Kriss-Rettenbeck 1958
Kriss-Rettenbeck, Lenz:
Das Votivbild.
München: Rinn 1958.
Der Band enthält am Schluss (S. 157-176) den 408 Nummern umfassenden
"Katalog der Votivtafeln der Sammlung Kriss im
Bayerischen Nationalmuseum" (vgl. zur derzeitigen Auslagerung dieses Bestandes
jedoch den Ausstellungskatalog von Nina Gockerell:
"Bilder und Zeichen der Frömmigkeit. Sammlung Rudolf Kriss" (1995); diese Sammlung ist nun
auf Jahre hinaus zu sehen im Herzogschloss Straubing, einem Zweigmuseum des Münchner Hauses).
Dieser schmale Band aus der Feder eines hervorragenden Votivtafelkenners*) kann nach wie vor
als ausgezeichnete Einführung in den gesamten Votivtafelkomplex dienen. Er gliedert sich in folgende
für uns wichtige Kapitel beziehungsweise Kapitelabschnitte:
- Einleitung
- Anlässe
Krieg
- Epidemien
- Haustiere und Seuchen
- Unfälle in Haus und Hof, zu Wasser und zu Land
- Naturkatastrophen
- Raubgesindel
- Raufhändel
- Gefangenschaft und Tortur
- Wahnsinn und Besessenheit
- Schwangerschaft und Geburt
- Totgeborene
- Kleinkind
- natürliche und übernatürliche Hilfe
- wunderkräftige Wasser, Öle und Bäume
- Darstellung der Anlässe
Realistischer Bericht dramatischer Vorgänge oder sichtbarer Symptome
- der zeichenhafte Charakter des Votivbildes: Bett
- hinweisende Gebärden
- isolierte Darstellung der kranken Glieder und Organe
- der Bildbrief
- Herz und Lunge
- Auge und Augenschüssel
- Stachelkugel und Körte
- Erasmuswinde
- Pfeil
- antike Parallelen
- Bedeutung
Eine andere Person oder sich selbst "verloben", "versprechen" oder "verheissen"
- "verloben" von Sterbenden oder Toten
- das flammende Herz
- Verbildlichung der Anheimstellung
- "anrufen" und "Zuflucht suchen"
- das Votivbild als Promulgationsmittel und als "gelobtes" Werk
- die Bittafel
- die Bitte um Hilfe in irdischen Dingen und die Heilsbitte
- Anheimstellung und Totengedächtnis
- Geschichte
16. und 17. Jahrhundert
- die Typen des Votivbildes im 15. Jahrhundert und um 1500
- votum-facere im Mittelalter und in der Antike
- der Orant im Heilsbilde
- das Patronatswesen
- das wallfahrtsunabhängige Votivbild
- ikonologische Voraussetzungen
- der idealisierende Bildraum und der illusionistische Bewegungsraum
- Darstellung und Bezeichnung des Wunders
- Maler und Votant
Die Bildgestalt bestimmende Einflüsse
- der Auftrag
- Brauch- und Gelübdeformen
- Freiheit und Form
- "Meister"
Wie im Gegensatz zum deutschen Volkskundler Lenz Kriss-Rettenbeck ein französischer
quantitativ-seriell arbeitender Mentalitätshistoriker denselben Problemkomplex aufgrund
eines über viertausend Exemplare umfassenden Votivtafelbestandes aus der Provence abhandelt,
geht aus Cousin 1983 hervor.
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*) Bei Lenz Kriss-Rettenbeck, von 1974 bis 1985 selbst Generaldirektor des Bayerischen Nationalmuseums,
handelt es sich um die Adoptivsohn von Rudolf Kriss (1903-1973). Meist werden in Votivtafel-Zusammenhängen
neben seiner hier vorgestellten Arbeit
"Das Votivbild"
aus dem Jahre 1953 auch sein ebenso fundamentales Werk "Ex voto.
Zeichen, Bild und Abbild im christlichen Votivbrauchtum" (Zürich: Atlantis 1972) sowie die von ihm
gemeinsam mit Gerda Möhler herausgegebene Publikation "Wallfahrt kennt keine Grenzen" (Zürich:
Schnell & Steiner 1984) erwähnt.