Die Qualität von Ausbildung und Forschung verbessern
Zur Zukunft der Universität
Auch gegen die aktuelle Sparpolitik des Berliner Senats gerichtete Protestaktionen können nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich das deutsche Hochschulsystem bereits seit Jahren in einer hausgemachten Struktur- und Identitätskris
e befindet, die durch die - auf absehbare Zeit kaum zu behebende- Notlage der öffentlichen Haushalte noch weiter verschärft werden wird.
Die Symptome für die Krise der Hochschulen sind hinlänglich bekannt: Hohe Abbrecherquoten, überlange Studienzeiten, der oftmals fehlende Praxisbezug und die mangelnde Attraktivität der Universitäten für Studierende aus dem Au
sland werfen die Frage auf, wie lange wir uns die Hochschulen in ihrer
jetzigen Form noch werden leisten können.
"Wie
lange werden wir uns die Hochschulen in ihrer jet
zigen Form noch leisten können?"
Andererseits ist unbestritten, daß gerade ein Hochlohnland wie die Bundesrepublik mit seinen Ressourcen Wissen, Bildung und Forschung sehr überlegt umgehen muß. Sollten wir uns -wie zu vermuten ist - auf dem Weg in eine Gesellschaft wissensintensiver Dienstleistungen befinden, verfügen wir mit unserer wissenschaftlichen Infrastruktur über einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, der auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel nicht aufs Spiel gesetzt werden darf.
Über die Notwendigkeit einer umfassenden Reform des Hochschulsystems hin zu mehr Effizienz und Wettbewerb besteht fraglos ein breiter gesellschaftlicher Konsens. Daß dies schnell geschehen muß, liegt auch auf der Hand. Bei dem Wie scheiden sich dann allerdings die Geister.
"Braucht die
Gruppenuniversität klare Vorgaben und Weisungen des Staates?"
Können sich die Universitäten aus sich selbst heraus reformieren? Oder braucht die Gruppenuniversität klare Vorgaben und Weisungen des Staates? Lassen die unter dem Spardruck sich verstärkenden Interessengegensätze zwischen Staat
und Hochschulen gemeinsame Problemlösungen überhaupt zu? Genügt eine Politik der kleinen Schritte oder hilft nur eine grundlegende Strukturreform? Ist die Humboldtsche Vorstellung der Einheit von Forschung und Lehre eine noch immer pragmati
sche Lösung, oder handelt es sich dabei um ein in Anbetracht der Massenuniversität und der Auswanderung der Forschung in die Wirtschaft völlig ausgehöhltes Ideal? Wie sollte die Universität von morgen aussehen?
Die heutige Massenuniversität läßt sich nicht mehr in eine kleine, aber feine Alma Mater oder die Ordinarienuniversität zurückverwandeln. Sie kann auch nicht in ein reines Dienstleistungsunternehmen überführt werden, da
s nur noch den Regeln des Marktes unterworfen ist. Die völlige Übertragung (privat-) wirtschaftlicher Modelle auf die Hochschulen ist mit Wissenschaftlichkeit unvereinbar. Zur Effizienzsteigerung und zur Verbesserung der Lehre ist jedoch der Ein
bau von leistungsbezogenen und wettbewerblichen Elementen in die Struktur des deutschen Hochschulsystems unabdingbar. Dies ist in meinen Augen der einzige Weg, um die Leistungsfähigkeit der deutschen Hochschulen auch im internationalen Vergleich zu s
ichern.
Um innerhalb der Hochschulen zu leistungsbezogenen Strukturen und einer entsprechenden Mittelverteilung zu kommen, benötigen Staat und Universitäten objektive und handhabbare Kriterien zur Bewertung von Lehre und Studium. Hierin wird ein Schwerp
unkt der Berliner Wissenschaftspolitik in den nächsten Jahren
liegen. Im Mittelpunkt dürfen dabei aber nicht nur Fragen der
Wirtschaftlichkeit und Effizienz stehen.
"Ich werde für die Einführung sozial gestaffelter Studiengebühren werben."
Die Evaluierung der Kosten von Lehre und Studium muß vor allem einhergehen mit einer Bewertung der Qualität der Lehre, insbesondere durch die Studierenden selbst, und einer daraus resultierenden konsequenten Verbesserung der Studierfähigke
it.
Notwendig ist darüber hinaus die Stärkung der Selbstverantwortung der Universitäten sowohl in Fragen des Haushalts und des Personals als auch hinsichtlich der Zulassung von Studierenden. In diesem Zusammenhang werde ich weiterhin für d
ie Einführung sozial gestaffelter Studiengebühren werben.
Voraussetzung ist aber, daß sie von den Hochschulen gewollt sind und ein großer Teil der Mittel von den Universitäten einbehalten und zweckgebunden verwendet werden kann. Ich bin der festen Überzeugung, daß eine wirksame Reform
der Universität nur gelingen kann, wenn auch vermeintliche Tabus auf den Prüfstand gestellt werden.
Peter Radunski
Der Autor ist Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Mitglied der CDU und Absolvent des Otto-Suhr-Instituts der FU.