Medialist 13.97: Phoenix in der Asche

Martin Recke (mr94@prenzlnet.in-berlin.de)
7 Mar 1997 15:38:51 GMT

Medialist 13.97: Phoenix in der Asche
Hgg. von Martin Recke


Phoenix zum Start nur in wenigen Kabelnetzen vertreten

Der neue Dokumentations- und Ereigniskanal Phoenix dürfte beim
Sendestart am 1. April nur in wenigen Bundesländern ins Kabel
eingespeist werden.  Beim federführenden WDR rechnet man derzeit mit
einer Einspeisung in Bremen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Dies erklärte Phoenix-Sprecher Jürgen Bremer am 6. März auf Anfrage.
Insgesamt wären damit rund 4,8 Millionen Kabelhaushalte in der Lage,
das Programm zu empfangen.  Ein analoger Kanal auf dem Satelliten
Astra soll erst Anfang 1998 zur Verfügung stehen.

In Rheinland-Pfalz rechnet der LPR-Referent Gerd Pappenberger damit,
daß sich die Anfang März beschlossene Einspeisung auf absehbare Zeit
verzögern wird, weil die drei dadurch in ihrer Verbreitung
eingeschränkten Programme CNN, Euronews und N3 "unisono" Klagen
angekündigt hätten.  Die Erfahrungen mit dem in Rheinland-Pfalz
lizenzierten Programm Onyx-TV hätten gezeigt, daß solche Klagen eine
aufschiebende Wirkung entfalten würden.

Auch in Nordrhein-Westfalen ist bislang unklar, wie Phoenix ins
Kabelnetz eingespeist werden wird.  Zwar hat die Landesanstalt für
Rundfunk (LfR) Phoenix als "gesetzlich bestimmtes" Programm
eingestuft, wie es der Rundfunkstaatsvertrag vorsieht, und muß es
daher in der Einspeisungsrangfolge ziemlich weit oben ansiedeln.
Jedoch soll verhindert werden, daß dadurch Kabel 1 aus den meisten
nordrhein-westfälischen Kabelnetzen verdrängt würde.

Es gebe daher noch immer Gespräche mit der Telekom über die Freigabe
der bislang durch das digitale Satellitenradio DSR belegten
Sonderkanäle, teilte LfR-Sprecherin Dorothee Reinhold am 6. März mit.
Am 14. März will sich die Rundfunkkommission mit dieser Frage
befassen.

In Hamburg ist zunächst nur an eine stundenweise Einspeisung von
Phoenix gedacht.  Dazu gebe es derzeit Gespräche mit allen
Beteiligten, erklärte der stellvertretende HAM-Direktor Lothar Jene am
6. März auf Anfrage.  Auf einen vollen Kanal für Phoenix gebe es
"keine Chance", so Jene, solange die Telekom nicht, wie von der HAM
gefordert, zwei neue analoge Kanäle bereitstellt.  

Die Berlin-Brandenburgische Medienanstalt MABB überlegt derzeit, den
bislang ungenutzten Sonderkanal 26 an Phoenix zu vergeben.  Derzeit
laufe noch ein Anhörungsverfahren mit der Telekom, teilte
MABB-Justitiarin Ingeborg Ludwig am 6. März mit.  Für drei weitere
noch nicht belegte Kanäle hat der Medienrat bereits Ende Februar eine
Öffnung beschlossen.  Die Telekom lehnt dies ab.

In Bayern fällt nicht vor Mai eine Entscheidung über die 2,4 Millionen
Kabelhaushalte.  Dort muß in den meisten Kabelnetzen wahrscheinlich
ein Drittes Programm weichen.  Diese Einschätzung vertrat BLM-Sprecher
Johannes Kors am 6. März.  Noch keine abschließenden Entscheidungen
sind in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein,
Thüringen und im Saarland gefallen.  In allen fünf Ländern dürfte
Phoenix im Laufe dieses Jahres ins Kabel kommen, in
Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland wahrscheinlich zu Lasten eines
Dritten Programms, in Thüringen wohl auf Kosten eines fremdsprachigen
Nachrichtenkanals.  

In Hessen ist mit Übergangsfristen zu rechnen, in Niedersachsen gilt
die derzeitige Kabelbelegung noch bis Ende August.  Eine Entscheidung
soll erst Ende Juni fallen, erklärte NLM-Sprecherin Uta Spies.  Die
wichtigsten Kabelnetze in Sachsen-Anhalt sind nach Angaben von
LRA-Justitiarin Verena Schneider für bis zu 50 Kanäle ausgebaut, was
auch für Phoenix noch Platz lassen wird.

Die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien
(SLM) sieht sich nach Aussage ihres Direktors Detlef Kühn nicht mehr
in der Lage, auf die Einspeisung von Phoenix Einfluß zu nehmen.  Nach
einem vor knapp zwei Wochen von der CDU in den sächsischen Landtag
eingebrachten Gesetzentwurf sollen künftig nur noch gesetzlich
bestimmte "Vollprogramme" einen Vorrang bei der Kabeleinspeisung
genießen.  Ob Phoenix als Spartenprogramm Zugang zu den Netzen
erhalte, sei demnach nicht mehr Sache der SLM, so Kühn.

Bereits im vergangenen Jahr hatte der SLM-Medienrat festgestellt, daß
es keine Einspeisungspflicht für ARTE und 3sat gebe.  Sie seien nicht
als "aufgrund eines sonstigen Gesetzes für Sachsen veranstaltete
Programme" anzusehen.  (mr)


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Arbeitstitel: Heftige Kritik an SFB/ORB-Radiokooperation -- SFB will
über drei Jahre 13,5 Millionen Mark einsparen

Die Hörfunkkooperation zwischen SFB und ORB (Medialist 12.97) ist auf
heftige Kritik gestoßen.  DGB-Bezirkschefin Christiane Bretz warf den
Intendanten der beiden Häuser am 4. März vor, "handstreichartig und
unter Verletzung demokratischer Spielregeln" die Reform geplant zu
haben.  Weder die Gremien noch der Personalrat oder die Journalisten
seien vorab beteiligt worden.  

Bretz forderte SFB-Chef Günther von Lojewski auf, "ein klares Profil"
für einen Hauptstadtsender SFB zu entwickeln.  Der SFB verkaufe sich
"unter Wert" und gebe politisches Terrain auf, wenn er nun B Zwei
aufgebe und eine Klassikwelle weitgehend vom NDR übernehme, so Bretz.
Die "Imitation des Dudelfunks" sei keine Antwort auf die
Herausforderung der kommerziellen Konkurrenz.

Christiane Bretz gehört auch dem SFB-Rundfunkrat an, der die
Kooperation der beiden Häuser zuletzt im Februar unterstützt hatte
(Medialist 9.97).  Auch die PDS-Fraktionen in Berlin und Brandenburg
kritisierten die Pläne der beiden Landesrundfunkanstalten als
"Reduzierung und Ausdünnung der Radio-Kultur".  Innerhalb des Hauses
sind die Reformpläne ebenfalls höchst umstritten.

Der Sender wies die Vorwürfe am gleichen Tag zurück.  Hörfunkdirektor
Jens Wendland hob hervor, daß der SFB mit Inforadio und SFB 4
Multikulti zwei neue, "unverwechselbare" öffentlich-rechtliche
Programme geschaffen habe.  Auch von einer "Opferung von SFB 3" oder
einer "Entwortung" könne keine Rede sein.  Künftig werde es ein
anspruchsvolles "Hochkulturprogramm" mit gesteigertem Wortanteil und
eine "komplementäre" Klassikwelle geben.

Der Programmausschuß habe im Februar das Vorhaben zweimal "ausführlich
beraten", hieß es in einer Presseerklärung.  Hörfunkdirektor Jens
Wendland habe den Personalrat und den Redakteursausschuß in Kenntnis
gesetz, leitende Mitarbeiter hätten an der Entwicklung der
Programmprofile mitgewirkt.  Demokratischen Spielregeln sei Genüge
getan, wenn nun die Vereinbarungen den Aufsichtsgremien vorliegen.

Der SFB-Verwaltungsrat hat den Vorlagen der Geschäftsleitung in seiner
Sitzung am 5. März nicht zugestimmt.  Die Entscheidung wurde auf den
17. April vertagt.  Detailfragen sollen bis dahin "bilateral" mit der
Geschäftsleitung geklärt werden, hieß es.  

Bis zum Ende der laufenden Gebührenperiode rechnet der SFB mit
Einsparungen von rund 13,5 Millionen Mark.  Die Summe setzt sich aus
der Kürzung von Sachmitteln und Personalausgaben sowie aus erwarteten
Zuwächsen bei den Werbeeinnahmen zusammen.  Betriebsbedingte
Kündigungen soll es nach Aussage der beiden Intendanten jedoch nicht
geben.  (mr)


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Berlin: Oberverwaltungsgericht bestätigt NBC/TRT-Entscheidung der MABB

Die Entscheidung des MABB-Medienrats, einen Kanal des Berliner
Kabelnetzes räumlich zwischen NBC und TRT-INT aufzuteilen, bleibt
bestehen.  Das Oberverwaltungsgericht Berlin gab der Beschwerde der
Medienanstalt Berlin-Brandenburg gegen einen anderslautenden Beschluß
des Verwaltungsgerichts statt, teilte die MABB am 7. März mit.

Das türkische Vollprogramm TRT-INT bleibt damit in den Teilen Berlins
im Kabel, in denen der Anteil der türkischsprachigen Bevölkerung über
fünf Prozent liegt.  In den übrigen Teilen Berlins wird NBC
verbreitet.  Diese räumliche Teilung sei nach aktuellem Kenntnisstand
rechtmäßig, stellte das Oberverwaltungsgericht fest.  Sie könne den
Belegungsgrundsätzen wie Vielfalt und Nachfrage in einem sehr großen
Kabelnetz eher entsprechen als eine einheitliche Belegung.  

Das Gericht teilte die Einstufung von NBC als Vollprogramm.  Die
Einschätzung, daß ein englischsprachiges Vollprogramm zur Vielfalt des
Gesamtangebots dazugehöre, sei im Rahmen des Beurteilungsspielraums zu
respektieren.  Die Medienanstalt wolle weiterhin alle zur Verfügung
stehenden Möglichkeiten ausschöpfen, die Engpaßsituation im Kabelnetz
zu beheben, hieß es in der Mitteilung.  (mr)


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Neubaupläne des SFB -- "Bauvoranfrage" gestellt

Der Sender Freies Berlin (SFB) plant einen Neubau auf dem Gelände
neben dem Haus des Rundfunks an der Charlottenburger Masurenallee.
Dies bestätigte SFB-Sprecher Thomas Strätling am 5.  März auf Anfrage.
Es gebe jedoch bislang nur eine Bauvoranfrage beim Bezirksamt
Charlottenburg, so Strätling.  Der SFB selbst will nur den Keller
nutzen, falls es zum geplanten Neubau käme, und dort eine Tiefgarage
und seine Werkstätten unterbringen, erklärte Siegfried Mängel, der das
Gebäudemanagement des Hauses leitet.

Der Rest der insgesamt 25.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche würde
vermietet.  Der SFB schlägt vor, dort einen Medienstandort "Westend"
zu entwickeln.  Nach Entwürfen des Architekten Walter Rolfes könnte
dort ein 21 Meter hoher Neubau in Zick-Zack-Form entstehen.
Alternativ wird auch an ein 35 Meter hohes Gebäude direkt an der
Masurenallee gedacht.  Bevor gebaut werden könnte, muß zunächst der
geltenden Bebauungsplan geändert werden.  Auf dem Gelände befindet
sich derzeit ein sanierungsbedürftiges Parkhaus, das abgerissen und
durch eine Tiefgarage ersetzt werden soll.  Außerdem steht dort ein
entsorgungsbedürftiger Bunker aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.

Bislang plant der SFB nicht, dort selbst als Bauherr aufzutreten.
Dazu würde dem Haus nach Einschätzung Strätlings die Mittel fehlen.
Zweck der Bauvoranfrage sei es, zunächst die Möglichkeiten auszuloten
und sie mit den Plänen des Berliner Senats für das unmittelbar
angrenzende Gelände des Busbahnhofs abzustimmen, der überbaut werden
soll.  Strätling wollte nicht ausschließen, daß in dem Neubau auch
künftige ARD-Gemeinschaftseinrichtungen in Berlin unterkommen könnten.
Der ARD-Vorsitzende Udo Reiter hatte jüngst vorgeschlagen, den SFB
durch einen von allen ARD-Anstalten getragenen Hauptstadtsender zu
ersetzen (Medialist 11.97).  (mr)


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