Medialist 1.97: Geld und gute Worte Hgg. von Martin Recke Debatte um Multikulti-Finanzierung und MABB-Überschüsse hält an -- Lojewski: Gebührenanteil der Medienanstalt reduzieren -- Hege: Keine Programmfinanzierung aus MABB-Mitteln Eine Gesetzesänderung hat SFB-Chef Günther von Lojewski gefordert, um die Finanzierung des Ausländerradios SFB 4 Multikulti zu sichern. Der Anteil der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) an der Rundfunkgebühr solle so von zwei auf ein Prozent reduziert werden, forderte der Intendant am 9. Januar vor dem Medienausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses. MABB-Direktor Hans Hege plädierte demgegenüber dafür, das Programm nach der Projektphase als "reguläres Programm der öffentlich-rechtlichen Grundversorgung" fortzuführen. Hege wies darauf hin, daß das Programm vom SFB auch bei der KEF als Bestandteil der Grundversorgung angemeldet und von ihr anerkannt worden sei, wenn auch die Berliner Anstalt die entsprechende Summe nicht beim ARD-internen Finanzausgleich habe durchsetzen können. Die KEF rechne auch Abführungen der Landesmedienanstalten auf die Bedarfsvolumina an, so der MABB-Chef. Es wäre ein "Eigentor" für den SFB, wenn er vorab ein Prozent des MABB-Gebührenanteils erhalten würde. Insofern schneide sich die Anstalt "ins eigene Fleisch", wenn sie auf einer Dauerfinanzierung durch die MABB beharre. SFB-Intendant Lojewski bezeichnete die Finanzierung des Programms unverändert als "gefährdet" (Medialist 7.96, 8.96 und 9.96). Eine "Mischfinanzierung" auch aus Überschüssen der MABB sei auch durch den Medienstaatsvertrag mit Brandenburg und das Berliner Zustimmungsgesetz vorgesehen. Nachdem die MABB im September mitgeteilt habe, daß für 1995 ein Überschuß von 4,3 Millionen Mark festgestellt worden sei, habe er "nach Treu und Glauben" den daraus errechneten SFB-Anteil von 2,6 Mio. in den Haushaltsplan 1997 eingestellt. MABB-Chef Hege hielt demgegenüber daran fest, daß aus einer solchen Mitteilung keine Rückzahlungserwartungen abzuleiten seien. Die MABB habe in keinem Jahr ihre Überschüsse "einfach abgeführt", so Hege. Nach Gesetzeslage entscheide der Medienrat über die Verwendung der MABB-Überschüsse. Der SFB habe nicht die Verwendung der Rundfunkgebühren zu überprüfen. Hege wies Darstellungen des SFB-Chefs zurück, er habe im Herbst dem SFB gegenüber Zusagen über Rückflüsse in voller Höhe des Überschusses gegeben. Nach Gesetzeslage gibt es inzwischen vier mögliche Verwendungszwecke für die überschüssigen MABB-Mittel: Neben der Rundfunkorchester und Chöre GmbH (ROC), für deren Finanzierung die MABB rund 1,2 Millionen Mark pro Jahr als Rückfluß an den SFB beisteuert, und einem Hörfunkprogramm "für die ausländische Bevölkerung", das im Zustimmungsgesetz genannt wird, können die Gelder auch für die Förderung einer digitalen Infrastruktur und für Film- und Fernsehförderung eingesetzt werden. Insgesamt verblieben der MABB nach Finanzierung ihrer Kernaufgaben mit rund fünf Millionen Mark in den vergangenen Jahren meist etwa fünfzig Prozent ihrer Mittel für diese Zwecke, so Hege. Gut 1,6 Millionen davon sind durch die Finanzierungszusage für die ROC in Höhe von mindestens einer Million Mark bereits gebunden; die MABB kehrt 60 Prozent der nicht in Anspruch genommenen Mittel an den SFB aus, 40 Prozent gehen an den ORB, der die Gelder zur Filmförderung ausgibt. MABB-Direktor Hege sieht hier insofern Konflikte, als "Haushaltsentscheidungen immer über Prioritäten entscheiden". Hege verteidigte die Entscheidung des Medienrats, rund fünf Millionen Mark für den Aufbau einer digitalen Infrastruktur zurückzustellen. In München und Hamburg gebe es bereits digitale Sendezentren, in Nordrhein-Westfalen das Projekt "Infocity NRW". Die Region Berlin-Brandenburg sei insofern benachteiligt. Es gehe um Angebote aus der Region, darunter vor allem von SFB und ORB, so Hege. Hege bestätigte, daß die Gebührenerhöhung für das laufende Jahr noch nicht im MABB-Haushalt berücksichtigt sei. Die Finanzierung der KEK berge jedoch noch Finanzrisiken: Die Ermittlung der Marktanteile könne die fünfzehn Landesmedienanstalten bis zu 30 Millionen Mark kosten. SFB-Chef Lojewski kritisierte, daß die Rückzahlungen der MABB in den vergangenen Jahren stets erst Ende Dezember eintrafen und damit für die Haushaltsplanung des folgenden Jahres nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Die Zahlen würden belegen, daß die Medienanstalt ihre Aufgaben auch mit einem Prozent des Gebührenaufkommens erfüllen könne. Lojewski forderte nun eine gesetzliche Verpflichtung für die MABB, ein Prozent ihres Gebührenanteils an den SFB abzuführen. Der Medienausschuß will über die Forderung beraten. (mr) --------------------- Bangemann: Konvergenz erzwingt einheitliche Regelungen für Rundfunk und Telekommunikation -- "Kein einzelnes Land darf bestehende Rechtsordnung noch verschärfen" EU-Kommissar Martin Bangemann hat gefordert, die "traditionelle Einteilung" von Rundfunk- und Telekommunikationsregeln zu überprüfen. Angesichts der Konvergenz durch die digitale Technik würden diese Grenzen aus technischen wie wirtschaftlichen Gründen "im wesentlichen zusammenbrechen", erklärte Bangemann am 9. Januar vor Journalisten in Potsdam-Babelsberg. Dort hatte eine Beratergruppe zur Informationsgesellschaft getagt, zu der 30 Vertreter europäischer Unternehmen aus dem Medien- und Multimediabereich gehören. Künftig muß es nach Vorstellungen dieser Gruppe auch möglich sein, daß Netzbetreiber Inhalte anbieten. Für diese Art Wettbewerb seien die meisten EU-Länder derzeit nicht gerüstet, so Bangemann: "Sektorale Regeln bringen uns in Teufels Küche". Die Beratergruppe habe sich zur Aufgabe gemacht, die Umsetzung der Liberalisierungspläne im Bereich Telekommunikation zu überprüfen. Obwohl zum 1. Januar 1998 alle verbleibenden Monopole fallen sollen, seien die entsprechenden EU-Vorschriften bislang in vielen EU-Ländern nicht vollständig umgesetzt. Bertelsmann-Vorstand Thomas Middelhoff, der zur Beratergruppe gehört, hob hervor, daß auch die laufenden Gesetzgebungsvorhaben von Bund und Ländern diskutiert worden seien, ein "Multimediagesetz" des Bundes und einen Mediendienste-Staatsvertrag der Länder zu schaffen. Kein einzelnes Land dürfe seine bestehende Rechtsordnung noch verschärfen, forderte Bangemann. Auch wenn die EU im Bereich der Kulturpolitik etwas zurückhaltender sei, so gebe es doch Überlegungen, verbindliche Regeln aufzustellen, falls dies nötig werde. Zum in Babelsberg diskutierten Elf-Punkte-Programm der Bangemann-Beratergruppe zählt auch, den elektronischen Kommerz zu fördern, angesichts der Konvergenz von Medien und Telekommunikation alle Regeln zu überprüfen und Regelungen für Fusionen zwischen Anbietern elektronischer Dienste, dem audiovisuellen Sektor und der Werbung zu entwickeln. (mr) -- The Medialist distributes various news about media topics. It's in German. Die Medienliste verbreitet diverse Medienmeldungen mit dem Schwerpunkt Berlin. Sie erscheint in den Newsgroups de.soc.medien, bln.medien und prenzlnet.medien sowie auf http://userpage.fu-berlin.de/~mr94/medialist/. Die Liste ist moderiert. Beitraege nimmt Martin Recke <mr94@prenzlnet.in-berlin.de> entgegen. Um die Medienliste per Mail zu beziehen, genuegt eine Mail an <medialist-request@prenzlnet.in-berlin.de> mit SUBSCRIBE im Body. HELP im Body schickt einen Hilfstext. Kommerzielle Weiterverwertung der Medienmeldungen ist generell nicht gestattet. Falls Sie dies dennoch beabsichtigen, wenden Sie sich bitte an Martin Recke <mr94@prenzlnet.in-berlin.de>. Nichtkommerzielle Weiterverbreitung der Medienliste ist nur komplett gestattet. Alle Rechte vorbehalten.