Zum Bericht der Berliner Morgenpost "FU zeigt Flagge: Leistung direkt an den Geldhahn gekoppelt" vom 27.8.95
Der Vorsitzende des Tokioter Fischereiverbandes stellte im Tokioter Morgenblatt ein internes Leistungs-Ranking der ihm unterstehenden Fischfangflotte vor. Eines der dafür genutzten Leistungskriterien war die Fangquote. Die Ausführungen des Vorsitzenden werden im Morgenblatt u.a. mit der folgenden Aussage wiedergegeben: "Flottenweit Spitze sind die 19 Vollmatrosen und 27 Leichtmatrosen des Fischkutters "Ko-Mu-Wi" (im Schnitt 14 Fische pro Kopf am Tag)."
Bei näherer Analyse der von den einzelnen Booten eingebrachten Fänge stellte sich aber heraus, daß die "Ko-Mu-Wi" im wesentlichen Sprotten und Krabben in ihren Netzen gehabt hat, während andere Boote zum großen Teil schwere Thunfische gefangen hatten.
Obwohl man bereits vorher für Wale und für Krabben eine von den normalen Fischen abweichende Punktwertung eingeführt hatte, setzte sich doch schnell die Einsicht durch, daß man das "Gewicht" der gefangenen Fische ins Kalkül z iehen muß, um eine einigermaßen gerechte Bewertung der Fangleistungen zu erreichen.
Soweit das Gleichnis - Gleichnis wofür? In der Berliner Morgenpost vom 27.8.95 wird unter dem Titel "FU zeigt Flagge" zu einem Bericht des FU-Präsidenten zum Thema - "Internes Ranking" als Anreizsystem - u.a. folgende Feststellung getroffen: "In den Geisteswissenschaften rangiert der Fachbereich Kommunikationswissenschaften seit Einführung der Leistungsbilanz vor drei Jahren auf Platz 1. FU-weit (ohne Medizin und Zentralinstitute) Spitze sind die 19 Professoren und 27 Assistenten bei de n Publikationen (im Schnitt 14 pro Kopf im Jahr).
Wir fragten uns: Wie schaffen die das ? Eine erste Analyse der Universitätsbibliographie Nr. 13 (1993) ließ uns in Ehrfurcht erschauern: Es gab einzelne Wissenschaftler, für die dort 27 (ja sogar 44 ! ) Veröffentlichungen aufgef&u uml;hrt wurden; das bedeutet etwa alle 14 Tage eine Veröffentlichung ! ( In den meisten wissenschaftlichen Disziplinen braucht allein die Erarbeitung, Auswertung und Deutung wissenschaftlicher Ergebnisse mehrere Monate, oft sogar Jahre, bevor sich da raus schließlich eine Veröffentlichung ergibt.) Bei genauerem Hinsehen fällt aber auf, daß gerade bei den Vielschreibern Artikel häufig in Organen der Tages- oder Wochenpresse erschienen sind (z.B. in Der Tagesspiegel, Die Welt, Handelsblatt, Stuttgarter Zeitung, Die Zeit, Frankfurter Rundschau, FU-Info). Dies sind ganz sicher wichtige Beiträge im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit der Freien Universität; dennoch stellt sich die Frage ( - um endlich zum Gleichnis zur ückzukommen -), ob nicht auch bei Veröffentlichungen (wie bei den Fischen) das "Gewicht" etwas stärker differenziert zu betrachten ist, als es in dem derzeitigen "Internen Ranking" der FU bisher geschieht.
Dietrich Herold, FB Physik
Um 1958 herum studierte ich an der Hochschule für Politik, die einige Zeit später der FU eingegliedert wurde. Daß man jetzt so auf dem Computer die Alma Mater besuchen kann, macht mir ein bißchen Heimweh! Wir wohnen in der Nähe von Los Angeles und besuchen Deutschland alle paar Jahre.
Friedrich Brose