(epd) Das "Multimedia"-Gesetz des Bundes liegt nun auch in Form eines Referentenentwurfs vor. Das bereits um die Jahreswende von Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers angekündigte Gesetzesvorhaben (Kifu 1/96) firmiert inzwischen unter dem Titel "Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz" (IuKDG). Der Referentenentwurf, der das Datum vom 28. Juni trägt, war Grundlage des Bund-Länder-Treffens am 1. Juli, in dessen Rahmen sich Bund und Länder auf den gemeinsamen Grundsatz der "Zugangsfreiheit" für Multimediadienste verständigt hatten (Kifu 52/96).
Das Papier muß nun, hieß es aus dem Rüttgers-Ministerium, auf Arbeitsebene modifiziert werden, um die Abgrenzung der Zuständigkeiten umzusetzen. Dabei gelte der Grundsatz, daß die Länder für alle neuen Dienste zuständig seien, die sich an die Öffentlichkeit wendeten, während der Bund für alle übrigen Dienste die Zuständigkeit haben soll. Mit dem Gesetz sollen "einheitliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen" für "Informations und Kommunikationsdienste" - so die neue Sprachregelung - geschaffen werden, heisst es im Entwurf einer Begründung, der epd vorliegt. Einerseits gehe es dabei um die "Beseitigung von Hemmnissen für die freie Entfaltung der Marktkräfte", zum anderen sei es durch die technische Entwicklung erforderlich, vorhandene Bundesgesetze anzupassen.
Der Gesetzentwurf, der in einer der nächsten Kifu-Ausgaben dokumentiert wird, besteht aus insgesamt neun Artikeln, darunter ein medienpolitisch relevantes "Teledienstegesetz" (Artikel 1), ein "Signaturgesetz" (Artikel 2), das Rahmenbedingungen digitaler Unterschriften regelt, sowie eine Reihe von Gesetzesänderungen, unter anderem in den Bereichen Urheberrecht und Jugendschutz. Das "Teledienstegesetz" soll für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste gelten, die eine "individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bilder oder Töne ermöglichen und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrunde liegt", heißt es im Entwurf. Diese Formulierung dürfte nach der Bund-Länder-Runde nun präzisiert werden, um die Länderzuständigkeit für Bereiche wie Bezahlfernsehen, elektronische Presse und Fernseheinkauf klarzustellen.
Das Gesetz verzichtet ausdrücklich darauf, die Rahmenkompetenz des Bundes für die Presse (Art. 75 GG) in Anspruch zu nehmen. Wörtlich heißt es im Entwurf: "Teledienste sind frei. Sie bedürfen keiner besonderen Anmeldung oder Zulassung." Klargestellt wird auch die Frage, inwieweit Diensteanbieter für angebotene Inhalte verantworlich sind. Für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, sollen Diensteanbieter nur dann verantwortlich sein, "wenn sie von diese Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern". Wenn sie "lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln", wären Anbieter für fremde Inhalte nicht verantwortlich.
Die Regelungen des "Teledienstegesetzes" sollen nicht für die zugrundeliegende Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG) gelten. Das TKG definiert Telekommunikation als "technischen Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Nachrichten jeglicher Art in der Form von Zeichen, Sprache, Bildern oder Tönen mittels Telekommunikationsanlagen". Im Gegensatz zum umfangreichen und differenzierten Telekommunikationsgesetz besteht der Teledienste-Gesetzentwurf nur aus dreizehn Paragraphen.
Auch die Neufassung des Länderentwurfs für einen Mediendienste-Staatsvertrag (Stand 15. Mai 1996) enthält zum Teil erheblich differenzierte Regelungen. So wird dort zur Frage der Zugangsfreiheit festgestellt: "Ein Betreiber von Telekommunikationsnetzen für Mediendienste, der über eine marktbeherrschende Stellung nach § 22 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verfügt, hat Anbietern oder Vermittlern von Mediendiensten den Zugang zu den Netzen zu jeweils gleichen Bedingungen zu gewährleisten, soweit dies unter Berücksichtigung der Art des Mediendienstes und der schutzwürdigen Interessen des Betreibers möglich ist."
Zudem fordert der Länderentwurf für Berichterstattung und Informationsangebote die Einhaltung anerkannter journalistischer Grundsätze, der Sorgfaltpflicht und der Trennung von Kommentar und Berichterstattung. Er enthält Regelungen für Werbung und Gegendarstellungspflichten und -rechte. Ungeklärt ist im Länderentwurf noch, wieweit "Vermittler" von Mediendiensten eine Verantwortung tragen, wenn "die Einhaltung der Bestimmungen dieses Staatsvertrages durch den Anbieter" nicht gewährleistet ist.
Geplant ist nun, die beiden Entwürfe soweit zu synchronisieren, daß Passagen zum Teil wortgleich übereinstimmen, um einheitliche Regelungen zu erreichen, war aus dem BMBF zu erfahren. (mr)