Das Thema: Urlaub & Krankheit

Wenn Zecken zu Vampiren werden...


?Mit dem Sommer naht auch die Zeckensaison. Wer von einer Zecke befallen wurde, gerät in Panik. Sind Zeckenbisse wirklich so gefährlich?

Prof. Peter Mitznegg: Bei Zecken ist Vorsicht geboten. Grundsätzlich sind zwei Krankheiten zu unterscheiden, die durch Zecken übertragen werden: die Borreliose, eine Infektionskrankheit, verursacht durch eine Bakterienart, und die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME genannt. Auslöser ist ein Virus, der Gehirn und Rückenmark der Betroffenen angreift. Panik macht die FSME. Da wird sicher ein bißchen übertrieben.

? Warum?

Die Gefahr, durch einen Zeckenbiß mit dem FSME-Virus infiziert zu werden, besteht nur in bestimmten Gebieten. In Deutschland zählen dazu vor allem Baden-Württemberg und Bayern. Weitere Endemie-Gebiete sind Österreich, die Schweiz, Ungarn, Slowenien, Tschechien, die baltischen Staaten, Schweden und Polen. Außerdem ist nur circa jede 500. Zecke von dem Virus befallen. In Berlin sind in den letzten zehn Jahren meines Wissens überhaupt keine FSME-Fälle aufgetreten. Neueste Untersuchungen in den neuen Bundesländern lassen darauf schließen, daß dort noch Naturherde des FSME-Virus bestehen. Das Risiko einer Infektion ist aber sehr gering.

? Wie sieht das Krankheitsbild von FSME aus?

Nicht jeder, der von einer infizierten Zecke gebissen wurde, erkrankt an der FSME. Bei zwei Dritteln der Infizierten wird der Körper mit dem Virus fertig. Nur bei dem restlichen Drittel kommt es zu ersten Krankheitserscheinungen. Die grippeähnlichen Beschwerden treten nach einer Inkubationszeit von einer bis drei Wochen auf und klingen dann wieder ab. Bei 10 bis 30% dieser Betroffenen kann es nach etwa zwei weiteren Wochen zu einer zweiten Krankheitsphase kommen: zu einer Hirnhaut- und Rückenmarksentzündung mit L³hmungserscheinungen, steifem Nacken oder Bewußtseinstörungen bis hin zu Atemversagen. In ganz wenigen Fällen endet die Krankheit tödlich.

? Kann man sich vor FSME schützen?

Für die Krankheit selber gibt es keine Therapie, weil es eine Virus-Erkrankung ist. Aber man kann sich durch Impfungen schützen. Vorbeugend wird im Laufe eines Jahres dreimal geimpft. Dies ist auch als Schnellimpfung innerhalb von drei Wochen mäglich. Der Impfschutz ist dauerhaft, wenn man die Impfung auffrischt. Wer in einem Endemiegebiet von einer Zecke gebissen wurde, sollte sich bis zu maximal vier Tagen danach Antikörper spritzen lassen. Der Schutz vor FSME setzt sofort ein, wirkt aber nur wenige Wochen. Die Kosten für eine Impfung übernimmt die Krankenkasse, aber nur bei Reisezielen im Inland.

? Treten bei den Impfungen Nebenwirkungen auf?

Diese Impfung hat natürlich auch Nebenwirkungen, wie lokale Rötungen, Schwellungen, Allgemeinreaktionen in Form von Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen und Fieber, in seltenen Fällen Nervenentzündungen. Sie werden aber meines Wissens ein bißchen überschätzt. Das Risiko einer schweren Gesundheitsschädigung nach einer Schutzimpfung beträgt laut Aussagen der Experten eins zu einer Million. Speziell für Kinder, die häufiger an den Nebenwirkungen leiden, gibt es einen niedriger dosierten Impfstoff.

? Gibt es auch gegen Borreliose die Mäglichkeit einer Schutzimfpung?

Im Gegensatz zu FSME gibt es gegen die Borreliose derzeit noch keinen Impfstoff. Dafür läßt sich das Borreliose-Bakterium mit Antibiotika behandeln. Die Krankheit beginnt zunächst auch mit grippeähnlichen Symptomen. Nach 14 Tagen treten Gelenkschwellungen und Gelenkschmerzen auf. Charakteristisch ist die 'wandelnde Rötung', ein roter Ring um die Bißstelle, der sich nach einigen Tagen ausbreitet. Die Borreliose ist nicht an bestimmte Endemiegebiete gebunden, sondern in ganz Deutschland verbreitet.

? Empfehlen Sie Urlaubern, die in ein Endemiegebiet reisen wollen, sich impfen zu lassen?

Das kommt darauf an, was man dort machen möchte. Wer sich in der freien Natur aufhalten wird, wandert und in den Wald geht oder Camping-Urlaub macht, der sollte sich impfen lassen. Wer Stadturlaub plant, braucht keinen Impfschutz. Feste Schuhe und lange Hosen sind immer ein guter Schutz vor Zeckenbefall. Im übrigen gibt es im Bergland oberhalb von 900 m gibt es keine Zecken mit dem FSME-Virus mehr. Es ist dort zu kalt.

? Was tun, wenn sich eine Zecke am Kärper fest gebissen hat ? Auf jeden Fall sofort entfernen. Schon wegen der Borrelien-Infektion. Je länger die Zecke saugt, desto häher ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Infektion auftritt.

? Und wie?

Keinesfalls sollte man die Zecke mit Öl oder Klebstoff beträufeln. Denn beim Ersticken sondert sie noch Speichel ab und kann die Infektion übertragen. Man muß statt dessen das Tierchen lösen, am besten mit einer Pinzette oder einer speziellen Zeckenzange und zwar so, daß der Kopf nicht abreißt und in der Haut stecken bleibt. Entzündet sich die Stelle um den Zeckenbiß, sollte man einen Arzt aufsuchen.

? Wie finden die Zecken ihre Opfer?

Daß sich die Zecken von den Bäumen auf Mensch und Tier fallen lassen, ist ein Ammenmärchen. Die stecknadelgroßen Insekten halten sich bevorzugt im Gebüsch, in Sträuchern und im hohem Gras auf. Wer da durch- und vorbeigeht, streift sie ab. Dann wandern sie am Körper entlang und suchen sich warme Stellen, wie Hautfalten oder Achselhöhlen, und werden zu Vampiren.

Interview: Claudia Bohm


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