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FU-N 3-4/2000 Mitarbeiter Auch die FU kämpft gegen Korruption |
Auch die FU kämpft gegen Korruption
Die Arbeitsgruppe Innenrevision, zu der der Korruptionsbeauftragte gehört, ist in der Haushaltsabteilung angesiedelt - der Arbeitsplatz in der Bolzmannstraße Foto: Dahl Bis vor wenigen Jahren war das Thema "Korruption" hier zu Lande kein Bestandteil der öffentlichen Diskussion. Erst in letzter Zeit haben verschiedene Korruptionsskandale auch in Berlin zu einem Sensibilisierungsprozess sowohl in der Bevölkerung als auch bei den betroffenen Behörden geführt. So war es nur folgerichtig, dass im Juli 1995 vom Senat von Berlin eine Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe eingesetzt wurde. Die hier entwickelten Richtlinien zur Korruptionsprävention sind auch allen Einrichtungen der Freien Universität Berlin mit einem Rundschreiben (V 10/96) zur Kenntnis gegeben worden. Auch einen Beauftragten für die Korruptionsbekämpfung gibt es an der FU: Arne Klemz ist seit November 1999 in dieser Funktion tätig und stellt für die FU-Nachrichten sein Arbeitsgebiet vor. "Keine Festungsmauer kann hoch genug sein, als dass sie ein mit Gold beladener Esel nicht besteigen könnte." Schon in der griechischen Antike war bekannt, dass fast jeder käuflich ist. Alles nur eine Frage des Preises. Anders als die "harten" Delikte wie Mord oder Raub bewegen sich Tatbestände wie Steuerhinterziehung oder Korruption in der Beurteilung mitunter in einer Grauzone zwischen Verbrechen und Kavaliersdelikt. Das machen doch alle, heißt es und tatsächlich: es machen auch alle. Auch die Freie Universität kann nicht als korruptionsfreier Raum angesehen werden. Es wird beschafft, es werden Dienstreisen gemacht, es wird Personal beschäftigt, es geht zu wie in jeder anderen Behörde auch. Bei einem Auftragsvolumen von allein 10,6 Mio. DM im Baubereich, von 11,5 Mio. DM bei Investitionsmaßnahmen sowie 20 Mio. DM an Sachmitteln für die Fachbereiche ist es schon möglich, dass die eine oder andere Firma mit nicht legalen Mitteln einen Teil vom Kuchen ergattern möchte. Es gibt keinen Bereich, in dem Bestellungen und Aufträge vergeben werden, der nicht potenziell gefährdet ist. In konkreten Verdachtsfällen werden Untersuchungen durchgeführt, sei es aufgrund von Vermutungen Einzelner oder sei es im Zuge der regulären Innenrevision.
Was ist Korruption?
Es ist nicht leicht, für den Tatbestand Korruption eine allgemein verbindliche Definition zu finden, da unter Korruption sowohl Dienstpflichtverletzungen und Straftaten als auch ethisch moralisch verwerfliche Praktiken zu verstehen sind. Zur Eingrenzung hat sich eine Arbeitsdefinition durchgesetzt, die folgende Kriterien vorgibt:
und zwar
Die mit Strafe bedrohten Korruptionshandlungen finden sich u.a. im Strafgesetzbuch (§ 331 Vorteilsnahme, § 332 Bestechlichkeit, § 333 Vorteilsgewährung, § 334 Bestechung) und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Korruption lässt sich unterscheiden in situative Korruption (der Hundertmarkschein im Führerschein bei der Kontrolle) und geplante oder strukturelle Korruption (Zusammenwirken auf unbestimmte Zeit oder auf Dauer, konkrete bzw. geistige Vorbereitungshandlungen schließen Spontaneität der Handlung grundsätzlich aus). Die "Vorteile" für die Geber sind z. B. behördliche Erlaubnisse, etwa durch Bestechung von Fahrprüfern, Erhalten von Aufenthalts-/Arbeitserlaubnissen oder in der Bezahlung fingierter Rechnungen für Waren und Dienstleistungen, die nicht erbracht wurden. Im Wesentlichen dient Korruption aber dem Erlangen von Aufträgen und von Wettbewerbsvorteilen. Und betroffen sind nicht nur die Baubehörden. Größere Korruptionsfälle gab es vor Jahren auch in der Kraftfahrzeugzulassungsstelle oder in den Gesundheitsbehörden der Herzklappenskandal machte seinerzeit Schlagzeilen. Entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil sind die "Nehmer" nicht überwiegend bei den Vorgesetzten zu finden, "Ansprechpartner" für die Geber sind in der Regel Sachbearbeiter/innen, die Vorgänge bis zur Entscheidungsreife vorbereiten. Grundsätzlich ergibt sich eine Gefährdung immer dort, wo beträchtliche Haushaltsmittel für Vergaben der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen oder Außenkontakte existieren. Der Schaden, der durch Korruption entsteht, ist zunächst nicht unbedingt erkennbar, manifestiert sich aber spätestens dann, wenn eine Firma glaubt, aufgrund von Korruption nicht zum Zuge gekommen zu sein und Schadensersatz fordert (§ 107, Abs. 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) vom Ansehensverlust der Einrichtung in der Öffentlichkeit einmal abgesehen. Was tut man gegen Korruption?
Zu den Empfehlungen der Senatsarbeitsgruppe zählen u.a. die Einrichtung von Innenrevisionen mit besonderer Prüfkompetenz, ein Verbot der Annahme von Vorteilen oder Geschenken sowie eine regelmäßige Personalrotation in besonders gefährdeten Bereichen. Letzteres ist sinnvoll, weil die Anzahl der "Korruptionsnehmer" ab einer Beschäftigungsdauer von fünf Jahren deutlich ansteigt. Weitere Empfehlung: die Erstellung eines Gefährdungsatlas. In so einer Übersicht wird mit Hilfe einer Fragebogenaktion die Korruptionstopografie einer Behörde erfasst; je nach Gefährdungsgrad einer Dienststelle werden Prioritätsstufen von 1 bis 4 vergeben. An der FU werden die Fragebögen in Kürze versendet. Noch im Laufe des Jahres 2000 wird der Gefährdungsatlas erstellt. Aber auch Vorbeugung ist notwendig. Korruptionsprävention dürfte sich als besonders wirksam herausstellen, wenn sie zweigleisig betrieben wird. Einerseits und eher kurzfristig durch innerbehördliche Vorbeugungsmaßnahmen, andererseits längerfristig nur durch eine gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung: Tut man eben nicht.
Telefon 838-53206, Fachpost: AG Innenrevision - A 3. Dort werden auch Verdachtsfälle entgegengenommen (in verschlossenem Umschlag mit dem Hinweis "vertraulich-verschlossen"). |
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