Fokus Ohroperation

Mit angelegten Ohren in die Schule?


"Ein Mann klebte sich immer einen Kaugummi hinters Ohr," erzählt er, andere wickelten sich abends elastische Binden um den Kopf - umsonst. Sedlmaier schätzt, daß 95 Prozent der Patienten, die sich in der plastischen Sprechstunde des UKBF einfinden, um ihre Ohren operativ anlegen zu lassen, im Vorschulalter sind. Meist werden sie von niedergelassenen Ärzten in die Sprechstunde geschickt, um das Problem noch vor dem Eintritt ins Schulalter beheben zu lassen. "In der Schule sind die Kinder viel exponierter als zu Hause und möglicherweise Hänseleien ausgesetzt. Das wollen wir mit einer Operation im Vorschulalter vermeiden," sagt Sedlmaier. Über den sozialen Druck hinaus haben abstehende Ohren keine "Nebenwirkungen": Geräusche werden nicht anders wahrgenommen als von Menschen mit anliegenden Ohren.
Im fünften oder sechsten Lebensjahr ist das Wachstum des Ohres zwar noch nicht ganz abgeschlossen, aber es ist schon groß genug, um operiert zu werden. Bislang übernehmen die Krankenkassen diese Korrekturen im Kindesalter. Entschließt man sich erst als Erwachsener dazu, so verlangen die Kassen meist ärztliche Gutachten, bevor sie entscheiden, ob sie die Kosten übernehmen.
Bei der Operation, die bei Kindern in Vollnarkose, bei Erwachsenen meist in Lokalanästhesie durchgeführt wird, macht der Operateur einen Schnitt an der Rückseite der Ohrmuschel und klappt die Haut auf. Danach wird der Knorpel von seiner Unterlage gelöst und ein Weichteilpolster entfernt, das sich zwischen Knorpel und Knochen befindet. Das Ohr liegt damit schon etwas näher am Kopf an. Zusätzlich wird der Knorpel geritzt und mit dünnen Fäden versehen, die vom Rand des Ohres bis zum Beginn des Gehörganges reichen. Diese Fäden sind von außen nicht sichtbar und sollen dafür sorgen, die fehlende Anthelix-Falte, also die mittlere Falte der Ohrmuschel, auszubilden. "Diese Operation ist wie Brot und Butter, also Routine," sagt Sedlmaier. Um das Ergebnis sicherzustellen, tragen die Patienten zehn Tage lang einen Stärkeverband. Die meisten Kinder tragen ihren "Turban" in dieser Zeit ohne Murren und verzieren ihn bisweilen mit phantasievollen Malereien. Die Nachsorge in der plastischen Sprechstunde dauert bis zu einem Jahr, denn in dieser Zeit kann es noch zu Formveränderungen kommen, da der Knorpel die Tendenz hat, das Ohr wieder etwas abstehen zu lassen. "Deshalb korrigieren wir etwas über das erforderliche Maß hinaus, um letztendlich das gewünschte Ergebnis zu erhalten," erläutert Sedlmaier. Nennenswerte Risiken birgt diese Operation nicht, im schlimmsten Fall stellt sich das Ohr durch die Eigenspannung des Knorpels wieder auf, was nach Angaben Sedlmaiers jedoch äußerst selten passiert. In den ersten sechs Wochen empfiehlt er seinen Patienten, die Ohren nachts zu wickeln, da erst nach dieser Zeit die Wundheilung abgeschlossen und das Ergebnis fixiert ist.
Weitere Schwerpunkte der plastischen Sprechstunde, die jeden Donnerstag von 8 bis 14 Uhr stattfindet, sind plastische und rekonstruktive chirurgische Eingriffe im Gesicht, vor allem an der Nase, der Luftröhre und dem Kehlkopf. Außerdem geht es um die chirurgische Versorgung des gelähmten Gesichts. Diese Operationen kommen meist Tumor-Patienten oder Unfallopfern zugute und sollen die ursprünglichen Funktionen der Organe wiederherstellen. Geleitet wird die plastische Sprechstunde von Priv. Doz. Dr. Sergije Jovanovic, dem leitenden Oberarzt der HNO-Klinik.

Marion Knappe

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