einer "uneingeschränkten Fortführung des Sendebetriebs".  Auch die
Landesmedienanstalten hätten kein Interesse daran, ein "eingeführtes
und prosperierendes Unternehmen wie DSF aus formalrechtlichen Gründen"
zu gefährden.  Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei
keine Entscheidung gegen das DSF, hieß es in einer Erklärung vom 20.
März.

DSF sende seit über vier Jahren mit einer Sendeerlaubnis, die nicht
hätte ausgestellt werden dürfen, hob die MABB in ihrer Mitteilung
hervor.  Es habe sich damit Vorteile gegenüber Unternehmen verschafft,
die sich an das damals geltende Recht gehalten hätten.  Wie alle
Fehlentwicklungen im Bereich der Medienkonzentration, denen nicht
rechtzeitig entgegengetreten wird, lasse sich das nicht mehr
rückgängig machen.

Die wesentliche Bedeutung des Urteils liegt nach MABB-Einschätzung in
der Zukunft.  Verfahren vor Verwaltungsgerichten seien nach der
jüngsten Entscheidung ein "wirksames Instrument gegen Versuchungen
einer einzelnen Landesmedienanstalt, bei Fragen des bundesweiten
Fernsehens aus Standortinteressen nicht hinreichend zu ermitteln".
Die Sonderregelung in Bayern, nach der DSF als Programm in
"öffentlich-rechtlicher Trägerschaft" gilt, schaffe weder für die BLM
noch für dort zugelassene Veranstalter Sonderrechte bei der
bundesweiten Verbreitung, kommentierte die MABB.  (mr)


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"News Monitor 1996": Nachrichten bei ARD und ZDF "pluralistischer" als
bei Kommerzsendern

ARD und ZDF berichten in ihren Nachrichten nicht nur ausführlicher
über Politik als die Privatsender, ihre Hauptnachrichtensendungen sind
auch pluralistischer als die der kommerziellen Konkurrenz.  Diese
Ergebnisse einer Studie der ARD/ZDF-Medienkommission stellte Udo
Michael Krüger, der Leiter des Instituts für Empirische
Medienforschung (IFEM) in Köln, am 19. März in Berlin vor.

Politische Themen stehen dem vorgelegten "News Monitor 1996" zufolge
bei den öffentlich-rechtlichen Sendern weitaus stärker im Mittelpunkt
der tagesaktuellen Berichte als bei RTL und SAT 1, wo häufig
Kriminalität, Katastrophen und Unfälle die Berichterstattung
dominieren.  Die kommerziellen Sender geben in ihrer politischen
Berichterstattung zudem einem kleineren Spektrum politischer und
gesellschaftlicher Gruppen das Wort als die Hauptnachrichtensendungen
von ARD und ZDF.

Der Studie zufolge bietet die ARD werktäglich 113 Minuten Nachrichten,
das ZDF 100 Minuten, während RTL 63 Minuten, SAT 1 35 Minuten und Pro
Sieben 24 Minuten Nachrichten zeigen.  Zwei Drittel des gesamten
Nachrichtenangebots dieser fünf Sender kommt demnach aus
öffentlich-rechtlichen Anstalten.  Die ARD-Tagesschau und die
ZDF-heute-Sendung seien die "politischsten" Sendungen unter den
Hauptnachrichten, so eine These Krügers, RTL aktuell hingegen die
"politikfernste".

Die Nachrichten von ARD und ZDF seien auch neutraler als die ihrer
privat-kommerziellen Konkurrenz.  Die Studie verglich die O-Ton-Dauer
für politische Parteien und kam dabei zum Ergebnis, daß bei ARD und
ZDF alle politischen Lager "relativ ausgewogen" zu Wort kämen.  Die
einzelnen Parteien seien "ihrer Stärke entsprechend" in den
Nachrichtensendungen repräsentiert.  Bei RTL und SAT 1 kämen hingegen
nur die großen Parteien zu Wort.  Dort polarisierten sich die
politischen Lager zudem stärker als bei ARD und ZDF.  Die IFEM-Studie
bescheinigt der RTL-Berichterstattung ein deutliches Übergewicht
zugunsten der SPD, während bei SAT 1 eher das konservativ-liberale
Lager im O-Ton zu Wort käme.

Als einen Beitrag gegen den "Trend zur Entpolitisierung" wertete
Hansjürgen Rosenbauer, der Vorsitzende der ARD/ZDF-Medienkommission,
die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen im Lichte der
Ergebnisse.  Dennoch seien ARD und ZDF kein "Sprachrohr der Politik",
so Rosenbauer.  "Wer die öffentlich-rechtlichen Sender sieht, ist
besser informiert", folgerte der ORB-Intendant.  Die Nachrichten von
kommerziellen Sendern seien "keine vergleichbaren Produkte", erklärte
ZDF-Intendant Dieter Stolte.  Nachrichtensendungen blieben das
"wichtigste Forum der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen", so
Stolte.  Die Qualitätsmaßstäbe setzten nach wie vor ARD und ZDF.

Für den "News Monitor 1996" hatte das IFEM insgesamt 631
Nachrichtensendungen untersucht, darunter alle Nachrichtensendungen
einer Woche im März 1996 und alle Hauptausgaben und
Nachrichtenmagazine des Abendprogramms in vier Wochen aus allen
Quartalen des vergangenen Jahres.  Die Studie kostete nach Angaben der
ARD/ZDF-Medienkommission rund 70.000 Mark.  Die Ergebnisse sollen in
der Fachzeitschrift Media Perspektiven veröffentlicht werden. (mr)


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SAT 1 sieht sich als Merchandising-Marktführer

Als Marktführer im TV-Lizenzgeschäft ("Merchandising") sieht sich SAT
1.  Dies erklärte Wolf-Tilmann Schneider, Direktor der Abteilung New
Business Development bei SAT 1, am 18. März gegenüber der Presse in
Berlin.  Schneider bezog sich dabei auf die veröffentlichten
Bruttoumsätze und auf eine Studie der Nürnberger inTrend Gesellschaft
für Markt-, Media- und Sozialforschung mbH, die SAT 1 bei gleicher
Gelegenheit präsentierte.

Die Brutto-Handelsumsätze des sendereigenen Merchandising betrugen
nach SAT-1-Angaben im vergangenen Jahr 635 Millionen Mark und waren
damit mehr als doppelt so hoch wie 1995 (300 Mio.).  SAT 1 hat damit
RTL übertroffen, dessen Merchandising-Umsätze 1996 bei rund 400
Millionen Mark lagen.  1995 hatte RTL mit 330 Millionen Mark noch vor
RTL gelegen.  Schneider widersprach Schätzungen nicht, nach denen die
Nettoerträge aus dem Lizenzgeschäft unterhalb von 40 Millionen Mark
angesiedelt seien.

Wichtiger als die Erträge ist für Schneider die zusätzliche
Werbewirkung für die "Dachmarke" SAT 1 und die einzelnen
Programmmarken.  Das Merchandising unterstützt der inTrend-Studie
zufolge besonders "bestimmte Imagefacetten" wie "modern, sympathisch
und für die ganze Familie".  SAT 1 werde als der Sender genannt, der
die interessantesten und die meisten Produkte hat, so ein weiteres
Ergebnis.

Nach Angaben von Schneider erscheinen im TV-Lizenzgeschäft pro Jahr
rund 700 neue Artikel.  Die durchschnittliche Laufzeit eines Produktes
betrage nur vier bis sechs Wochen.  Ausnahmen seien nur Produktlinien
wie die Plüschtiere zur Serie "Kommissar Rex".  Davon sind nach
SAT-1-Angaben bislang 1,3 Millionen Stück abgesetzt worden.  81
Prozent der Zuschauer hätten mindestens ein Merchandising-Produkt von
SAT 1 in der Werbung gesehen, so ein Ergebnis der Studie.  Kontakt zu
und Interesse an den SAT-1-Produkten seien umso häufiger und größer,
je jünger die Zuschauer sind.  (mr)


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German.

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