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Die Firma FU und ihre Azubis


Ausbildungsideal

VON SUSANNE WEISS

Die Universität bildet junge Menschen aus: zu Juristen, zu Physikerinnen, zu Universitätsverwaltungsinspektorenanwärtern, zu Biologen, zu Religionswissenschaftlerinnen, zu Industriemechanikerinnen, zu Indologen, zu Verwaltungsfachangestellten, zu Literaturwissenschaftlern, zu Volkswirten und zu Pferdewirten.

Runder Tisch: Der neue Ausbildungsjahrgang in den FU-Bibliotheken. Ob sie ihr Leben als "Famis" in einer wissenschaftlichen Bibliothek verbringen wollen, wissen sie noch nicht. "Man könnte ja auch noch studieren”.

Foto: Dahl

An der Freien Universität gibt es nämlich nicht nur 80 Studiengänge für rund 43.000 Studierende, sondern seit 1976 auch elf Ausbildungsberufe für derzeit 136 Auszubildende (ohne die Krankenpflegeberufe).

"Ich bin so froh, dass ich an der Uni gelandet bin", freut sich Gilda Langkau, Verwaltungsfachangestellte in spe. Die Uni ist anders als die "normale" Verwaltung. "Es gibt so viel Verschiedenes, der Umgang ist offener" – verglichen mit dem, was die Berufsschulkollegen aus den "richtigen" Behörden erzählen. Und natürlich ist der Campus schöner als ein Amt mit 150 Meter langen Fluren, halbdunkel, Linoleum, Türen links und rechts, alle zu.


Die Uni ist anders


So wie dort, wo Lothar Fahrenkrog-Petersen gelernt hat. Er ist seit 1993 Ausbildungsleiter der FU ("mein Traumjob"), sichtet zunächst die Masse der Bewerbungen - 2500 bis 3000 jährlich - und gibt sie zur weiteren Begutachtung an die jeweiligen Ausbildungsbeauftragten. Er selbst kümmert sich um die Verwaltungs-Azubis, die er nacheinander in die Abteilungen I und II, die Fachbereichsverwaltungen, das Immatrikulations- oder Zulassungsbüro schickt.

Biblio: Nadin macht Auskunft in der bibliographischen Information

Foto: Dahl

Die "Hochschulreife" für die Azubis ist die 10. Klasse – ohnehin Minimum im Land Berlin, Realschulabschluss ist besser, es bewerben sich aber auch Abiturienten. "Es verschiebt sich alles nach oben", weiß Fahrenkrog-Petersen. Das ist nicht überall so.

"Wir nehmen keine Abiturienten, um den Realschülern die ohnehin spärlichen Chancen nicht zu verbauen", sagt dagegen Klaus Molkenthin, Industriemechanikermeister, der junge Leute nach IHK-Richtlinien in der Fachrichtung Geräte- und Feinwerktechnik ausbildet. Übrigens, gesetzlich vorgeschrieben, genauso viele junge Frauen wie Männer, obwohl sehr viel mehr männliche Bewerbungen eingehen. Probleme mit Mädchen im "Männerberuf"? "Das war einmal", sagt Molkenthin, der seit 20 Jahren dabei ist, "das regeln die Mädchen schon." Universitäts-Industriemechaniker bauen und reparieren Apparate für Forschung und Lehre, ("da geht es um 1000stel Millimeter") vorwiegend für den Fachbereich Physik, wo auch die Ausbildungswerkstatt untergebracht ist. In den zwei Betriebsdurchläufen während der 3 1/2-jährigen Ausbildung lernen sie aber auch andere Bereiche der Uni kennen. In den anderen Berufen dauert die Ausbildung 3 Jahre, nach 18 Monaten wird die Zwischenprüfung abgelegt.

Auch Steffi Kultus ist "heilfroh" an der FU zu sein. Steffi ist ein "Fami" im zweiten Ausbildungsjahr, d.h. sie wird an der Universitätsbibliothek zur "Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste/Fachrichtung Bibliothek" ausgebildet, ein Berufsbild, das es so erst seit dem 1.8.1998 gibt (früher etwa: Bibliotheksassistent/in). Die Ausbildung ist so modern wie das Bibliothekssystem der FU, der Umgang mit neuen Medien wird ebenso selbstverständlich gelehrt wie der Dienst in der Leihstelle. Früher war das ein typischer Frauenberuf, doch seit das Berufsbild sich geändert hat, bewerben sich auch junge Männer verstärkt, so Petra Strunk, zentrale Ausbildungsbeauftragte in der UB.

Im neuen Ausbildungsjahrgang – das Ausbildungsjahr beginnt jeweils am 1.September – gibt es vier Mädchen und zwei Jungen; vier der Azubis beginnen ihr Berufsleben in der Universitätsbibliothek, zwei in Fachbibliotheken – am OSI bzw. am Kunsthistorischen Institut. Auch hier gilt, dass sie möglichst an alle Bereiche herangeführt werden, damit eine breit gefächerte Ausbildung gewährleistet ist. Nach der Zwischenprüfung gibt es deshalb außerdem ein 16wöchiges Praktikum in einer öffentlichen Bibliothek (seltener in einem Archiv oder einer Bildagentur). Aber für Steffi ist klar, dass die Uni ihr mehr zu bieten hat als andere Ausbildungseinrichtungen. Ihre Berufsschulkolleg/innen müssen "sehr viel nachholen, was wir in der täglichen Praxis lernen."


Vielfalt erfreut


Ganz generell gilt für die Firma FU dasselbe wie für die Universität FU: Die Ausbildung ist besser, weil das Angebot größer ist. Was fehlt, wird durch die Verbundausbildung kompensiert, ein Konzept, das – als Neuerung gefeiert – an der FU schon lang etabliert ist. "Das machen wir schon immer so", betont Fahrenkrog-Petersen. In manchen Berufen teilen sich die TU und FU die Grundausbildung, auch außeruniversitäre Einrichtungen sind beteiligt.

Die Gärtner, die im Fachbereich Biologie und im Botanischen Garten ausgebildet werden, werden zu privaten Firmen geschickt, denn laut Ausbildungsordnung müssen sie auch verkaufen lernen, im Fachbereich gibt’s dazu wenig Gelegenheit. "Und nett dekorieren müssen sie da auch nicht", weiß der Ausbildungsleiter.

Auch die drei Zöglinge von Sabine Heckert werden für einige Zeit in die "Privatwirtschaft" gehen, um ihre Ausbildung zu vervollständigen. Die Tierpflegemeisterin, die seit elf Jahren in der Pferdeklinik arbeitet, bildet den ersten Jahrgang eines an der FU neuen Berufs aus: den Pferdewirt. Für etwa ein Dreivierteljahr werden die angehenden Pferdewirte die Uni verlassen, um ihre Ausbildung in einem Gestüt zu erweitern. An der FU-Pferdeklinik, die dafür besonders gut geeignet ist, wird die Fachrichtung Zucht und Haltung gelehrt. Aber das ist nicht der ganze Beruf: Der Mann im Sulky ist in der Regel auch ein Pferdewirt.

Jugend- und Auszubildendenvertretung
Derzeit gründet sich eine neue Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) an der FU. Die JAV kümmert sich um die Belange der Azubis und ist Ansprechpartnerin bei allen Problemen. Die ersten Wahlen sind am 1. und 2. November 1999.
Kontakt: Gilda Langkau, Telefon 838-2754.

Ausbildungsberufe an der Freien Universität:


  • Fachangestellte/r für Bürokommunikation
  • Universitätsverwaltungsinspektorenanwärter/in
  • Verwaltungsfachangestellte/r
  • Fotograf/in
  • Chemielaborant/in
  • Industriemechaniker/in - Fachrichtung Geräte- und Feinwerktechnik
  • Elektroinstallateur/in
  • Gärtner/in
  • Tierpfleger/in
  • Pferdewirt/in
  • Fachangestellte/r für Medien- und Informationsdienste - Fachrichtung Bibliothek