Die Auswirkungen der Sparmaßen auf das Bibliotheks- und Informationssystem am Otto-Suhr-Institut

Leere Regale im Notlesesaal?



Dieser Artikel beginnt mit einem optimistischen Ausblick, obwohl sich die Sparmaßnahmen verheerend auf die Literaturerwerbung der Bibliothek des Otto-Suhr-Instituts ausgewirkt haben.

Das Gebäude in der Ihnestraße 21, seit 1962 das Traditionshaus des Otto-Suhr-Instituts, wird saniert. Die Bibliothek zieht für die Zeit der Umbauten in die Ihnestraße 26. Dort werden die Mitarbeiter neue Arbeitsräume beziehen, d ie Kataloge untergebracht so wie die Leihstelle und ein Notlesesaal für Monographien eingerichtet.

Die Zeitschriftenabteilung, das Mikrofilmarchiv, das Pressearchiv und die Zeitschriftendokumentation bleiben in dem 1993 bezogenen Neubau in der Garystraße 55. Der Umzug in die Ihnestraße 26 wird die Bibliothek einen großen Schritt nach vorne bringen. Hier wird uns die Einrichtung der technischen Installation ermöglicht, die für eine moderne Informationsvermittlung vorhanden sein muß.

Zu Jahresanfang war die räumliche Zukunft des Fachbereichs und der Bibliothek in Frage gestellt. Die dringend notwendige Sanierung des Gebäudes in der Ihnestraße 21 wurde abgesagt. Die Mittel nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBF G) standen zwar bereit , der Senat zog jedoch seinen 50prozentigen Finanzierungsanteil wegen der Berliner Haushaltsmisere zurück. Die Universität reduzierte daraufhin die Sanierungsmaßnahmen von 13 auf 8 Millionen Mark, einen Rahmen, in dem eigene Bauvorhaben d urchgeführt werde n dürfen.


Abbestellt werden mußten: 174 Jahrbücher, 53 Loseblattsammlungen, 403 Zeitschriften, 60 Zeitungen, im Papierformat und 48 Zeitungen auf Mikrofilm. Erst seit der Entsperrung der Haushaltsmittel im Juli können Monographien bestellt werden. Die Anzahl der Tit el wird 1996 jedoch um 2/3 geringer sein als in den Vorjahren. Durchschnittlich wurden bislang pro Jahr 3000 Monographien gekauft., 1996 wrden es nur noch 1000 sein.


Die verzögerte Sanierung der Ihnestraße 21 und schließlich die Diskussion über den Standort des gesamten Fachbereiches haben die moderne Entwicklung der Bibliothek stark behindert. Die für die Verbesserung der Benutzung notwendi ge Raumorganisation und die Einführung neuer Techniken der Informationsvermittlung scheiterten immer wieder an der Weigerung, in dem alten Gebäude noch vor einer Sanierung entsprechende Baumaßnahmen durchzuführen. Die letzte Aussetzung der Renovierung hat den Be ginn der EDV-gestützte n alphabetischen Katalogisierung und den Anschluß an den CD-ROM Server der Universitätsbibliothek wieder um ein halbes Jahr verzögert.

Die Probleme des Standorts und der Sanierung sind bis auf den Umzug der Bibliothek gelöst. Die Schwierigkeit, die Lehrenden und Studierenden des Fachbereichs bei einem seit Jahren sinkenden Erwerbungsetat ausreichend mit Literatur zu versorgen, beste ht wei terhin. Die Sparmaßnahmen und die damit verbundene Unberechenbarkeit der Höhe des Erwerbungsetats für das nächste und die folgenden Jahre lassen eine ausgewogene Literaturerwerbung nicht zu.

Bis 1994 stagnierte der Etat. 1995 gab es eine erste leichte Kürzung von 8,5 Prozent. 1996 wurde der reguläre Etat um 31.8 Prozent gekürzt. Unter Einbeziehung der Sondermittel liegen die Kürzungen der letzten beiden Jahre jedoch bei 51 ,9 Prozent. Standen d er Bibliothek 1994 für die Literaturerwerbung noch 686.000 DM zur Verfügung, werden es 1996 insgesamt nur noch 330.000 DM sein.

(Im Jahr 1994 erhielt die OSI-Bibliothek fast 300.000 DM an Sondermitteln - ein Rekordjahr also und für den Vergleich nur bedingt geeignet. D. Red.)

Auswirkungen hat die Etatreduzierung in dieser Höhe nicht nur auf die Erwerbung der politologischen Forschungsliteratur, sondern auch auf die Beschaffung der wissenschaftlichen Grundlagenliteratur. Abbestellt werden mußten: 174 Jahrbücher, 53 Loseblattsamm lungen, 403 Zeitschriften, 60 Zeitungen im Papierformat und 48 Zeitungen auf Mikrofilm.

Erst seit der Entsperrung der Haushaltsmittel im Juli können Monographien bestellt werden. Die Anzahl der Titel wird 1996 jedoch um 2/3 geringer sein als in den Vorjahren. Durchschnittlich wurden bislang pro Jahr 3000 Monographien gekauft, 1996 werde n es n ur noch 1000 sein.

Das Otto-Suhr-Institut hat über Jahrzehnte mit seiner bedeutenden Sammlung der Literatur der Politikwissenschaft nicht nur Wissenschaftler und Studierende des eigenen Fachbereichs, sondern auch Benutzer aus der gesamten Freien Universität, aus B erlin und d er Bundesrepublik angezogen.

Insbesondere wurde die umfangreiche Sammlung der in- und ausländischen Tages- und Wochenpresse genutzt. Ebenso das Mikrofilmarchiv, das mit der Presse zur Revolution 1848/49, zur Geschichte der Arbeiterbewegung, zur Weimarer Republik, zum Nationalsoz ialism us sowie zur Exilliteratur über einen hervorragenden Bestand politischer Publizistik des 19. und 20. Jahrhunderts verfügt. Die Sammlung der bundesrepublikanischen Presse ab Ende der 40er Jahre wurde ebenso gepflegt wie seit 1989 die regionalen Tageszeitun g en der neuen Länder.

Eine weitere wichtige Aufgabe der Bibliothek war es bisher, die politologischen Zeitschriften in Freihandaufstellung bereitzuhalten. Ebenso diente sie als Ausleihbibliothek für die monographische politologische Literatur.

Diese Aufgabe der Literaturversorgung für den eigenen Fachbereich und darüber hinaus für die Freie Universität kann die Bibliothek ohne einen angemessenen Erwerbungsetat nicht mehr erfüllen. Die Defizite in der Informationsvermitt lung lassen sich durch ein e bessere Zusammenarbeit mit anderen Bibliotheken mindern. Dies ist jedoch nur im begrenzten Umfang möglich. Bei den Abbestellungen der Periodika im Sommer 1996 sind wir z.B. davon ausgegangen, daß rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Tite l in den Bib l iotheken der entsprechenden Fachbereiche vorhanden sind. Zweifelhaft ist aber, ob jeweils ein Exemplar eines Titels für die gesamte Universität ausreicht. Um dem Mangel zu begegnen, ist auch an eine bessere Erschließung der unselbstä ;ndigen Literatur zu d en ken. Die Zeitschriftendokumentation des BIS wird verstärkt. Geplant ist ferner, den von dieser Abteilung herausgegebenen Informationsdienst "Neue Zeitschriftenaufsätze - Current Contents" den gegebenen Umständen anzupassen. F&u uml;r die Publikation wurden bi she r Zeitschriften ausschließlich aus dem eigenen Bestand der Bibliothek indexiert. Viele dieser Titel mußten abbestellt werden. Um unseren Informationsdienst in altem Umfang erscheinen zu lassen, sind wir nun auf die Zusammenarbeit mit den B ibliotheken a ngew iesen, die diese Titel noch führen.

Sabine Zehrer

Sabine Zehrer ist Bibliotheksdirektorin und Leiterin des Bibliotheks- und Informationssytems am Otto-Suhr Institut


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