(epd) Der im Berliner Kabelnetz geplante Vorlaufversuch zur Einführung des digitalen Fernsehens verzögert sich weiterhin. Notwendige technische Vorbereitungen der Deutschen Telekom sind noch nicht abgeschlossen; nötige Vereinbarungen zwischen Telekom und den Anbietern noch nicht getroffen. Zudem fehlt es auch an kabeltauglichen Digitaldecodern. Sie werden erst im September oder Oktober zum Kauf oder per Leasing erhältlich sein. Vor diesem Hintergrund beschloß der Medienrat der MABB am 19. Juli, die für Digital-TV vorgesehen Kanäle im Berliner Kabelnetz zunächst befristet bis zum 30. September dieses Jahres an Kirch, Premiere, Multithématique und das ZDF zuzuweisen. Dies teilte die Medienanstalt am 22. Juli mit.
Die Kirch-Gruppe erhält demzufolge drei Übertragungskanäle für insgesamt 15 Spartenprogramme, darunter einen Informationskanal und das zeitversetzte Parallel-TV "Cinedom" (Near-Video-on-demand). Premiere kann ein zeitversetztes Programm auf drei Kanälen und ein "Pay-per-view"-Angebot verbreiten. Multithématique erhält die Zulassung für sechs Spartenprogramme; das ZDF für ein Ratgeber-Programm als Near-Video-on-demand-Angebot. Premiere, Multithématique und das ZDF bekomen dafür jeweils einen Übertragungskanal.
Bereits im April hatte der Medienrat für elf Programme, die im analogen Teil des Kabelnetzes keinen Platz mehr finden, die Zulassung zur digitalen Verbreitung erteilt, darunter BBC World, Super RTL, tm 3, VH-1 und VIVA 2 (Kifu 28/96). Die Vebacom/EMG will diese Programme auf drei Übertragungskanälen verbreiten. Über die Kanalbelegung ab 1. Oktober will der Medienrat am 13. September entscheiden. Die MABB hat potentielle Veranstalter aufgefordert, bis zum 6. September ihre Vorhaben zu konkretisieren.
Der Medienrat erwarte, hieß es in dem Beschluß, den Abschluß von Vereinbarungen zwischen Telekom und den Veranstaltern sowie der Vebacom, die bislang einziger Anbieter eines regionalen "Multiplexes" ist, also eines digitalen Sendezentrums. Begrüßt wurden Telekom-Überlegungen, für die technische Versuchsphase auf Entgelte zu verzichten. Unterdessen sollen nach MABB-Vorstellungen die "Finanzierungsbedingungen" für einen weiteren Ausbau der Kabelnetze geklärt werden. Gegen "transaktionsbezogene" Entgelte für Kabelbetreiber erhebt der Medienrat "keine Einwendungen", so der Beschluß wörtlich.
Die Vebacom hatte Abfang Juni beim Bundeskartellamt in Berlin Beschwerde gegen die Deutsche Telekom "wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens" eingereicht (Kifu 43/96). Daraufhin hatte die Telekom Ende vergangenen Monats der Vebacom einen Einspeisungvertrag zugestellt, in dem sie von der vorherigen Forderung abgerückt war, das Transcontrol-Verfahren einzusetzen (Kifu 50/96). Damit wäre die d-Box nicht für den Kabelempfang geeignet gewesen, sondern der Einsatz der Media-Box notwendig geworden, die von der MMBG verwendet wird. An der MMBG ist die Telekom beteiligt.
Die Telekom könne Kanalbenutzungsvereinbarungen von einer Mitwirkung an der Entwicklung und Erprobung des Verschlüsselungsverfahrens Simulcrypt abhängig machen. Dieses Verfahren schafft die Möglichkeit, die Daten für mehrere Verfahren der Zugangskontrolle mit den Programmdaten kombiniert zu übertragen. Sofern Veranstalter und Distributeure einen entsprechenden Datenaustausch vereinbaren, ist so mit jeder Box das gesamte Angebot zu empfangen. Dies ist derzeit weder mit der d-Box der Kirch-Gruppe noch mit der Media-Box der MMBG möglich. Die Belegung der Kabelkanäle ab 1. Oktober will der Medienrat davon abhängig machen, daß sich die Programmveranstalter an der Entwicklung technischer Lösungen und entsprechender Vereinbarungen beteiligen. (mr)