Frauenforschungsprofessorin am Fachbereich Germanistik:

Irmela von der Lühe


Ungewöhnliche weibliche Biographien sind die literaturwissenschaftliche Leidenschaft der an den Fachbereich Germanistik neu berufenen Professorin für "Neuere deutsche Literatur unter besonderer Berücksichtigung der Frau im literarischen Prozeß", Dr. Irmela von der Lühe. Ungewöhnliches birgt auch ihre Biographie, obgleich sie den für viele Wissenschaftlerinnen fast klassischen Verlauf nahm. Dem Studium der Germanistik und Geschichte in den sechziger Jahren folgte die Stelle im Mittelbau. Nach der Assistenzzeit von 1971 bis 1976 an der FU kam dann das aus einer Melange aus allgemeinen Sparzwängen und spezifischen Behinderungen von Frauen angerührte akademische Aus. Zwei Jahre Erwerbslosigkeit gaben den Ausschlag, in den Schuldienst zu wechseln. Achtzehn Jahre dauerte es, bis Frau von der Lühe jetzt für das auf vier Jahre befristete Intermezzo einer Teilzeitprofessur im Angestelltenverhältnis an die Freie Universität zurückkehrt.


Irmela von der Lühe hat eine der FU-Frauenforschungsprofessuren inne. Die FU:Nachrichten werden die anderen Professorinnen in loser Reihenfolge in der Rubrik "Leute" vorstellen.


War der Wechsel vom Hörsaal ins Klassenzimmer anfangs der Not geschuldet, so wurde die Schule ihr sehr bald zur Tugend. Schule bedeute nicht, daß man "unter Niveau" arbeiten müsse. Bei in der Regel 15 Schülern und Schülerinnen im Leistungskurs in Deutsch gegenüber 100 Studierenden im Seminar in Germanistik ein durchaus überzeugendes Argument!

Das Interesse an der Wissenschaft jedoch blieb. Neben der Arbeit als Lehrerin führte Irmela von der Lühe ihre Forschung fort. Ihre Sommerferien verbrachte sie statt auf Kreta in Archiven und Bibliotheken und habilitierte sich 1993 mit einer Biographie über Erika Mann. Weitere Arbeiten zu Ingeborg Bachmann, Marlen Haushofer und Franziska zu Reventlow zeugen von ihrer biographischen Passion. Am FB Germanistik arbeitete sie in dem Forschungsprojektschwerpunkt "Der Brief als kommunikatives und literarisches Faktum" mit. Andere Arbeitsschwerpunkte sind Literatur und Literaturtheorie des 18. Jahrhunderts sowie Exilliteratur.

Frauenpolitisch ist die FU für Irmela von der Lühe altbekanntes Terrain. Hier gehörte sie der ersten Assistentinnengruppe an, die 1976 die erste Berliner Frauensommeruniversität organisierte, und zählt zum Kreis der geistigen Mütter der Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung.

Von ihrer zukünftigen Arbeit am FB Germanistik erhofft sich Irmela von der Lühe, nur noch an einem Schreibtisch zu sitzen und ihre Forschung weiter bringen zu können. Sie will sich aber auch intensiv in der Lehre engagieren. Ein Schlüssel zum Erfolg ist hier noch immer das persönliche Vorbild als Lehrende und der Einsatz für die Studierenden. Bleibt für diese zu hoffen, daß das FU-Intermezzo der neuen Professorin mit mehr als einer Seite in ihrer eigenen Biographie zu Buche schlägt.

Sabine Hark

Die Autorin hat an der FU in Soziologie promoviert


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