Die erste Formation, an der
das Denken des Gleichen aufgezeigt wird, ist die der Analytik der Endlichkeit:
Mit dem Zerfall der Repräsentation, welche für die Klassik eine
Beständigkeit der Entsprechungen und somit ein Seinskontinuum garantierte,
erfährt der Mensch in den Wörtern, in den Organismen und in den
hergestellten Gegenständen deren je eigenes Sein. Der gemeinsame Ordnungsraum,
von dem aus die repräsentativen Beziehungen geregelt wurden, seien
es nun Beziehungen der Identität oder der Differenz, dieses kontinuierliche
Tableau zerbricht. Den Dingen selbst wird nun eine innere Ordnung abgerungen.
Diese Verschiebung markiert die zentrale
Stelle eines Umbruchs der Inbeziehungsetzungen und läßt sich,
vielleicht zu abstrakt, wie folgt charakterisieren: Von der Identität/Differenz
der Elemente, die einen Zusammenhang der Organisationsformen untereinander
ermöglichten, erfolgt eine Umwendung hin zur Identität der Beziehungen
zwischen den Elementen einer Organisationsform.
Mit dem Aufkommen einer Philologie, einer
Biologie und Ökonomie werden diesen neu entstandenen wissenschaftlichen
Feldern die Begründungen ihres je eigenen Erkenntnisgegenstandes abverlangt.
Sie sind nun vor die Aufgabe gestellt, aus sich selbst heraus auf ihr je
eigenes Sein zu verweisen und finden sich so aus dem Zusammenhang mit den
anderen Seinsweisen herausgestellt. Zugleich taucht mit diesen unterschiedenen
Seinsweisen der Mensch als dasjenige auf, was in diesen Bestimmungen seine
konkreten Ausformungen findet: "Die Seinsweise des Lebens [... ist, J.W.]
mir fundamental durch meinen Körper gegeben. Die Seinsweise meiner
Produktion [... ist, J.W.] mir durch mein Verlangen gegeben. Die Seinsweise
der Sprache [... wird, J.W.] mir nur entlang der feinen Kette meines sprechenden
Denkens gegeben." * |
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Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge, Frankfurt a.M. 1997, S. 380. |
Eine Analytik der Seinsweise des Menschen
wird also von diesen, ihm zugänglichen Positivitäten ausgehen.
Der Mensch wird sich sein eigenes Sein nur im Verhältnis, also relational
zu den ihm positiv zugänglichen Dingen, die eigentlich in einem Außen
- in einer anderen Seinsweise - statthaben, denken. So erfährt die
ordnungsstiftende Repräsentation der Klassik eine Wandlung, in der
sie von einer Ebene außerhalb der Dinge in diese hineingenommen wird
und dort einen inneren Raum erzeugt, der für den Menschen in einem
Außen liegt:
Die Repräsentation fällt vom
Sein ins Bewußtsein. In diesem (Auseinander)fallen der Repräsentation
wird in eins dem Bewußtsein seine eigene Genese abgerungen, indem
es sich im Verhältnis zu den Dingen selbst hervorbringen muß.
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Peter Fuchs (in: Das Unbewußte in Psychoanalyse und Systemtheorie;
Umschlagrückseite) drückt dies folgendermaßen aus: "Woher
weiß ein Bewußtsein, daß es ein Bewußtsein ist?
- Es ist ihm gesagt worden."; anzufügen wäre hier: von der Arbeit,
vom Leben und der Sprache; neuerdings wohl eher von den Maschinen. |
Somit wird auch die Ordnungsstiftung dem
Bewußtsein überantwortet; es hat in den Dingen Regeln und Gesetze
an den Tag zu bringen, die sich im Bewußtsein als Wirkungen auf dieses
Bewußtsein ablesen lassen. Die >Wahrheit< eines in der Repräsentation
geregelten >Ich denke, also bin ich<, verschiebt sich zu einer Wirkung
eines >Ich bin<, das nicht mehr einem >Ich denke< entspricht, sondern
sich in diesem äußert.
Jedoch verweisen diese Positivitäten
- mein Körper, mein Verlangen, mein sprechendes Denken - auf
eine dem Leben, der Arbeit und der Sprache eigene Geschichte. In der Erfahrbarkeit
der Positivitäten kündigt sich dem Menschen eine diesen eigene
Endlichkeit und Begrenztheit an. Die Erfahrung eines Seins der Sprache,
eines je eigenen Seins des Lebens und der Arbeit läßt den Menschen
sein eigenes Sein erkennen; zugleich erkennt er aber auch deren Endlichkeit
und so, in einer Verdoppelung, seine eigene. Das Sein und die Endlichkeit
des Menschen sind jedoch paradoxerweise gerade nicht bestimmt. Sie sind
in ihrer Begrenztheit nur in den Dingen erfahrbar, finden ihre Bestimmung
nur in der Verdopplung. So gerät die versuchte Entfaltung des Menschen
aus sich selbst erstaunlicherweise zu einer Einfaltung der Dinge. Diese
Faltung, diese Doppelung in einem Außen führt zu dem zentralen
Gedanken des Gleichen.
"Man sieht, wie die moderne Reflexion
beim ersten Verlocken dieser Analytik die Aufteilung der Repräsentation
mit ihrer Entfaltung in einem Bild, so wie es das klassische Wissen ordnete,
sich zu einem bestimmten Denken des Gleichen - wo der Unterschied
dasselbe ist wie die Identität - umwendet." ***
Das fundamental Gegebene wiederholt sich als Positivität - und so
als Differentes; es wird jedoch als ein Identisches gedacht, ist in der
Reflexion immer nur als Identisches, als das Selbe (Gleiche) überhaupt
erreichbar, begreifbar. |
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Michel Foucault: a.a.O., S. 381. |
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