Prof. Dr. med. Elisabeth Nau (1900 - 1975)

Wegbereiterin der forensischen Psychiatrie


Elisabeth Nau, Professorin für forensische Psychiatrie an der FU von 1949 bis 1968.


Als Wissenschaftlerin und Hochschullehrerin wirkte Elisabeth Nau auf dem Gebiet der Gerichtsmedizin 22 Jahre an der Freien Universität, an die sie im September 1949 berufen wurde. Sie hatte hier zunächst einen planmäßigen außerordentlichen Lehrstuhl für Gerichtliche und Soziale Medizin. Erst 1966 wurde das Extraordinariat in ein Ordinariat umgewandelt.

Am 25. Januar 1900 in Köln geboren, studierte sie parallel Medizin und Philosophie in Freiburg und legte 1925 ihre Examina ab. Danach war sie Assistenzärztin am Institut für Gerichtliche und Soziale Medizin der Universität Bonn. Im Rahmen ihrer pädiatrischen und psychiatrischen Ausbildung arbeitete sie in Barmen und in Bonn. 1930 folgte sie ihrem Lehrer Prof. Dr. Victor Müller-Hess an die Friedrich-Wilhelms-Universität nach Berlin, wo ihr 1935 die Leitung der forensisch-psychiatrischen Abteilung des Instituts für Gerichtliche Medizin übertragen wurde. 1940 habilitierte sie sich und war ab 1941 Dozentin.

Nach Wiedereröffnung der Universität Berlin wurde sie zum Professor mit Lehrauftrag ernannt. Ihr Wechsel an die Freie Universität erfolgte wiederum gemeinsam mit Müller-Hess, nachdem sie Berufungen nach Greifswald, Erlangen und Leipzig abgelehnt hatte. Die wissenschaftlichen Arbeiten von Frau Nau beschäftigten sich überwiegend mit jugendpsychiatrischen Problemen, wobei ihre Aufmerksamkeit der Prophylaxe und Rehabilitation galt. Sie veröffentlichte grundlegende Arbeiten über die Bewertung von Aussagen Jugendlicher in Sittlichkeitsprozessen und erweiterte diese Untersuchungen später auf das gesamte Gebiet der Beurteilung von Zeugenaussagen von Kindern und Jugendlichen. Wiederholt wurde sie als Obergutachterin auch an auswärtige Gerichte geholt. Einen weiteren Arbeitsschwerpunkt stellten die Arbeiten über Ursachen, Verlauf und Bekämpfung der Rauschmittelsucht dar. Besondere Verdienste hat sie sich in ihren wissenschaftlichen Arbeiten über Kindesmißhandlung erworben. Auf diesem Forschungsgebiet kann sie als eine Pionierin angesehen werden.

Nach Vollendung ihres 68. Lebensjahres wurde Elisabeth Nau emeritiert, man übertrug ihr aber weiterhin die Verwaltung des Lehrstuhls bis zur Neubesetzung. 1969 wurde der ehemals 2. Lehrstuhl für Gerichtliche und Soziale Medizin in einen "Lehrstuhl für forensische Psychiatrie" umgewandelt. Im April 1970 wurde Elisabeth Nau die kommissarische Leitung des nun eigenständigen Instituts für Forensische Psychiatrie übertragen. Auch nach der Übernahme des Lehrstuhls für Forensische Psychiatrie durch Prof. Dr. Rasch hielt sie im Alter von 71 Jahren noch Lehrveranstaltungen und Seminare ab.

1974 erkrankte sie; eine halbseitige Lähmung zeichnete sie schwer. Ihr letztes Lebensjahr verbrachte sie in der Schloßpark-Klinik in Charlottenburg. Sie starb am 2. November 1975.

Eva Brinkschulte

Die Zusammenstellung der Biographie Elisabeth Naus basiert auf den Archivbeständen der Humboldt Universität Berlin sowie dem Universitätsarchiv der FU. Im Rahmen der Ringvorlesung "Berliner Wissenschaftlerinnen 1933 - 1945" hält di e Autorin einen Vortrag über "Frauen in der medizinischen Wissenschaft an Berliner Universitäten"; Dienstag, 12. 12. 1995, 16.00 c.t. bis 18.00 Uhr, Rostlaube, Raum JK 28/122.

Die Historikerin Eva Brinkschulte ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Medizin am Fachbereich Humanmedizin der FU


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