Nach dem Studium sei nichts gefährlicher als ein individuelles Laufenlassen, gepaart mit der Vorstellung, es gäbe ja ohnehin keine Arbeitsplätze, schreibt Professor Peter Grottian. Zusammen mit Christine Kalb von Career Consult bietet er für Absolventen der Politischen Wissenschaft ein Bewerbungstraining an - auf dass die Jungakademiker nicht ohne Job alt werden.
Eine Universität kann sich von ihren Examinierten sehr unterschiedlich verabschieden. Die häufigste Variante: Der Händedruck und Glückwunsch, ein freundlich-ermunterndes "Alles Gute" auch für den beruflichen Einstieg. Ende des Verabschiedungsrituals. Die zuweilen vorkommende Variante: Nachbesprechung des Examens, Erörterung der möglichen Einfädelungsfelder für die Berufspraxis und konkrete Bewerbungs- und Suchstrategie. Die beste Variante: Eine hohe Selbstorganisationsfähigkeit der Absolventen und Absolventinnen, die noch diesen und jenen Ratschlag zu nutzen verstehen, und mit der Qualifikation einer kritischen Urteilsbildung ihren eigenen Berufsweg finden. So schlecht scheint das alles nicht zu laufen - denn der Masse von Hochschulabsolventen steht eine vergleichsweise geringe Zahl von wirklich arbeitslosen Akademikern gegenüber (4,8 Prozent). Daß nur 6 Prozent der OSI-Absolventen arbeitslos sind, ist nach landläufigen Urteilen eine mittlere Sensation.
Und trotzdem: Die Fachbereiche könnten entschieden mehr tun, um die Brücke in die Berufspraxis begehbarer zu machen. Vor allem bei den Geistes- und Sozialwissenschaftlern verlaufen die Berufseinfädelungen - so belegen die Verbleibstudien - schleppend, angstvoll und mit großen Unsicherheiten.
Nach Entspannend-Ferienhaftem in Griechenland folgt nach drei bis fünf Monaten die leichte Unruhe. Nichts ist gefährlicher als ein individuelles Laufenlassen, gepaart mit der Vorstellung, es gäbe ja ohnehin keine Arbeitsplätze. Hier setzt der Fachbereich Politische Wissenschaft an und unterbreitet seinen Service: Bewerbungstraining. Alle Absolventen eines Jahrgangs werden angeschrieben und zu einem anderthalbtägigen Bewerbungstraining eingeladen. Von 160 Examinierten nehmen diesen Service 15 bis 25 wahr. Veranstalter ist der Fachbereich mit mir als Hochschullehrer und Christine Kalb von "Career Consult" (vgl. FU:N 11/94, S. 26), die dem Fachbereich lange verbunden ist, aber auch für ihre Arbeit einen Kostenbeitrag von 80 DM pro Person erhebt.
"Berufseinfädelung" für OSI-Absolventen soll nicht auf den Taxistand zusteuern
Was enthält das Programm? Zunächst wird der Stellenmarkt transparent gemacht: Berufswünsche der Teilnehmer, Arbeitsmarktsituation und voraussichtliche Entwicklung. Es folgen die Suchstrategien (Kontakte, Stellenanzeigen, Blindbewerbungen und konkrete Annoncenanalysen, vor allem das "Hineindefinieren"). Danach werden professionelle Bewerbungsunterlagen erstellt. Die Teilnehmer müssen ihre bisherigen Bewerbungsunterlagen mitbringen, die von uns ausgewertet werden (dicke Fehler sind unübersehbar). Am zweiten Tag geht es um Interview und Assessment-Center: Bewerbungsgespräche werden simuliert, Kurzpräsentationen abgefordert. Abschließend gibt es vorbereitete Individualgespräche im 30-Minutentakt. Hier werden Bewerbungsstrategien konkretisiert und öfters Nachtermine vereinbart.
Nach dem Urteil der Teilnehmer ist das Unternehmen ein voller Erfolg - nicht, weil jetzt gleich eine Stelle winkt; aber sie können jetzt besser mit der Einfädelungssituation umgehen: Mehr Souveränität stellt sich ein, Fehler werden vermieden und ein besseres Ausloten der Möglichkeiten bekommt auch eine vorwärtstreibende Spaßkomponente.
Das Bewerbungstraining am OSI soll an der FU kein Einzelfall eines Fachbereichs bleiben. Eine Arbeitsgruppe aus der Zentraleinrichtung Studienberatung, der Abteilung von Lehre, Studium und Weiterbildung sowie dem OSI versucht zur Zeit, auch andere Fachbereiche zu solchen Versuchen eines Bewerbungstrainings zu ermuntern.
Sollte Ihnen das alles einleuchten, rufen Sie ganz einfach an: Peter Grottian 838-4961 oder Traugott Klose 838-73500.
Peter Grottian