Symposium Wissenschaftswoche: Vom Gen zur Therapie

Neuer therapeutischer Ansatz für Herz-Kreislauf-Krankheiten


Erkrankungen des Herzens und der Gefäße sind nach wie vor die Todesursache Nr. 1 in Deutschland trotz zahlreicher Möglichkeiten der therapeutischen Intervention, wie durch Arzneimittel. Um hier neue therapeutische Ansätze zu finden, befaßt sich unsere Arbeitsgruppe mit der Etablierung von Methoden, die es erlaubt, Gene in der Gefäßwand, zum Beispiel von Herzkranzgefäßen verändert zu exprimieren.

Wir kennen heute mehrere sogenannte Kandidatengene, von denen wir annehmen, daß sie eine wichtige Rolle für Herz-Kreislauf-Krankheiten spielen. Hierzu zählen die Gene für Endothelin und für die Stickstoffoxid-Synthasen. Während Endothelin die Gefäße verengt, und somit einen möglicherweise schädlichen Einfluß bei Erkrankungen der Herzkranzgefäße ausübt, führen die Stickstoffoxidsynthasen zu einer Erweiterung des Gefäßdurchmessers und könnten so die Durchblutung von Gefäßen verbessern.

Zur Testung dieser Hypothesen haben wir Genkonstrukte für diese Substanzen hergestellt, die wir durch Gentransfer in die Gefäßwand einbringen. Hierzu benutzen wir sogenannte Liposomen als Träger der Geninformation. Gemische aus DNA (Desoxyribonukleinsäure - der Träger der Erbinformation, in diesem Fall der Kandidatengensequenz) und Liposomen wurden mit Gefäßzellen inkubiert, und es konnte gezeigt werden, daß diese die DNA aufnehmen. Im Falle des Endothelins konnten wir weiterhin zeigen, daß mit diesem Ansatz die Zellen nach dieser Manipulation vermehrte Mengen dieser gefäßverengenden Substanz produzieren.

In weiteren experimentellen Ansätzen konnten wir in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von E. Nabel in Ann Arbor/USA auch nachweisen, daß die Methodik des Gentransfers mit obengenannten Methoden auch im Tiermodell des Schweins effizient ist. Hier wurde mit einem speziellen Katheter das Endothelingen in die Gefäßwand einer Beinarterie appliziert, und es konnten spezifische, lokale Veränderungen nachgewiesen werden.

In weiteren Experimenten wird jetzt versucht, den negativen Einfluß des Endothelins zu modulieren. Hierzu ist auch die Transfektion des "Gegenspielers" von Endothelin, nämlich einer Stickstoffoxidsynthase, geplant.

Zur Zeit steht in unserer Arbeitsgruppe vor allem die Verbesserung der Applikationsmethoden der Gene im Vordergrund. Es mag manchem visionär erscheinen, ähnliche Manipulationen auch beim Menschen vorzunehmen. Die Aktualität solcher Untersuchungen ist allerdings unbestritten. In den USA hat der erste Einsatz ähnlicher Gentransfer-Verfahren beim Menschen, dort für die Behandlung von Durchblutungsstörungen in den Beinen, vor kurzem begonnen.

Martin Paul

Professor Dr. med. Martin Paul ist Hochschullehrer am Institut für Pharmakologie


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