Christian Walther
Die Perspektiven müssen wohl schon außerordentlich bedrohlich
sein, damit der Protest so erstaunlich einstimmig sein kann, vor- und in
die Stadt getragen von Studierenden bis zu Professoren gemeinsam. Das Titelthema versucht, sowohl die aktuelle
Situation jenseits der Zahlenkolonnen zu analysieren als auch grundsätzliche Fragen zur Entwicklung der Uni anzusprechen.
Nicht zuletzt der Einstieg in die Studiengebühren - vom
Koalitionspartner der CDU als "Verwaltungsgebühr"
schamhaft verschleiert - hat seine mobilisierende Wirkung entfaltet.
Senator Radunski wird dessen ungeachtet weiter für ihre sozusagen
"richtige" Einführung kämpfen. Was ihm sonst noch
durch den Kopf geht, hat er - exklusiv für FU:N -
aufgeschrieben.
Mehr Ideen kann man derzeit bei den Studierenden vermuten, die sich
weitgehend von den unproduktiven Streikritualen früherer Jahre
verabschiedet haben und mit einer erfrischenden Vielfalt von
Aktionsformen ihre - und der Uni - Rechte einfordern. Mal deklamieren sie
dabei Heine-Verse in den Galeries Lafayettes, mal kämpfen sie mit
einer Filmwoche für den Bestand der Filmwissenschaften und mal
zeigen sie den Abgeordneten in deren Kantine, was passiert, wenn die
Nachfrage nach Eß- respektive Studienplätzen größer
ist als das Angebot. Nicht nur die Studierenden sehen in ihren Aktionen
die vielleicht einzige Chance, die Politik zur Vernunft, zu einer
Sparpolitik mit Sinn, Verstand und Augenmaß zu bewegen. Deshalb ist
ein Ende der Aktionen weder abzusehen noch aus Sicht der Hochschulen
wünschenswert. Um so wichtiger, daß sich dabei diesmal eine
Strategie bei den Studierenden durchsetzt, die Studium und
Protest intelligent verknüpft. Eine Beschädigung der Uni selbst durch Lähmung von Studium und Forschung darf es jedoch nicht geben, sagt FU-Präsident Gerlach, denn die schwächt nur die Universität und zerreißt die für breit getragene Aktionen notwendigen Gesprächszusammenhänge im Alltag. Anders gesagt: Es kommt nicht darauf an, sich mit Streiks innerhalb der FU die Sympathien zu verscherzen, sondern sie außerhalb der FU durch phantasievolle Akti
onen zu gewinnen.