In den Vereinigten Staaten sind die Sportler die Stars der Universitäten. Für den Traum von Ruhm und Geld verzichten viele auf einen Abschluß

Vom Collegeteam zur Profiliga


Wettkampfsport an deutschen Hochschulen findet meistens im Abseits einer Universität statt. Wer zum Beispiel weiß schon, daß Boris Pawelz im Wintersemester 1994/95 den Deutschen Judo-Hochschulmeister-Titel für die FU holte ? Oder daß die FU-Kunstturner innen Deutscher Vize-Hochschulmeister sind? Auch kaum jemand an der Universität wird etwas von den Erfolgen der Basketball-Herren und der Handball-Damen in den vergangenen Jahren mitbekommen haben.



Ein wirklich harter Kampf um Studienplätze und ein Platz im Collegeteam

In den Vereinigten Staaten hingegen sind die Sportler die Stars der Universitäten. Studenten, die ihre Hochschule als Sportler repräsentieren, heißen "student-athletes". Für viele Sportler ist der Collegesport die Vorbereitung auf die Profiligen. So ve rpflichten professionelle Vereine jedes Jahr die besten der Basketballer, Footballer und Baseballer der Uniteams. Ist eine Studentenmannschaft erfolgreich, baut sie das Selbstbewußtsein von Kommilitonen und Professoren auf. Stolz bekennt man sich zu seine r Hochschule, trägt T-Shirts und Schirmmützen mit den Lettern des Teams. Millionen von Fernsehzuschauern verfolgen jedes Jahr die Spiele von Amerikas besten College-, Football- und Basketballmannschaften. Der jeweilige nationale Champion geht in die Sport geschichte ein.

An deutschen Hochschulen müssen die Spieler ihre Mannschaften selber zusammenstellen. Organisiertes Training findet selten statt. Sportler, die für die FU spielen, haben jahrelang im Verein trainiert. An der Uni geht es laut Hochschulsportprogramm nich t um Hochleistungssport, sondern um Kommunikation zwischen Sportlern und Universitäten. "Mit dem Leistungsniveau an amerikanischen Colleges kann der Hochschulsport an der FU nicht verglichen werden", so Rudolf Rügemer, Mitarbeiter der Zentraleinrichtung H ochschulsport.

Student-athletes in den USA trainieren täglich drei bis vier Stunden. Sie haben während der Saison jede Woche Heim- und Auswärtsspiele. Collegetrainer rekrutieren ihre Sportler regelrecht von den Highschools. Viele student-athletes erhalten ein Stipend ium, mit dem sie sich ihre akademische Ausbildung finanzieren. Die Stipendien haben eine Laufzeit von bis zu fünf Jahren. Die Teilnahmeberechtigung am Uniwettkampfsport ist auf vier Jahre begrenzt.

Bei einem vollen Stipendium übernimmt die Hochschule die sehr hohen Studiengebühren, die Miete im Studentenwohnheim und bezahlt die Bücher sowie Mensamahlzeiten. Akademische Leistungen werden im Gegensatz dazu nur selten so hoch belohnt. Taschengeld, A utos und andere Extras darf es für die Sportler offiziell nicht geben, damit ihr Amateurstatus gewahrt bleibt. Doch immer wieder bieten Collegetrainer begabten Highschool-Spielern Geld an, damit sie sich nicht von anderen Universitäten verpflichten lassen .

Die hohe Bewertung des Sports führt dazu, daß viele student-athletes sich weniger als Studenten, sondern vor allem als Sportler begreifen. Besonders Footballer benutzen häufig Anabolika, um kräftig genug für die professionellen Klubs zu werden. Obwohl nur wenige den Sprung in die Profiligen schaffen, jagen viele Spieler dem Traum von Ruhm und Geld hinterher. Das geht häufig auf Kosten der Ausbildung. Oftmals verlassen student-athletes die Uni ohne Abschluß.

Doch das landläufige Bild vom "jock" - Slang für Sportler ohne Verstand - stimmt nur bedingt. Die Doppelbelastung von Studium und Sport wird oft auch als besondere Herausforderung angenommen. Tony Schmidts, Footballer an der Temple University in Philad elphia, etwa, ereichte 1993 den besten Abschluß am Institut für Ingenieurswissenschaften.

Von ihren weniger sportlichen Kommilitonen schlägt den student-athletes in der Regel eine Haßliebe entgegen. Ist eine Mannschaft erfolgreich, immatrikulieren sich viele Studenten ihretwegen an einer Universiät. Versagt ein Team häufig, verachten die Mi tstudenten die Sportler als Taugenichtse, an die das College Geld verschwendet.



Jenny Kähler

Jenny Kähler studiert im 6. Semester Nordamerikastudien an der FU. Sie hat selbst vier Jahre in den USA studiert und ihr Studium an der Temple University von Philadelphia mit einem Studium für Volleyball finanziert.


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