Riß oder Kreis?
Denken, bis es wehtut.
Bernd Ternes,
Soziologische Marginalien #
Die Wiederholung des Ungedachten bleibt unendliche Aufgabe des modernen Denkens. Der relationale Charakter der Bestimmung des Seins des Menschen, der auch in dem Versuch, sich dem Anderen über ein Denken des Gleichen anzunähern, an den Tag tritt, bleibt dem modernen Denken unhintergehbar. Dieses sich immer nur in Verhältnissen wiederfindende, wieder-holende Denken wirft so die Frage nach dem Ursprung auf - als Folge der Aussicht, in der Frage nach dem Ursprung den Ort aufzufinden, der >vor< jeder Trennung des Cogito und des Ungedachten liegt und dadurch sich der Trennung entzieht. In der letzten Formation, dem Zurückweichen und der Wiederkehr des Ursprungs, schließt Foucault so den Zirkel der Wiederholungen:
Auf der Suche nach dem Ursprung treten wieder diejenigen Dinge in den Blick, die in ihrer Historizität dem Menschen anzeigen, daß sie lange vor ihm begonnen, ihren eigenen Ursprung haben: die Arbeit, das Leben, die Sprache. Kündigen diese jedoch in ihrer eigenen Geschichtlichkeit ihren je eigenen Ursprung an, und sind diese Ursprünge zumindest als mögliche vorhanden, wenn auch nicht zugänglich, so zeigt sich der Ursprung des Menschen nur über eine Vermittlung von Arbeit, Leben und Sprache. Durch jenen, nur in einer Ver-mittlung möglichen Ursprung, welcher dergestalt nicht mehr der Ursprung des Menschen sein kann, gerät dieser zu einem Unmöglichen. "Weit entfernt davon, zu einem realen oder virtuellen Gipfel der Identität zurückzuführen oder auch nur darauf hinzuzielen, weit entfernt davon, den Moment des Gleichen anzuzeigen, indem die Dispersion des Anderen noch nicht am Werke war, ist das Ursprüngliche im Menschen das, was von Anfang an ihn nach etwas anderem gliedert als ihm selbst." *
* Michel Foucault: a.a.O., S. 399.
Die Trennung von Arbeit, Leben und Sprache, die in ihrer jeweiligen Erfahrbarkeit sich dem Menschen als Zeitgenossen geben, diese Trennung also läßt den Ursprung des Menschen als einen Moment hervortreten, welcher ihn aus der Zeit herausstellt. Dem Denken erwächst durch den Ursprung und der mit diesem Ursprung verbundenen Zeit die Aufgabe, das, was den Menschen nach etwas anderem gliedert, in Frage zu stellen, und so die Zeit in Frage zu stellen. Die Unmöglichkeit des Ursprungs des Menschen wird zu einer zeit- und geschichtslosen Unmittelbarkeit, aus der die Zeit erst hervorgehen wird. Das Denken hat eine Ebene zu denken, aus der die Zeit und der Ursprung erst noch erstehen und sich so den Dingen und dem Denken aufschreiben werden.
In dem Versuch, das Ursprüngliche des Menschen zu denken, ergibt sich an diesem Punkt eine Umkehrung, die den Ursprung als immer noch zu Denkendes erscheinen läßt; in dieser Umkehrung wird der Ursprung somit in eine Zukunft versetzt. Es zeigt sich, daß auch in der vierten Formation, in dem Versuch das Ursprüngliche zu denken eine Doppelung auftritt, die der Wiederholung, dem Denken des Gleichen geschuldet ist. Jedoch erfährt hier das Denken des Gleichen eine Verschiebung, die von jenem Punkt herrührt, an dem das Denken das Denken des Menschen als noch zu Erreichendes begreift:
Das Denken wieder-holt sich als ein Zukünftiges; die Wiederholung wird so entweder zur Wiederkehr, in welcher das noch zu Denkende sich dem Gedachten annehmen wird und es so in seiner ganzen Fülle zur Vollendung bringt: der Kreis der Wiederholungen schließt sich. Oder die Wiederkehr wird zu einem Riß ohne Chronologie und ohne Geschichte; zu einem unmittelbaren Ursprung, welcher dem Denken es ermöglichen wird, aus seinem eigenen Nichts heraus von neuem zu beginnen, zu sich selbst zu finden. 
Die Suche nach dem Ursprung führt so zu jener Bewegung zurück, die mit der Analytik der Endlichkeit zum ersten mal anhebt und sich im Laufe der Abhandlung immer wieder zwischen den Doppeln wiederholt. Diese Bewegung der Wieder-holung ist es, die sich dafür verantwortlich zeigen wird, was zwischen dem Menschen und seinen Doppeln auftaucht: die Zeit. "Aber diese Endlichkeit [...] erscheint jetzt auf einer fundamentaleren Ebene: sie ist die unüberwindliche Beziehung des Seins des Menschen zur Zeit." **
** Michel Foucault: a.a.O., S. 404.