Medialist 7.96: Multikulti und Mammon Hgg. von Martin Recke MABB bildet Rücklagen für digitales Sendezentrum -- Zwei Mio. Mark aus 1995 an SFB und ORB -- SFB 4 Multikulti künftig nicht mehr aus MABB-Mitteln finanziert -- Auswahlentscheidung für türkisches Radio Der MABB-Medienrat hat am 29. November beschlossen, rund fünf Millionen Mark für die Beteiligung an einem regionalen Digital-Sendezentrum zurückzustellen. Diese Mittel stammen aus dem Überschuß des Jahres 1995, bestätigte MABB-Justitiarin Ingeborg Ludwig am 6. Dezember auf Anfrage. An die beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fließen außerdem insgesamt etwa zwei Millionen Mark zurück, die nach dem Gebührenschlüssel aufgeteilt werden. Der SFB erhält wie geplant ca. 1,2 Mio. Mark, der ORB bekommt rund 0,8 Millionen. Der SFB erhält diese Mittel für die Mitfinanzierung der Rundfunkorchester und Chöre GmbH (ROC). Für das vielsprachige Programm SFB 4 Multikulti, bislang ebenfalls teilweise aus MABB-Mitteln finanziert, hat die MABB keine Mittel mehr vorgesehen. Der Medienrat sei der Auffassung, dieses Programm sei Bestandteil der Grundversorgung und müßte aus Rundfunkgebühren finanziert werden, so Ingeborg Ludwig. Der Multikulti-Etat wird derzeit auch aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bestritten. Die MABB führt zur Zeit Fachgespräche mit den beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und mit den Kabelnetzbetreibern sowie der EMG, die ein digitales Sendezentrum für Berlin aufbaut. SFB-Fernsehdirektor Horst Schättle bemüht sich zur Zeit darum, einen der drei von der ARD geplanten Digital-Kanäle in Berlin anzusiedeln. Der bisherige ORB-Fernsehdirektor Michael Albrecht wird neuer ARD-Koordinator für das Digitalfernsehen. Es könnte sinnvoll sein, so Ludwig, das regionale Sendezentrum an diese Pläne "anzudocken", zumal SFB und ORB ohnehin eine Lösung für ihre regionalen Digitalfernseh-Pläne brauchen. Die MABB wolle dafür Mittel bereithalten, obwohl sie es im Prinzip vorziehe, an diesen Investitionen nicht beteiligt zu sein. SFB: Finanzierung von Multikulti fraglich Der SFB hat in seiner Finanzplanung für das Jahr 1997 derzeit 2,6 Millionen Mark aus MABB-Zuwendungen vorgesehen und will davon 1,3 Mio. für die ROC verwenden. SFB-Intendant Günther von Lojewksi hatte bislang die Fortführung von SFB 4 Multikulti davon abhängig gemacht, daß die bisherige Mischfinanzierung fortgesetzt wird. Der SFB-Programmausschuß wollte sich am 6. Dezember mit dieser Frage befassen. Am 5. Dezember war die Frage Thema der aktuellen Viertelstunde im Medienausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses. Der SFB ist der Auffassung, daß der Medienrat mit seiner Finanzentscheidung nicht konform zum Medienstaatsvertrag Berlin-Brandenburg gehe. Dies erklärte SFB-Sprecher Thomas Strätling am 6. Dezember auf epd-Anfrage. Der Medienstaatsvertrag sehe Rücklagen nur vor, "soweit dies für die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sei." Der Sender kritisiere vor allem das Verhältnis zwischen der Summe der Rücklagen und der an die beiden Anstalten zurückfließenden Mittel. MABB-Justitiarin verwies auf epd-Anfrage hingegen auf das Ende 1995 beschlossene Berliner Zustimmungsgesetz zur zweiten Rundfunkstaatsvertragsnovelle, in dem der MABB ausdrücklich zur Aufgabe gemacht wurde, Projekte neuer Verbreitungstechnik zu fördern. Der SFB würde auch auf diese Weise von den MABB-Mitteln profitieren, so Ludwig. Das SFB-Radio Multikulti muß seit dem Start mit einem sehr knappen Etat auskommen. Die Welle hat so gut wie keine festen Stellen und leidet an chronischem Personalmangel. Die überwiegende Zahl der Verträge gilt senderintern als "problematisch", Redakteure und selbst der Musikchef sind als freie Mitarbeiter beschäftigt. Nur durch das hohe Engagement der Mitarbeiter sei der Sendebetrieb aufrechtzuerhalten, bisherige Zusagen der Geschäftsleitung seien nicht eingehalten worden, heißt es. Obwohl die Welle sowohl intern als auch nach außen ein gutes "Image" genießt, gibt es noch immer keine Bestands- und Entwicklungsgarantie vom Sender Freies Berlin. Wellenchef Friedrich Voß hat inzwischen angedroht, ab Januar nicht mehr zur Verfügung zu stehen, wenn bis dahin nicht bereits gemachte Zusagen der Geschäftsleitung eingelöst würden. MABB-Justitiarin Ingeborg Ludwig vermutet, daß SFB-Chef Lojewski versuche, der Medienanstalt den "schwarzen Peter" zuzuschieben. Die MABB habe jedoch von Anfang an klargemacht, daß sie nur für die Startphase Mittel zur Verfügung stellen wolle. MABB: Türkisches Radio ausgewählt Der Medienrat beschloß am 29. November außerdem, die Markaria Handelsgesellschaft für ein türkischsprachiges Radioprogramm auf der Frequenz 94,8 MHz auszuwählen. 80 Prozent davon hält nach MABB-Angaben die türkische Rumeli-Holding, zu je zehn Prozent sind Herbert F. Schnaudt (zwischenzeitlich Geschäftsführer von Spreeradio) und Heinz-Werner Ehlgen aus Frankfurt als Gesellschafter beteiligt. Deren Einfluß soll dadurch sichergestellt werden, daß zentrale Entscheidungen im Gesellschafterkreis mit 90 Prozent der Stimmen getroffen werden müssen. Bis zu dieser Entscheidung war auch noch "Radio Istanbul" mit Beteiligung von Georg Bogner, Harald Albrecht und Zafer Ilgar in der Auswahl. Insgesamt hatten sich vier Gruppen um dieses Programm beworben (Kifu 36/96). (mr) -- The Medialist distributes various news about media topics. It's in German. Die Medienliste verbreitet diverse Medienmeldungen mit dem Schwerpunkt Berlin. Sie erscheint in den Newsgroups de.soc.medien, bln.medien und prenzlnet.medien sowie auf http://userpage.fu-berlin.de/~mr94/medialist/. Die Liste ist moderiert. Beitraege nimmt Martin Recke <mr94@prenzlnet.in-berlin.de> entgegen. Um die Medienliste per Mail zu beziehen, genuegt eine Mail an <medialist-request@prenzlnet.in-berlin.de> mit SUBSCRIBE im Body. HELP im Body schickt einen Hilfstext. Kommerzielle Weiterverwertung der Medienmeldungen ist generell nicht gestattet. Falls Sie dies dennoch beabsichtigen, wenden Sie sich bitte an Martin Recke <mr94@prenzlnet.in-berlin.de>. Nichtkommerzielle Weiterverbreitung der Medienliste ist nur komplett gestattet. Alle Rechte vorbehalten.