Medialist 14.97: Rosenbauers Wiederwahl Hgg. von Martin Recke Themen dieser Ausgabe: - ORB-Intendant im Amt bestätigt -- Zustimmung zur Hörfunkkooperation - Radio Paradiso beantragt Lizenzen in Sachsen und Schleswig-Holstein -- "Täglich 114.000 Hörer" - Wettrennen um den Sonntag -- Warum die FAZ ein Anzeigenblatt für Frankfurt plante und seitdem vor sich herschiebt ORB-Intendant im Amt bestätigt -- Zustimmung zur Hörfunkkooperation Hansjürgen Rosenbauer bleibt Intendant des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB). Der 55jährige, der seit Herbst 1991 ORB-Chef war, wurde am 11. März vom Rundfunkrat in geheimer Wahl in seinem Amt bestätigt. Rosenbauer erhielt im ersten Wahlgang 14 Stimmen bei fünf Gegenstimmen und einer Enthaltung. In diesem Wahlgang war die einfache Mehrheit aller Mitglieder des Rundfunkrats notwendig. Rosenbauer war der einzige Kandidat. Die erste sechsjährige Amtszeit Rosenbauers läuft erst im Herbst ab. Die Neuwahl sei schon jetzt vollzogen worden, um "Unsicherheiten" zu vermeiden, sagte der Vorsitzende des Rundfunkrats, Lutz Borgmann, auf Befragen. Vor der Wahl hatte der CDU-Vertreter im Rundfunkrat und Landtagsabgeordnete Frank Werner die Forderung vertreten, die Intendantenstelle auszuschreiben. Dies hatte keine Mehrheit im Gremium gefunden. Ziel der Neuwahl sei es gewesen, in der gegenwärtigen Debatte um eine Neuordnung der ARD (Medialist 11.97) und vor der umfassenden Neuordnung der Radiowellen von ORB und Sender Freies Berlin (Medialist 12.97) eine "Kontinuität" zu sichern, so Borgmann. In einer Klausurtagung Ende Januar hatte der Rundfunkrat beschlossen, die Zustimmung des amtierenden Intendanten zu einer zweiten Amtszeit einzuholen. Es müsse Ziel des ORB sein, erklärte Rosenbauer, im Interesse der Menschen "in diesem Teil Deutschlands und in diesem Bundesland Entscheidungsfreiheit darüber zu behalten, was auf seinen Hörfunk- wie Fernsehfrequenzen" in Brandenburg gesendet werde. Das schließe Koooperationen "in alle Himmelsrichtungen", Zusammenarbeit mit Partnern auch im "privaten Bereich" und auch partielle Programmzusammenschlüsse ein. Ein analoger ASTRA-Kanal für das ORB-Fernsehen wird ab 1. Januar 1998 zur Verfügung stehen, gab Rosenbauer bekannt. Am 17. März soll in Luxemburg ein Vertrag mit der SES unterzeichnet werden, dem der Verwaltungsrat bereits zugestimmt habe. Über ASTRA sollen dann auch die ORB-Hörfunkprogramme zu empfangen sein. Auf Kritik an der mangelnden Verbreitung des neuen Dokumentations- und Ereigniskanals "Phoenix" zum Sendestart am 1. April (Medialist 13.97) erklärte der ORB-Chef, er hielte es für falsch, deswegen den Start zu verschieben. "Wenn das Programm sendet, ensteht auch ein Druck auf die Medienanstalten", die notwendigen Kabelkanalbelegungs-Entscheidungen zu treffen. Die Telekom dürfe auch nicht aus der Verantwortung entlassen werden, die Netze für neue Programme zu öffnen. Einstimmig gab der Rundfunkrat der geplanten Hörfunkzusammenarbeit mit dem SFB seine Zustimmung. Ende vergangener Woche hatte bereits der Verwaltungsrat sein Placet gegeben. Intendant Hansjürgen Rosenbauer wies Vorwürfe zurück, die Reform sei "handstreichartig und unter Verletzung demokratischer Spielregeln" geplant worden (Medialist 13.97). Alle Gremien seien seit Beginn der Kooperationsgespräche im vergangenen Sommer stetig über den Stand der Verhandlungen informiert worden. ORB-Hörfunkdirektorin Hannelore Steer berichtete dem Gremium, daß für die künftig vier gemeinsam mit dem SFB veranstalteten Programme insgesamt 140 Planstellen vertraglich vereinbart seien. 55 davon werde der ORB besetzen. Das Jugendradio "Fritz" werde weiterhin etwa 20 Planstellen haben, die neue "High-Quality"-Welle mit Arbeitstitel "Radio Eins" soll Steer zufolge 35 Stellen bekommen, knapp zehn weniger als die derzeit bei Radio Brandenburg besetzten Stellen. Für Cottbus und Frankfurt/Oder, im Südosten und Osten des Landes gelegen, habe der ORB bereits neue Frequenzen beantragt. Weitere Frequenzen soll es nicht geben. Zwei vollständige neue Senderketten seien "nicht mehr erhältlich", so Steer. Bis zur ersten Aprilhälfte sollen die Schemata der neuen Wellen vorliegen, kündigte die Hörfunkdirektorin an. Zum stellvertretenden Vorsitzenden des Rundfunkrats wurde Hans-Dietrich Schneider gewählt. Schneider tritt die Nachfolge von Jost Riecke an, der Ende Februar aus dem Gremium ausgeschieden war. Er vertritt im Rundfunkrat die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege im Land Brandenburg. Rieckes Nachfolgerin als Vertreter des Mieterbunds wurde Kerstin Kircheis, die dem Vorstand des Landesverbands vorsitzt. (mr) --------------------- Radio Paradiso beantragt Lizenzen in Sachsen und Schleswig-Holstein -- "Täglich 114.000 Hörer" Das in Berlin sendende Radio Paradiso bewirbt sich um neue Lizenzen in Sachsen und Schleswig-Holstein. Dies teilte die Station am 12. März mit. Das Mitte Februar gestartete Programm soll dort gegebenenfalls mit "lokalen Fenstern" gesendet werden, hieß es. In Sachsen hat Radio Paradiso sich um alle vier von der sächsischen Landesmedienanstalt ausgeschriebenen Frequenzen beworben, teilte SLM-Justitiar Klaus-Dieter Müller am 14. März auf Anfrage mit. Insgesamt gebe es dort 25 Bewerber auf die Ausschreibung der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) hin. Die Medienbehörde hatte drei Frequenzen mit lokaler Reichweite und eine Frequenz auf dem Fichtelberg ausgeschrieben, die Teile des Südens abdeckt. Müller zeigte sich überrascht über die Vielzahl der Bewerbungen. In Schleswig-Holstein will sich Radio Paradiso auf die dort ausgeschriebene vierte landesweite UKW-Frequenzkette mit insgesamt neun Frequenzen bewerben, teilte der Paradiso-Gründer und Direktor des Evangelischen Presseverbands Nord, Rainer Thun, am 14. März auf Anfrage mit. Die Ausschreibungsfrist laufe dort am 17. März ab. Nach eigenen Angaben hat Radio Paradiso zur Zeit an Werktagen 114.000 Hörer. Dies ergab eine repräsentative Befragung, deren Ergebnis die Station am 12. März bekanntgab. Der Wert sei methodisch mit der Zahl der "Hörer gestern" zu vergleichen, die die Media Analyse (MA) ausweise, erklärte Geschäftsführer Rainer Thun. Die Station habe demnach etwa 29.000 Hörer in der durchschnittlichen Stunde. Damit habe Radio Paradiso werktags ebensoviele Hörer wie das Deutschlandradio und die SFB-Welle B Zwei. Zwei Drittel der Hörer seien Frauen. Nach Paradiso-Angaben waren vom Institut für Communication & Marketing Research (CMR) insgesamt 1.500 Menschen in Berlin und Brandenburg befragt worden. Das erste Ziel sei damit bereits erreicht, so Rainer Thun: "Radio Paradiso hat täglich mehr Hörer, als sonntags Berliner in die Kirche gehen." Das traditionelle Gemeindeleben aktiviere heute nur noch acht von 100 der für christliche Vorstellungen zugänglichen Berliner. Der neue Kontakt zu den Menschen sei ein "wertvoller Fortschritt für uns Christen", so Thun. (mr) --------------------- Wettrennen um den Sonntag -- Warum die FAZ ein Anzeigenblatt für Frankfurt plante und seitdem vor sich herschiebt / Von Martin Recke Jochen Becker kann sich zurücklehnen. Der FAZ-Verlagsgeschäftsführer dementierte seit Monaten konstant, aber mit nachlassender Intensität die Pläne für ein neues Anzeigenblatt am Sonntag. Seit Montag dieser Woche ist es amtlich: "Sunday", so der avisierte Titel, wird es vorerst tatsächlich nicht geben. Unter diesem Namen wollte eine gemeinsame Tochter des FAZ-Verlags und der Frankfurter Societätsdruckerei eine "Sonntagszeitung auf Anzeigenblatt-Basis" herausbringen, ein Novum für die noble Frankfurter Allgemeine. Eine Million Exemplare sollte es geben, was die Konkurrenten hellhörig machte. Denn damit wäre "Sunday" aus dem Stand das größte Anzeigenblatt Deutschlands geworden und hätte den "Blitz-Tip" überflügelt, der im Rhein-Main-Raum nach eigenen Angaben jeden Mittwoch 960 000 Exemplare verteilt. Dessen Miteigner Horst Vatter zog prompt Pläne für ein eigenes Sonntagsblatt namens "Äppler" aus den Schubladen. Dieser Titel erschließt sich nur dem Hessen: "Äppler" heißt heute modisch jenes Getränk, das jahrzehntelang durch Heinz Schenk als Appelwoi bundesweit bekannt wurde. Auf der Suche nach einer Druckerei für den "Äppler" war Vatter bei der Societätsdruckerei, die auch schon Teilauflagen des "Blitz-Tip" gedruckt hatte, bereits auf Spuren des "Sunday" gestoßen: Nur 500 000 Stück wollte sie für ihn drucken, weil angeblich der FAZ-Verlag Kapazitäten reserviert hatte. Vatter hingegen plante 700 000 "Äppler"-Exemplare. Mit dem Sonntags-"Blitz-Tip" wollten Vatter und seine Mitgesellschafter, der Springer-Verlag und die Hannoveraner Verlagsgruppe Madsack, sogar noch vor "Sunday" die sonntägliche Marktlücke besetzen. Während "Sunday"-Projektleiter Bernd Seitz bis vor wenigen Tagen den 27.April als Starttermin annoncierte, wollte Horst Vatter den "Äppler" bereits Ende März auf dem Markt werfen. Nach dem Rückzug der FAZ-Tochter werden diese Pläne nun wahrscheinlich auf Herbst verschoben."Wer geht schon freiwillig vor's Sommerloch?", fragt Christine Kock vom "Blitz-Tip"-Marketing. Offiziell trägt auch "Sunday"-Chef Seitz den Herbst-Termin noch vor sich her."Im September" soll das Anzeigenblatt nun erscheinen, so Seitz, und zehn Unterausgaben haben. Doch die "Sunday"-Redaktion, für die Seitz schon Ende vergangenen Jahres mit großformatigen Anzeigen nach Personal suchte, bekommt erst einmal anderes zu tun: Sie verstärkt das Team der "Frankfurter Nachrichten", deren Auflage ab April von gut 300 000 auf über 700 000 Exemplare hochgefahren werden soll. Das defizitäre Anzeigenblatt, das im letzten Jahr nach eigenen Angaben rund zwei Millionen Mark Verlust einfuhr, hatten FAZ-Verlag und Societätsdruckerei Anfang März übernommen. Beide Häuser wollen außerdem ihr gesamtes regionales Anzeigengeschäft in einer gemeinsamen Tochtergesellschaft bündeln. Die "Frankfurter Allgemeine/Rhein-Main-Zeitung", eine Regionalausgabe der FAZ, und die Frankfurter Neue Presse (FNP) werden demnach künftig gemeinsam vermarktet. Die täglich erscheinende FNP verkauft mit vier Regionalausgaben 116 813 Exemplare, die Rhein-Main-FAZ erreicht 99 489 Stück. Am Sonntag wird im Ballungsraum Frankfurt außerdem die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" verbreitet. Mit 105 160 Exemplaren ist dieser FAZ-Ableger weit von schwarzen Zahlen entfernt. Dem FAZ-Sonntagsblatt hätte die neue Konkurrenz das Leben kaum erleichtert. FAZ-Verlagschef Jochen Becker sieht die Anzeigenblätter gleichwohl als "Komplementärwerbeträger" zu den verkauften Zeitungen. An eine bundesweite Verbreitung der "Sonntagszeitung" denkt er nicht. Dazu bedürfte es nicht nur der entsprechenden Logistik, auch das Blatt selbst, derzeit hauptsächlich mit Lokalem aus dem Rhein-Main-Raum gefüllt, müßte gründlich erneuert werden. "Blitz-Tip"-Marketingfrau Christine Kock kann sich ein wenig Schadenfreude nicht verkneifen, hatte doch Seitz über seine Firma GKM Gesellschaft für kundenorientiertes Marketing in Holzgerlingen bei Stuttgart auch einige "Blitz-Tip"-Mitarbeiter abgeworben."Die sind jetzt natürlich wenig begeistert", so Kock, wenn sie statt an einer neuen Sonntagszeitung an den wenig renommierten "Frankfurter Nachrichten" arbeiten dürfen. Der "Anzeigenkrieg in Rhein-Main" (Focus) geht also in eine neue Runde. Auch die Mainzer Verlagsanstalt, bei der die Regionalzeitungen "Mainzer Allgemeine" und "Wiesbadener Kurier" erscheinen, wälzt schon Pläne für ein sonntägliches Anzeigenblatt. Der Titel ist bislang, wen wundert's, noch geheim. © G+J BerlinOnline GmbH, 14.03.1997 -- The Medialist distributes various news about media topics. It's in German. Die Medienliste verbreitet diverse Medienmeldungen mit dem Schwerpunkt Berlin. Sie erscheint in den Newsgroups de.soc.medien, bln.medien und prenzlnet.medien sowie auf http://userpage.fu-berlin.de/~mr94/medialist/. Die Liste ist moderiert. Beitraege nimmt Martin Recke <mr94@prenzlnet.in-berlin.de> entgegen. Um die Medienliste per Mail zu beziehen, genuegt eine Mail an <medialist-request@prenzlnet.in-berlin.de> mit SUBSCRIBE im Body. HELP im Body schickt einen Hilfstext. Kommerzielle Weiterverwertung der Medienmeldungen ist generell nicht gestattet. Falls Sie dies dennoch beabsichtigen, wenden Sie sich bitte an Martin Recke <mr94@prenzlnet.in-berlin.de>. Nichtkommerzielle Weiterverbreitung der Medienliste ist nur komplett gestattet. Alle Rechte vorbehalten.