Medialist 10.96: Profile der Dritten

Martin Recke (mr94@prenzlnet.in-berlin.de)
19 Dec 1996 21:19:09 GMT

Medialist 10.96: Profile der Dritten
Hgg. von Martin Recke


        Die Bundeszentrale für politische Bildung veranstaltete Ende
        vergangener Woche in Berlin eine Tagung mit dem Titel "Profile
        der Dritten".  Die stehen zwar oft im Schatten des Interesses,
        aber legten in den letzten Jahren deutlich zu, was Quoten
        angeht.  Erstaunlich, sind sie doch im Vergleich zum Ersten
        inzwischen geradezu Bastionen der Öffentlich-Rechtlichen.

        Ansonsten:  Der ORB hat seinen Haushalt verabschiedet und nimmt
        künftig Verluste hin.  Zum Vergleich vorab die Zahlen des SFB,
        der seinen Wirtschaftsplan bereits am 9. Dezember besiegelte.
        Alle Angaben in Millionen Mark, in Klammern Werte des
        Wirtschaftsplans 1996.

        Einnahmen:              439
        davon
        Gebühren                335,5 (301,6)
        Werbeerträge              4,6 (6)
        Anschubfinanzierung      27,5

        Ausgaben:               398,8 (397,3)
        davon
        Hörfunk                  36,1 (35,2)
        Fernsehen                92,6 (94,1)

        Stellenplan             1129,5 Planstellen (-18,5),
                                davon 30 unbesetzt und gesperrt



ORB eröffnet Gebührenperiode mit 13,2 Millionen Mark Defizit --
"Ausrichtung am Programmauftrag ohne Qualitätsverlust"

Der ORB sieht im ersten Jahr der neuen Gebührenperiode ein Defizit
in Höhe von 13,2 Millionen Mark vor.  Dies beschloß der ORB-Rundfunkrat
am 17. Dezember mit seiner Zustimmung zum Wirtschaftsplan 1997.
Intendant Hansjürgen Rosenbauer führte dies in seiner Etatrede auf die
"konsequente Ausrichtung am Programmauftrag ohne Qualitätsverlust"
zurück.  Es wäre, so Rosenbauer, "kein Problem", einen ausgeglichenen
Haushalt vorzulegen.  Er hielte dies aber für "strategisch falsch".

In der kommenden Gebührenperiode müsse auf Rückstellungen ("Sparbüchse")
zurückgegriffen werden, die in den vergangenen Jahren gebildet wurden.
Für die folgenden Jahre müsse jedesmal abgewogen werden, im welchem
Umfang an dieser Politik festgehalten werden könne.  Auf keinen Fall
dürfe der ORB am Ende der Gebührenperiode in einer Situation sein, die
keine Bewegungsmöglichkeiten mehr lasse, so Rosenbauer.  Im Jahr 2001
müsse eine "Kostenstruktur" erreicht sein, die sich mit den Einnahmen
decken lasse.

Der Wirtschaftsplan sieht Erträge in einer Gesamthöhe von 289,9
Millionen Mark vor (1996: 269,8 Mio.), davon 246,7 Mio. aus Gebühren
(Vorjahr: 211,9 Mio.) und 7,4 Mio. aus Werbung (Vorjahr: 15,5 Mio.).
Daneben werden Zinserträge in Höhe von 10,6 Mio. und 7,5 Millionen Mark
sonstige Erträge ausgewiesen (Vorjahr: insgesamt 42,4 Mio.).  Dem stehen
Aufwendungen von insgesamt 303,0 Millionen Mark gegenüber, nach 273,2
Mio. im Wirtschaftsplan 1996.  Der Personalaufwand steigt von 68,8 auf 70,9
Millionen Mark, für die Altersversorgung plant der ORB 2,7 Mio. ein
(1996: 11,1 Mio.).

Der Programmaufwand für den Hörfunk geht mit 30,9 Millionen Mark zurück
(Vorjahr: 31,2 Mio.), der Aufwand für das Fernsehen steigt von 62,8
(1996) auf 69,0 Millionen.  Für ARD-Gemeinschaftssendungen und
-einrichtungen plant das Haus 35,9 Mio. ein, gut zehn Millionen mehr als
in diesem Jahr (24,8).  Intendanz, Technik und Verwaltung schlagen mit
27,8 Mio. zu Buche, für Abschreibungen und andere Aufwendungen werden
27,2 Mio. eingestellt (Vorjahr: 24,8).  Zum ARD-Finanzausgleich und zum
Aufbau des Deckungsstocks für die Altersversorgung sind 2,8 Millionen
Mark vorgesehen.  Für ARTE, Deutschlandradio, Kinderkanal und Phoenix
sieht der Wirtschaftsplan 15,3 Millionen vor.

Zu Buche schlägt einer ORB-Mitteilung zufolge auch, daß der ORB ab
1.1.97 seine ARD-Quote von 2,5 auf 2,75 Prozent erhöht.  Außerdem sind
bereits Mittel für eine digitale Satellitenausstrahlung des
ORB-Fernsehens ab Sommer 1997 vorgesehen.  Die Kosten einer analogen
Astra-Ausstrahlung ab 1.1.98 bezifferte Rosenbauer auf 12 bis 15
Millionen Mark Einen weiteren Ausbau des Programms mit überproportialen
Steigerungsraten hält der ORB in Zukunft nicht mehr für möglich.  Um das
Defizit zu decken, wird der ORB sein Eigenkapital abschmelzen, das in
diesem Jahr rund 258 Mio. Mark beträgt (siehe Medialist 9.96).

ORB-Chef Rosenbauer äußerte vor dem Rundfunkrat Sorgen über die
Personalkostenentwicklung.  Er kündigte an, daß der ORB die ARD-weit
einheitliche Neuregelung der Altersversorgung nur bis zur
Beitragsbemessungsgrenze mittragen werde.  Damit seien 75 bis 80 Prozent
der ORB-Mitarbeiter abgedeckt.  Für den Rest der Mitarbeiterschaft
sollen Verhandlungen mit den Gewerkschaften geführt werden.  Rosenbauer
hat angeboten, fünf Prozent der jährlichen Gehaltssumme für eine
betriebliche Altersversorgung dieser Gruppe bereitzustellen.  (mr)

        
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Die 3 verschwindet -- "Profile der Dritten" im Visier

Günther Struve war auch da, der "König Ohneland" der ARD.  Sitzend in
der vorletzten Reihe, erwartete er Aufschluß darüber, ob endlich jemand
öffentlich zugeben würde, was er schon länger beargwöhnt: Daß seine
ARD-Zuträger beginnen, Mittel aus dem gemeinsamen Ersten Programm
abzuziehen, um sie in ihre hauseigenen Dritten zu stecken.  Struve wurde
enttäuscht:  Er bekam keine neue Munition in die Hand.

Wohl aber konnte er süffisant dem BR-Mann Christian Lappe widersprechen,
der die BR-Programmredaktion leitet und erklärt hatte, die jüngste
Schemareform beim Bayerischen Fernsehen sei "kostenneutral" gewesen.  Um
11,4 Prozent stiegen im kommenden Jahr die Ausgaben des BR für den
Fernsehbereich, zitierte Struve die BR-Verwaltungschefin Jutta Lowag.
Dies hatte Struves Argwohn genährt, da ja der BR ansonsten seinen
Haushaltsumfang für 1997 konstant hielt.

Die Sorge des ARD-Programmdirektors scheint begründet, auch weil der
Vorsprung seines Ersten gegenüber der Quote der versammelten Dritten
zusammenschmilzt.  Inzwischen tragen die acht Sender gemeinsam zehn
Prozent zum Anteil der Öffentlich-Rechtlichen am Fernsehmarkt bei, mit
steigender Tendenz.  Und das, obwohl einige dieser regionalen
Fernsehangebote deutlicher öffentlich-rechtliches Profil zeigen als das
Mutterprogramm.

Vom Image der ewigen "Dritten" haben sich fast alle inzwischen gelöst:
Wenn das Programm aus Frankfurt am 18. Januar als "Hessen Fernsehen"
erscheint und die 3 im Namen fallen läßt, bleiben nur noch zwei
Mehrländer- und Mehranstalten-Programme übrig, Südwest 3 und N 3.  Alle
anderen setzen auf die Identität des Bundeslandes oder auch der
produzierenden Anstalt selbst, wie es die beiden gewichtigen Häuser in
Leipzig und Köln tun.

Das Gros ihrer Zuschauer finden sie allesamt, mehr oder weniger
ausgeprägt, im Alterssegment über 50.  Von der Werbewirtschaft
verschmäht, aber in relativ großer Kopfzahl vor den Bildschirmen
vertreten, begrüßen die Macher der Dritten diese Generation durchaus mit
offenen Armen.  Selbst Jugendsendungen wie "Live aus dem Schlachthof"
(BR) sehen weniger die Jugendlichen selbst als deren Eltern und
Großeltern.

Es gibt einfach mehr Fernsehzuschauer dieses Alters, war ein in Berlin
gern und mehrfach gehörtes Argument.  Und um die jüngeren balgen sich ja
Dutzende werbefinanzierter Programme.  Die Dritten kommen da einfach
nicht mit, obgleich ihr Bildschirmdesign durchaus moderner und jünger zu
sein versucht und mit jeder Veränderung auch wird:  Das Bayerische
Fernsehen (neuer Slogan: "anderes Programm") hat seine Reform gerade
hinter sich, der WDR und der HR starten am 18.  Januar neu.

Doch während der WDR seine Reform schon vor Wochen verkündete
("...erlaubt der Tagesschau die Rückkehr"), wird beim HR noch am neuen
Design gefeilt.  Zum Erkennungszeichen gemacht wird in Zukunft, zusammen
mit den Schriftzügen "Hessen" und "Fernsehen", ein wolkiger Himmel,
"nicht weiß-blau wie bei den bayerischen Kollegen", wie Hessenschau-Chef
Manfred Krupp-Schmidbauer festgehalten wissen wollte.  Das seinerzeit
avantgardistische Design aus den achtziger Jahren gilt inzwischen als zu
schwarz und zu traurig, wird aber nicht völlig vom Bildschirm
verschwinden.

Hessen 3 ist heute das Quoten-Schlußlicht unter den acht
Regionalprogrammen.  Für Krupp-Schmidbauer ist es kein Trost, daß diese
Lage mit der Situation der Frankfurter Eintracht korrespondiert.  Dem HR
drohe hier ein ähnlicher Abstieg in die zweite Liga, fürchtet er, die
Existenz als Landessender sei in den kommenden ARD-Reform-Stürmen nicht
gesichert, wenn schon das Fernsehen nicht mehr Akzeptanz als derzeit
erziele.  Nur die regionale Hessenschau hat nicht an Quoten verloren,
und nur die regional gefärbte Unterhaltung funktioniert noch.

Im Regionalen liegen auch die Stärken der (quoten-)erfolgreicheren
Produkte.  "Regionale Vollprogramme" wäre eine Definition, der sich die
meisten anschließen würden, mit Ausnahme des "Berlin Fernsehens" B1 vom
SFB, das bewußt kein Vollprogramm sein will, sondern ein Stadtfernsehen.
B1 sei nicht in der Lage, eigene Unterhaltung zu produzieren, gab
Co-Fernsehdirektor Ulrich Anschütz unumwunden zu.  "Infotainment" über
Ereignisse in der Stadt heißt eine B1-Zauberformel:  Die umfangreiche
Live-Berichterstattung wird vom Zuschauer goutiert.

B1 wird überwiegend von West-Personal gemacht, für Anschütz ein
Handicap, das durch Ost-Schwerpunkte im Programm nur zum Teil
wettgemacht werden kann.  Im Westen wird die verstärkte
Ost-Berichterstattung durchaus honoriert, aber das Gegenteil gilt nicht:
West-Themen locken im Osten der Großstadt keinen Hund vor den
Bildschirm.  Was dem SFB dort an Quote fehlt, erzielt der ORB mit seinem
"Fernsehen Brandenburg".  Mittlerweile ist das jüngste der Dritten, das
im Herbst 1992 gestartete B1, aber auch in Ostberlin nicht mehr
schwächer als der Konkurrent aus Brandenburg.

Der ORB hat seinen anfänglichen Ost-Bonus inzwischen weitgehend
verbraucht.  DEFA- und DFF-Filme, wiederholte DDR-Unterhaltungssendungen
und Programme zur DDR-Geschichte binden nach fünf ORB-Jahren inzwischen
nicht mehr die Zuschauer, sondern bergen im Gegenteil Gefahren für das
Image, lassen den Sender als nostalgisch oder rückwärtsgewandt
erscheinen, wie eine Infratest-Studie ergab.  Sein Profil gewinnt auch
der ORB als regionaler Nachrichten- und Informationssender.  "Wir sind
der Landfunk", stellte ORB-Sendeleiter Reinhard Griebner selbstironisch
fest, "aus dem Osten für den Osten".

Die Quotenlage in den Ostprovinzen könnte durchaus als Menetekel für die
Restrepublik dienen:  Dort liegen die Dritten in der Summe gleichauf mit
dem Ersten, dem ZDF und Pro Sieben und hinter RTL und SAT.1, deren
Vorsprung gleichwohl zusammenschmilzt.  Die Medienforscherinnen von ORB
und MDR, Annette Mende und Gerlinde Frey-Vor, machten im Osten einen
durchweg unbekümmerten Umgang mit dem dualen System aus ("Herumsurfen in
der gesamten Palette").  Vor allem die osteigenen Dritten aus Potsdam
und Leipzig haben dennoch eine Funktion als "Identitätsanker".  Die
Identifikation mit den Ländern löst die Ost-Identität demnach langsam
ab.

"Eine ideale Alternative zu dem Unterhaltungs-Einerlei in den
Hauptprogrammen" entdeckte Karl Schawinsky vom Kölner Medienspiegel in
den Dritten.  Neben den immer gleichförmigeren Vergnügungsdampfern
präsentieren die dritten Beiboote offenbar ein breites Programmspektrum.
Während ARD und ZDF weiter Zuschauer einbüßten, legten die Dritten sogar
zu.  Und gewinnen mehr und mehr medienpolitische Bedeutung:  Ohne die
Dritten, so Schawinskys Hinweis, wären die öffentlich-rechtlichen
Fernsehsender bereits dicht an der ominösen 30-Prozent-Marke, unter der
manch ein Medienpolitiker die Gebührenlegitimation schwinden sieht.

Die regionale Kompetenz gilt laut Medienforschung als ihre Hauptstärke:
71 Prozent bescheinigten sie den Dritten in einer Infratest-Befragung
des vergangenen Jahres.  Und auch der Ratgeber-Bereich erlebt dort eine
Blüte:  Alle acht leisten sich eine oder gar mehrere
Verbrauchersendungen; bis auf den ORB produzieren sie daneben auch
regionale Wirtschaftsmagazine.

Darunter sind neue Formate wie "Ohne Gewähr" vom Bayerischen Rundfunk,
ein mit der jüngsten Programmreform aus der Taufe gehobenes "Wie bitte?"
auf öffentlich-rechtlich.  "Infotainment", wie Redakteurin Marion
Gaedicke ohne Umschweife zugab.  Jede Sendung stellt drei Fälle vor, in
denen Zuschauer (meist aus dem BR-Sendegebiet) übervorteilt, nicht
korrekt bedient oder schlecht behandelt wurden.  

Ein Filmbeispiel aus der Sendung zeigte die Odyssee eines Koffers, der
mit dem Reisegepäck-Service der Post zum Flughafen gebracht werden
sollte und dort nicht ankam.  Im Sketch, der dem Film beigemengt war,
traten Postbeamte auf, die nichts mit dem Koffer anfangen konnten.
WDR-Redakteur Gabriel Heim fühlte sich angesichts der dick aufgetragenen
Beamtenmentalität an die klischeehafte Machart von "Wie bitte?" erinnert
und fragte nach dem Verbrauchernutzen der Sendung.

Den Nutzwert für den Verbraucher sollen die anschließenden
Studiogespräche mit Experten bieten, erklärte Gaedicke.  Die
Sketch-Spielszenen blieben "strikt an der Geschichte", anders als bei
RTL, wo die Originalgeschichte nur als Anlaß für erheiternde Szenen in
Minimaldekoration dient.  "Ohne Gewähr" firmiert als "Verbrauchershow",
also Unterhaltungssendung -- "einen anderen Anspruch haben wir nicht",
meinte die stellvertretende BR-Unterhaltungschefin Gaedicke, in deren
Ressort die alle vier Wochen ausgestrahlte Sendung hergestellt wird.

Eine andere Variante von "News you can use" zählte einst zum Kernbestand
der "Dritten".  Die allererste Gebührenerhöhung anno 1970 war seinerzeit
mit der politischen Forderung nach mehr Bildungsprogramm gekoppelt,
erinnerte SWF-Mann Ludwig Graf.  Heute dagegen gibt es Dritte, die gar
kein Schulfernsehen mehr ausstrahlen:  N3 hat es schon vor Jahren
abgeschafft, der MDR nach seiner Gründung gar nicht erst begonnen.
Ironischerweise, berichtete Heinz Deiters (WDR-Schulfernsehen), kommen
gerade aus dem MDR-Sendegebiet überdurchschnittlich viele Rückmeldungen
auf das dort via Satellit und Kabel zu sehende WDR-Programm.

Mit der kommenden Programmreform wandert das WDR-Schulfernsehen in die
Zeitschiene von 6.30 bis 8.00 Uhr am frühen Morgen.  Funktional sei
dagegen nicht einmal etwas einzuwenden, meinte Deiters:  Dem
Videorecorder ist es egal, um wieviel Uhr er anspringt.  Der WDR-Mann
hat daher auch gar nicht erst protestiert gegen die endgültige
Verbannung in die Randexistenz.

Bei allem zur Schau gestellten Pessimismus zeigte Deiters ein gleichwohl
ambitioniertes Projekt einer CD-ROM, die in Kooperation mit
Langenscheidt (Vertrieb) und Microsoft Network (Internet-Anbindung)
entsteht.  "Surfin' California" heißt das Werk, mit dem Schüler locker
und leicht Englisch lernen sollen.  Für die begleitenden Sendungen räumt
Deiters den Paradeplatz seines Ressorts am Samstag um 14 Uhr frei.

"Bildung und Markt zusammenbringen", so seine Devise.  "Anders wird es
nicht gehen."  Das politische Interesse am Bildungs-TV gehe gegen Null,
gleichzeitig finde eine Privatisierung der Bildung statt, "ob uns das
gefällt oder nicht", sprach er lakonisch.  Immerhin hat der WDR als
angeblich einzige Anstalt den Etat der Bildungsprogramme in den letzten
Jahren erkennbar erhöht.

Und neues Geld wird auch gebraucht, sollen die Möglichkeiten der neuen
Medien künftig genutzt werden.  Die Kombination aus den Begleitmedien
CD-ROM, Buch und Internet erlaube es, so Ludwig Graf, nicht mehr alles
in die Sendung packen zu müssen, die dadurch attraktiver gestaltet
werden kann.  Die Sendungen könnten den Schülern oder auch
Telekolleg-Teilnehmern Probleme stellen, die dann mit Hilfe des
Begleitmaterials zu lösen wären.

Ungelöst bleibt derweil die Frage, wie "Heimat" in den regionalen
Programmen angemessen zu repräsentieren wäre.  Der Münchner Regisseur Jo
Baier prangerte die "Stadl"-Inflation an als die "billigste Art,
Identifikation zu schaffen".  Mit Versatzstücken aus dem jeweils
regionalen Klischee-Fundus werde da gearbeitet und so das
öffentlich-rechtliche Spezifikum aufgegeben.  Während doch auch
Genauigkeit und Abbildung von Heimat mit intellektuellem Anspruch
funktioniere, wie für Baier die Reihe "Unter unserem Himmel" im
Bayerischen Fernsehen seit Jahrzehnten beweist.  Baier arbeitet gerade
für WDR, ORB, BR und SWF an einer Verfilmung der Romantrilogie "Der
Laden" von Erwin Strittmatter.

Heiner Backensfeld, in dessen N3-Spot der Norden ungebrochen und
postkartenfarbig daherkam, zog sich angesichts dieser Kritik auf die
Position dessen zurück, der regional-farbiges Geschehen in seinem
Sendegebiet nur abbildet, wiederspiegelt.  Existenzberechtigung bezieht
solches Programm für den NDR-Redakteur daraus, daß es standhält im
Wettbewerb.  Und tatsächlich legt N3 in der Zuschauergunst zur Zeit mit
großen Schritten zu.  

Ein "berechtigtes Bedürfnis zum Tümeln" wollte Justus Boehncke (SFB)
daher mit Bauchschmerzen dem Zuschauer und damit auch den Dritten
zugestehen.  Auch sein Berlin-Fernsehen schreckt schließlich nicht davor
zurück, ein Weihnachtslieder-Singen aus dem Friedrichstadt-Palast zu
übertragen.  Diese Art regional gefärbter Unterhaltung reüssiert in
allen acht Dritten, während andere Unterhaltungsformate oft chancenlos
bleiben.  Für den Medienkritiker Dietrich Leder folgen Phänomene wie
diese aus der "akzeptablen Doppelstrategie" der ARD, mit der
werbetechnisch notwendigen Verjüngung des Ersten die älteren Zuschauer
in den Dritten zu bedienen.  Diese Strategie hat, wie es scheint, einen
Vorteil:  sie geht auf.  (mr)


-- 
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