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0. EINLEITUNG:

Historische Geologie:

Alternative Begriffe zu "Historischen Geologie": Evolution des Systems Erde-Leben, Paläoumweltdynamik, Geospären-/Biosphären-Interaktion in Raum und Zeit.

• früher: beschreibende Wissenschaft
• heute: Beschreibung und Analyse interaktiver Prozesse und ihre Auswirkungen -> Integration vieler Teildisziplinen

Literaturempfehlungen:

Vorlesung hält sich bewusst relativ eng an:

Stanley, S.M. (2001 oder auch frühere Auflagen): Historische Geologie.- Spektrum (Hinweis: englische Auflage ist günstiger, da als Paperback erhältlich).

"Historisch", aber noch gut als Nachschlagewerk für Schichtnamen und sonstige Daten:
Brinkmann, Krömmelbein, Strauch (1991): Abriss der Geologie, II, Historische Geologie.- Enke

Weiterhin z.B.

• Faupl, P. (2000): Historische Geologie.- 270 S., Facultas, UTB für Wissenschaft, Uni-Taschenbücher, Wien. (Insbesondere der Alpenraum ist recht gut behandelt; Ökoaspekte, Klima, Meeresspiegelentwicklung kommt recht kurz)
• Windley (1995): The Evolving Continents,- Wiley. (v.a. für präkambrische Krustenentwicklung interessant; sehr petrologisch)
• Angekündigt für Juli2003: Wicander, R. (im Druck): Historical Geology: Evolution of Earth and Life through Time.- Thomson Learing
• als wichtige Ressourcen für Paläogeographische Karten:
  • Ziegler, P. A. (1988): Evolution of the Arctic-North Atlantic and the Western Tethys.- American Association of Petroleum Geologists Memoir, 43, Tulsa, Oklahoma. (siehe auch www.palaeo.de/edu/maps
  • Scotese Paleomap-Project: www.scotese.com

wichtig auch: Literatur zu Regionaler Geologie (Bücher mit sehr unterschiedlicher Zielrichtung und Qualität, wie z.B. Geologie von Baden-Württemberg, Geologie von Bayern, Geologie von Nordrhein-Westphalen, Regionale Geologie von Mitteleuropa, Geologie von Bayern. I. Das Bayerische Alpenvorland vor der Eiszeit, usw.).

Man sollte auch wissen, dass es ein umfassendes, regional aufgebautes (jedoch nicht gerade aktuelles) Nachschlagewerk gibt
Moullade & Nairn: The Phanerozoic Geology of the World (mehrere Bände, Elsevier), siehe Bibliothek.

Eine (zunehmend) komplette Literaturliste der verwendeten Literaturessourcen finden Sie hier.

Insbesondere aber ist die wichtigste Ressource: Ihr eigenes Vorlesungsmanuskript!

1. PRINZIPIEN UND GRUNDLAGEN

Dieses Einleitungskapitel zieht sich in der Realvorlesung über mehrere Doppelstunden. Es soll die Ihnen aus anderen Lehrveranstaltungen oder im Eigenstudium erarbeiteten Grundlagen wieder in Erinnerung rufen bzw. Sie auffordern, diese Grundlagen ggf. noch weiter zu vertiefen. Das Kapitel lehnt sich in Teilen eng an das Stanley-Lehrbuch an. Weitere Grundlagen finden Sie in Lehrbüchern zur Allgemeinen Geologie, Sedimentologie und Allgemeinen Paläontologie. Zu den Klimaaspekten finden Sie Vertiefungen und weitere Literaturangaben auch im Kapitel Känozoikum.

1.1 Aktualismus und seine Ausnahmen

"The Present is the key to the Past", aber viele Ausnahmen, z.B.:

• Präkambrische Kruste, Atmosphäre oder Ozean
• Organismenbestand und "Fähigkeiten" der Organismen
• Klimazustände, Strömungsmuster, Plattenkonstellation, Zeiten starken Vulkanismus, Treibhauszeiten etc.

Genauso oft: "The Past is the Key to the Present and the Future"

Jedoch Annahme: Naturgesetze gelten immer ("Uniformismus")

1.2 Geologische Prinzipien (und ihre Ausnahmen)

17 Jhd. Steno:

• Überlagerungsprinzip: nach oben jünger (aber: Lagergänge, Terrassen, lateral progradierende Riffe, tektonische Überkippung etc.)
• Horizontalitätsprinzip: alle Ablagerungen primär horizontal (aber: Dünen und sonstige Schrägschichtungskörper, Vorriff, Riff)
• Prinzip der Lateralen Kontinuität (Originalbeispiel: gleiche Schichten auf zwei Talseiten); gilt nur sehr beschränkt

Smith: Fossilabfolgen werden nach oben jünger (aber: Kondensationen, Umlagerungen, tekton. Überkippung)

Walther'sche Faziesregel: Übereinandervorkommendes kam original auch nebeneinander vor. Grundprinzip der Faziesinterpretation, gilt bei progradierenden bzw. evtl. retrogradierenden Systemen (Ausnahmen: Aggradation, Sequenzgrenzen, regionale Hartgründe etc.). Zu Ablagerungsgeometrien später mehr...

1.3 Rekonstruktion von Ablagerungsräumen

In Sedimenten und deren Verteilung stecken die wesentlichen Informationen zur Rekonstruktion früherer Umwelten und deren Veränderung (Wassertiefe, Schelfgradienten, Strömungen, Klima, Küstenlinien etc.).

Prinzipielle Ablagerungsräume in siliziklastischem Regime (von proximal nach distal):

• Bauxit, Laterit, Silcretes auf Abtragungsgebieten
• Alluvialfächer (coarsening upwards bei aktivem Hinterlandsaufstieg)
• Braided Rivers (Zopfflüsse)
• Mäandrierende Flüsse
• ggf. auch Seen, Inlandsdünen, Tillite
• Ästuare (erhöhter Tidenhub, mäßige Sedimentanlieferung), Delten, Küstensande
• Flachsee-Siliziklastika, hoch bis niederenergetisch, mit Tempestiten, Hummocky Cross Stratification
• evtl. Canyons am Schelfhang (ohne hohes Überlieferungspotential, ggf. im untersten Bereich)
• Tiefseetone mit lokalen submarinen Fächern (viele Turbidite)

Prinzipielle Ablagerungsräume in karbonatischem Regime (von proximal nach distal):

• Caliche, evtl. Laterit auf Abtragungsgebieten, v.a. Karstbildung
• selten (da kein Material wegen Karstbildung), nur bei aktivem Hinterlandsaufstieg: karbonat. Alluvialfächer
• Kalktuff (Wasserfälle), Bachkalke, mit Onkoiden, evtl. Travertin (in Verbindung mit heißen Quellen)
• Seenkarbonate (z.B. aus coccoidalen Grünalgen), Caliche auf Überflutungsflächen
• Flachwasserkarbonate z.B. als Karbonatplattform (Fazieszonierungen wie Gezeitenflächen, Lagunen, Rückriff, Riff oder Barren, ggf. Vorriff)
• pelagische Kalke (z.B. Coccolithen, plankt. Foraminiferen), z.T. mit Turbidit- und Grainflow-Einschaltungen (debris aprons von Schelfkanten), z.T. Subsolutionskalke auf Sea-Mounts, evtl. Radiolarite, falls unter CCD

Wichtig:

• Karbonate sind fast ausschließlich biogen! (keine "chemischen" Sedimente)
• Riffe nur bei Vorhandensein von Rifforganismen und geeigneten Milieus
• nicht alle Flachwasserkarbonate sind auch Warmwasserkarbonate; rezent auch Kaltwasserkarbonate (wohl auch fossil).
• neben Karbonatplattformen auch häufig Rampenkonfigurationen, v.a. zu Zeiten hohen Meeresspiegels
• planktische Kalkschaler erst seit Jura, zuvor kaum pelagische Kalke
• Teilweise zeittypische Karbonatfazies: Orthocerenkalke, Schreibkreide, phylloide-Algen-Mounds etc.

Sehr häufig: Gleichzeitiges Vorkommen von karbonatischen und siliziklastischen Ablagerungen: Abfang-, Abschirmungs- bzw. Anpassungsmechanismen notwendig.

• Abfangmechanismen z.B. Ästuare, Hoch-/Tiefzonen, arides Klima
• Abschirmungsmechanismen, z.B. küstenparallele Strömungen, by-pass-Situationen
• Anpassungsmechanismen: z.B. kalkproduzierende Organismen mit Anpassungen an terrigene Hintergrundsedimentation

vgl. hierzu Dias zu Unterkapitel: Siliziklastische, karbonatische und gemischte Ablagerungsräume (pdf-File, 2.4 MB)

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