Willkommen zu den Veranstaltungen
am 5. Oktober 2001

Sie mögen Geschichte? Dabei wundern Sie sich manchmal, dass viele andere Ihren Enthusiasmus nicht teilen und im Hinblick auf "Geschichte" die Nase rümpfen? Da drängt sich wohl die Frage auf, inwiefern die herkömmliche Weise, Geschichte (an Schulen, aber auch an vielen Universitäten) aufzuarbeiten, zu präsentieren und zu vermitteln allein noch zeitgemäss ist. Ich fürchte, sie ist es in vielen Belangen nicht mehr.

Wann hat sich Geschichte je lautlos abgespielt? Farblos schwarzweiss? Ohne Bewegung statisch? - Richtig ist, dass es bis vor wenigen Jahren Historikern kaum möglich war, Geschichte adäquat darzustellen, das heisst in Farben, plastisch, mit Tönen, in Bewegung. Endlich haben wir die Werkzeuge dazu, und es wird von uns Historikern zurecht erwartet, dass wir sie entsprechend einsetzen und nutzen. Dabei sollte die Präsentation medienbezüglich stets ausgewogen sein, denn jede Textlastigkeit führt erfahrungsgemäss umgehend zu 'Leserschwund'.

Seit Ende 1995 erfolgt mein gesamter Unterricht (in Geschichte der Neuzeit an der Freien Universität Berlin) unter massivem Einsatz der 'neuen Medien'. Papier wird - von Ausnahmen abgesehen - nicht länger akzeptiert. Mir selbst fiel die Umstellung nicht schwer. Zwei Jahrzehnte lang war mein Forschungsschwerpunkt die Historische Demographie mit entsprechend viel Zahlenmaterial gewesen. Das Aufkommen leistungsfähiger PCs befreite von umständlichen Lochkartenstapeln, Magnetbändern, Grossrechnern. Farbmonitore samt Beamer ersetzen inzwischen Hunderte von (anfänglich auf Photo-CDs digitalisierte) Dias, die zuvor Grundlage meiner Lehrveranstaltungen waren. Heute dienen als Basis eigenproduzierte Multimedia-CD-ROMs in enger Verbindung mit dem World Wide Web.


Programm

Da derzeit am Tagungsort (noch) keine rasche Online-Verbindung besteht, konzentrieren sich die Veranstaltungen am 5. Oktober 2001 weitestgehend auf CD-ROM-Offline-Produktionen. Folgende Titel stehen auf dem Programm :

Gute alte Zeit ? Wie sich unsere Vorfahren in Notsituationen zu helfen wussten (2000)
Ars moriendi: wie unsere Vorfahren vor 500 Jahren sterben lernten (1999/2000)

Während die beiden eben angeführten CD-Titel für den Vortrag am Freitagabend reserviert sind, stehen für den Freitagnachmittag die folgenden CD-ROMs zur Verfügung. Gegebenenfalls kann nach einer kurzen Präsentation die Reihenfolge entsprechend den Wünschen der Teilnehmenden geändert werden.

Kaiser Karl V. - oder: es gibt auch noch Anderes auf der Welt (2000)
Europäer entdecken die Welt. Von Prinz Heinrich dem Seefahrer bis Alexander von Humboldt (2000)
Martin Luther und seine Zeit (2000)
Das weisse Gold aus China - Geschichte einer europäischen Verspätung (Work in progress)
Historische Demographie (1995/1996; Materialfundgrube)
Die Vier Jahreszeiten - nach einer Bildfolge von Joos de Momper 1615 (1998)
Wallenstein und der Dreissigjährige Krieg (1998)
Das Lautenprojekt (Einbettung von Sound - 1999)

Zur Vor- oder/und Nachbereitung sei Ihnen eine Online-Beschäftigung ans Herz gelegt. Die blauen Kugeln oben sowie die roten unten sind alle anklickbar. Insbesondere im Hinblick auf den Freitagabend wäre eine eigene Beschäftigung mit den beiden Themen ratsam, und zwar ausgehend von :

Neue Kunden für alte Schätze ...
Ars moriendi - Von der Kunst, das Leben zur rechten Zeit loszulassen
Gute alte Zeit ? Unsere Vorfahren in Notsituationen
Interaktiv abfragbare Votivtafel-Datenbank (über 1200 Tafeln aus Sammarei bei Passau)

Dabei zeigt sich schlagartig, wie unsicher das Leben unserer Vorfahren vor ein paar Jahrhunderten gewesen war und wie lange bzw. kurz es währte: zwei Tage, vier Wochen, sechs Monate, zehn Jahre, zwanzig, sechzig, neunzig Jahre. Der Durchschnitt lag bei 25 bis 30 Jahren. Den Grund haben wir aus der Allerheiligen-Litanei noch in den Ohren: "Vor Pest, Hunger und Krieg bewahre uns, o Herr!" Da während der häufigen Pestilenzen seinerzeit viele Menschen jeglichen Alters immer wieder allein starben, war es im Hinblick auf das von allen angestrebte Eingehen ins Paradies entscheidend, sich ab jungen Jahren auf die Kunst des 'allein gut Sterbens' (Ars bene moriendi) vorzubereiten. Doch wie das anstellen in einer Zeit, in der die wenigsten lesen konnten? Da half nur eine allgemein verständliche und leicht einprägsame Bilderserie von elf didaktisch hervorragend aufbereiteten Holzschnitten mit höchstens ein paar Sprechblasen - Comic strip würde man heute dazu sagen.

Auch in unseren Tagen sterben wieder viele Menschen allein. Doch wer lehrt uns sterben, gar ab jungen Jahren? Können wir vom durchschlagenden Erfolg der jahrhundertealten Ars moriendi etwas lernen? Ich meine: ja, und zwar unter Einbeziehung der neuen Medien. Auch hier müssen die Inhalte kurz, prägnant, auf den Punkt gebracht, attraktiv sein. Das war beim Ars moriendi-Strip nicht anders. Wie durch die Hintertür wird das Interesse auch der Jungen an Themen geweckt, um die sie sonst einen weiten Bogen machen würden. Am Freitagabend wollen wir dies am Thema Ars moriendi proben, am Nachmittag an weiteren, oben aufgeführten Themen.



Erstellt: 20. April 2001
Last revision: Tuesday, 1. May 2001 - 13:35:11

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