Waren die Telephonate mit diesen vergleichsweise harmlosen Deppen relativ kurz und schnell vergessen, machte einer dieser Männer eine Ausnahme: weil er sich als weibliche Anruferin verstellte. Uns fiel schon auf, daß es sich hier nicht unbedingt um eine Frau mit tiefer Stimme handeln mußte, sondern durchaus auch um einen Mann mit etwas hellerer Stimme handeln konnte; und auch der Duktus erinnerte fern an den lesbischer kesser Väter. Wir hätten eigentlich sofort nachfragen müssen, ob wir es jetzt wirkllich mit einer Frau zu tun haben. Aber wir ließen es sein. Warum? Nach (gleich noch kurz zu erwähnenden) etwa 6 Anruferinnen und maßloser Enttäuschung erschien uns eine erkennbare intelligente Stimme plus der Tatsache, daß da noch jemand anruft (Wochen sind schon ins Land gegangen), so unwahrscheinlich, daß wir nur garnichts einwenden wollten, um dieses nun doch wieder aufblitzende nahe Glück zu verunmöglichen. Wir stellten Bedenken hintan, um der neu erweckten Lust auf ein baldiges Zusammentreffen nicht sofort wieder Skepsis unterzujubeln. Und tatsächlich: Es entfachte sich wieder soetwas wie eine in Lüste eingepackte Grundstimmung. Der Mann telephonierte zuerst mit meinem Freund, dann mit mir; Intimita wurden milde ausgetauscht, Vor- und Nachlieben erwähnt, Öffnungen beschrieben ... und ein Termin vereinbart. Wir wähnten uns endlich kurz vor dem richtigen Anfang unserer Wunschlust, leicht irritiert ob der Stimme, doch durch Geilheit ungerührt ignorant. - Eine Stunde später klingelte das Telephon: Die Frau, die ein Mann war, outete sich als ein Mann, der sich als Frau ausgegeben hat; es sei ein Spaß, er selbst sei einfach neugierig gewesen, bat dann um Entschuldigung und verabschiedete sich. Was wir jetzt in unserem Lustgemüt erlebten, war die Reinform eines Sich-Zusammenziehens; die exakte Umkehrung der Wendung vom Reichen des kleinen Fingers und die ganze Hand genommen Bekommens; war das Gefühl, den Kopf ganz vorsichtig um die Ecke zu strecken und dann plötzlich eins voll in Fresse zu bekommen. Kurz: Es war der Höhepunkt von Tiefpunkten, die wir bisher sammeln durften. Ich sehnte mir das urbane Landei herbei.