Internationales Dermatologie-Symposium

Mehr Transparenz in der Talgdrüse


Weltweit ist die Akne die "Hautkrankheit Nr. 1": Mehr als 90 Prozent aller Jungen und ueber 80 Prozent aller Mädchen leiden an dieser Plage, 10 Prozent von ihnen ueber das 26. Lebensjahr hinaus (Spätakne). Denn die zahllosen Aknepräparate bieten keinen durchschlagenden Erfolg oder sind risikobehaftet. Die Hautklinik des UKBF organisierte in Berlin vom 11. - 13. April 1997 das 4. Internationale Dermatologie-Symposium. Im Zentrum des Kongresses standen die Themen "Talgdruese, Akne und assoziierte Erkrankungen".

Sylvia Zacharias sprach mit Privatdozent Dr. Christos Zouboulis.

? 320 Hautforscher aus 37 Ländern kamen zu diesem Kongreß ins Klinikum. Was ist der Anlaß fuer diese Mammutveranstaltung über die kleinen Pickel?

Nach vierzig Jahren Stillstand ist wieder in Bewegung in die Akneforschung gekommen. Darum war jetzt - erstmals seit 1957 - ein internationaler dermatologischer Kongress dazu fällig.

? Wie kam die Hautklinik des UKBF in die Rolle des Gastgebers?

Die Ursache des Stillstands lag in der Beschränkung der Forschung auf Tiermodelle. Die Ergebnisse waren nicht auf den Menschen uebertragbar. Neuen Auftrieb brachte erst das von uns 1989 entwickelte humane Talgdruesen-Zellkulturmodell. Es ermöglicht nunmehr, das Verhalten der menschlichen Talgdruesenzellen in-vitro, also im Reagenzglas zu studieren.

? Warum läßt die Akne sich an tierischen Talgdruesen nicht studieren?

Akne ist eine Hautkrankheit, die ausschließlich Menschen betrifft. Nur die Talgdruesen des Menschen, vor allem im Bereich des Gesichts, der Brust oder des Rueckens sind der Gefahr von Läsionen ausgesetzt, also der Bildung von Pickeln. Dabei besteht die einzelne Talgdruese aus Zellansammlungen in der Form eines Blumenkohls, die in ein Häarchen muenden. In der gesunden Druese wird das angesammelte Fett auf die Hautoberfläche geleitet, wo es zur Temperaturregelung und zum Schutze der Haut dient.

? Akne tritt mit Vorliebe in der Pubertät auf, mit welchem Hintergrund?

Während der hormonellen Umstellung kommt es zur Umwandlung von weiblichen in männliche Hormone (Androgene) auf dem Wege der sogenannten Aromatisierung. Hieran knuepft sich die Beobachtung, daß uebergewichtige Mädchen häufiger an Akne erkranken als duenne. Auch eine erhöhte Aufnahmebereitschaft der im Blut gelösten Androgene durch die Rezeptoren der Talgdruesenzellen kann die Ursache fuer eine Akne sein.
Erbfaktoren sind ebenfalls im Spiel: wenn beide Eltern Akne hatten, erkranken 66 von 100 Kindern an Akne.

? Mit welchen neuen Erkenntnissen präsentierte sich Ihre Gruppe auf dem Kongreß? Haben Sie mehr Transparenz in die Talgdruese bringen können?

Wir untersuchten den Einfluß von Substanzen auf die verschiedenen Entwicklungs- und Krankheitsprozesse in der Talgdruese in vitro - wie z.B. auf das Wachstum der Druese, auf eine erhöhte Fettproduktion und auf Entzuendungsprozesse. Unter anderen ging es dabei um die Effekte von androgenen Hormonen und das Vorhandensein von Enzymen fuer ihre Verstoffwechselung und um die Wirksamkeit der Retinoide, das sind Abkömmlinge des Vitamin-A - die Basis vieler Aknepräparate. Wir konnten also detaillierteres Wissen ueber die Talgdruesenzelle vorstellen. Darueber hinaus stellten wir unsere Therapieerfahrungen bei den diversen Arten der Akne zur Diskussion.

? Zu welchen konkreten Arbeitsergebnissen ist die Tagung gekommen? Was ist wichtig fuer die Aknepatienten?

Die Rolle von Bakterien bei der Akne wurde heruntergestuft. Entsprechend wertete die Tagung die Therapie mit Antibiotika ab und empfiehlt den Hautärzten, Antibiotika-Salben ueberhaupt nicht mehr, Tabletten nur noch äußerst sparsam zu verordnen. Es wurden auch einige neue, gezielter wirkendere Präparategruppen vorgestellt.

? Was sind die Forschungsperspektiven bis zum nächsten Kongreß?

Die Teilnehmer haben sich ein fuer allemal von der Forschung an Tiermodellen verabschiedet. Eine internationale Arbeitsgruppe, in der wir die Europäer mitvertreten, wurde gegruendet. Wir wurden ermuntert, unsere Suche nach einem optimalen Aknemittel fortzusetzen und unsere Theorie zur Immunologie weiter auszubauen: Wir zeigten nämlich, daß die Talgdruesen selbst imstande sind, entzuendungsauslösende Faktoren produzieren.


Ihre Meinung:



[vorherige [Inhalt] [nächste