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    Jahreszeiten
    Zur Auswahl der Vergleiche
    Zu Joos de Mompers Jahreszeitenfolge
    Joos de Momper - ein Künstler zwischen Manierismus und Barock
    Über Auftraggeber und Käufer
    Zur Funktion
    Die Emanzipation des Bildthemas



Jahreszeiten *

Der Wechsel der Jahreszeiten ist eine vertraute Erscheinung. Er hat die Menschen seit jeher beschäftigt. Ist doch der wiederkehrende Rhythmus von Blühen, Reifen, Ernten und Vergehen in der pflanzlichen Natur die Grundlage jeglichen Lebens. Während im Alten Testament der Bibel nur von Sommer und Winter die Rede ist, gilt im nördlicher gelegenen Europa die Unterteilung in vier Jahreszeiten - Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

Die Jahreszeiten waren schon in der Antike Sinnbilder des Werdens und Vergehens und dienten im Christentum als Vergleich für die Auferstehung Christi. Sie wurden häufig dargestellt, ebenso wie die zwölf Monate des Jahres und die diesen zugehörigen Tierkreiszeichen, wie die vier Elemente - Erde, Wasser, Luft und Feuer - und die Lebensalter des Menschen. Alle fünf Themen wurden einzeln oder in Kombinationen behandelt und häufig in Folgen verbildlicht. Sie galten als Sinnbilder für den von Gott wohlgeordneten Kosmos.

Die Jahreszeiten konnten von Künstlern in unterschiedlicher Weise dargestellt werden: Durch Symbole (Sinnbilder) wie Blumen und Früchte; durch Personifikationen (Verkörperungen), das heisst: in Form antiker Gottheiten oder menschlicher Gestalten, denen charakterische Blumen, Früchte, Tiere oder Gegenstände beigegeben wurden, oder auch durch Szenen mit jahreszeitlich bedingten Tätigkeiten. Die dabei wiedergegebenen Arbeiten entsprechen häufig denen, die auch in Monatsdarstellungen erscheinen.

Aus der antiken Tradition übernahmen die Chrsiten Personifikationen; etwa die geläufigen Typen der Horen (ursprünglich Personifikationen der Perioden pflanzlichen Wachstums), der Heroen (götterähnliche Helden, Halbgötter) und Eroten (Liebesgötter; meist kindliche, oft geflügelte Gefährten des Liebesgottes Amor; auch Putten genannt). Schon früh verbanden sich solche Verkörperungen mit typischen Tätigkeiten. Auf der romanischen "Annus-Schale" (Annus = Jahr), im Rheinischen Landesmuseum in Bonn, wird der Frühling als säender Landmann geschildert, der Sommer als Frau mit entblösster Brust, der Herbst als Winzer beim Rebenschneiden, der Winter als sich wärmender Mann am Feuer. Diese Bildtypen blieben lange in Gebrauch.

Allegorien (Verbildlichungen abstrakter Begriffe) der Jahreszeiten und der zugehörigen Themenkreise waren oft als Bauplastik Teil von Kathedralprogrammen. Sie erscheinen an Kirchentüren, in Bogenlaibungen oder neben Portalen, an Sockeln und in Fensterrosen. Sie finden sich zudem in der Buchmalerei. Besonders berühmt wurden die Monatsbilder, die die Brüder von Limburg - Pol, Herman und Jehanequin Malouel - zwischen 1413 und 1416 für die Très Riches Heures du Duc de Berry malten; ein Stundenbuch (ein Laiengebetbuch für die einzelnen Tageszeiten), das der begeistert-begehrliche Kunstsammler Jean, Herzog von Berry, aus dem französischen Königshaus der Valois, in Auftrag gab. Die Brüder von Limburg schilderten weite Landschaften mit topographisch getreuen Ansichten der herzoglichen Schlösser und mit tpyischen Arbeiten der Bauern und Vergnügungen des Adels während der einzelnen Monate.

Der überaus produktive deutsche Kupferstecher und Holzschneider Virgil Solis, der um 1550 in Nürnberg tätig war, kombinierte in seinem Stich 'DIE 4. ZEIT DS.JARS' eine nackte weibliche Personifikation des Jahres mit den vier Elementen, die von Putten verkörpert werden. Die Erde hat einen Spaten, Blumen und Früchte. Dem Wasser spriesst Schilf auf dem Kopf. Die Luft kommt geflogen, einen Vogel in der Hand. Der vierte Putto trägt einen Topf mit dem Feuer im Arm.


Zur Auswahl der Vergleiche

Den Jahreszeitenbildern von Joos de Momper wurden druckgraphische Verbildlichungen des gleichen Themas gegenübergestellt, die im Zeitraum von etwa 1550 bis etwa 1620-25 entstanden sind.

Wichtig erschien, anhand graphischer Folgen die 'Bandbreite' der Möglichkeiten zu veranschaulichen, die damals zur Verbildlichung eines relativ abstrakten Begriffes wie 'Jahreszeiten' zu Gebote standen. Wählte ein Künstler geläufige traditionelle Sinnbilder wie Personifikationen - z. B. den Herbst verkörpert als Winzer - oder mythologische Allegorien - z. B. den Herbst in Gestalt des Gottes Bacchus - , so konnte er mit breitem Interesse rechnen. Personifikationen, die zeichenhaft verkürzt eine charakteristische Tätigkeit verkörperten, waren volkstümlich und jedem verständlich. Mythologische Allegorien entsprachen einer gehobenen Stillage. Sie boten sich deshalb vor allem für ein gebildetes, anspruchsvolles Publikum an. Dass solche Sinnbilder als 'gängige Münze' für vielerlei Zwecke verwendbar waren und nachgefragt wurden, beweist auch die Popularität des Emblembuches von Cesare Ripa, das viele Auflagen erlebte und gern von Künstlern zu Rate gezogen wurde.

Momper mag diese frühen Folgen gekannt haben. Doch gestaltete er das Thema ganz wirklichkeitsnahe. Er schilderte vielfältige Szenen in weiten Landschaftsärumen. Darin folgte er der heimischen niederländischen Tradition. Besonders die in Kupfer gestochene Jahreszeitenfolge, die Hieronymus Cock in Antwerpen 1570 nach Vorzeichnungen von Pieter Brueghel dem Älteren und Hans Bol publizierte, hat Momper sichtlich beeindruckt. Doch waren ihm sicher auch Beispiele voraufgehender Malerei vertraut: vielleicht die Monatsbilder von Pieter Brueghel dem Älteren (datiert 1565, die erhaltenen überwiegend im Wiener Kunsthistorischen Museum), oder die Jahreszeitenfolge von Jacob Grimmer (datiert 1575, in Budapest) und von Lucas van Valckenborch (datiert 1585-1587, gleichfalls im Wiener Kunsthistorischen Museum). Mit Jacob Grimmer verbindet Momper zudem die Auswahl der Landschaften. In Blatt 11 einer Kupferstichfolge Grimmers mit 12 Landschaften aus der Umgebung Antwerpens findet sich ein ganz ähnlicher herrschaftlicher Landsitz am Weiher, wie er in Mompers Herbstbild, auch - leicht abgewandelt - im Sommerbild, zu sehen ist. Wenn Joos de Momper - wie seine unmittelbaren Vorläufer - Landschaften, Städte, Dörfer und Landsitze seiner südniederländischen Heimat wiedergab, so dürfte dies vor allem mit Blick auf die Interessen und das Identifikationsbedürfnis von Auftraggebern und möglichen Käufern geschehen sein. Zum Vergleich herangezogen wurde zusätzlich die in der Motivauswahl neuartige Kupferstichfolge des Holländers Willem Buytewech, die kurz nach Mompers Jahreszeitenbildern entstand. Sie veranschaulicht die in Holland einsetzende Wandlung des Themas zum reinen Landschafts- oder Sittenbild.

Um unsere Vorstellung von Denkweise und Lebensgefühl der Menschen dieser Zeit - etwa zwischen 1550 und 1650 - zu vertiefen, wurden den bildlichen Darstellungen literarische Äusserungen vergleichend gegegnübergestellt. Wie eng beide Bereiche damals miteinander verbunden waren, zeigen die erläuternden 'Unterschriften' in Versform, die von mehreren Dichtern in verschiedenen Sprachen zu Nachstichen nach Joachim von Sandrarts Monatsbildern von 1642/43 für Schloss Schleissheim verfasst wurden. Auch in der Dichtkunst lässt sich eine ähnliche Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten beobachten wie in Malerei und Graphik. Neben der Schilderung wirklichkeitsnaher Beobachtungen und Empfindungen, die Mompers Bildern nahe kommen, stehen Texte, die ihren literarischen Reiz aus dem Spiel mit humanistisch-allegorischen Einkleidungen und Verschlüsselungen gewinnen. Doch kommt die gedankliche Verbindung von Jahresablauf und menschlichem Lebensweg in Gedichten oft deutlicher zum Ausdruck als in gleichzeitiger bildender Kunst. Vor allem Gemälde hatten als ständig sichtbare Dekoration immer dem Anspruch zu genügen, eine 'Augenweide' zu sein.


Zu Joos de Mompers Jahreszeitenfolge

Frühling - Sommer - Herbst - Winter.
Inventar-Nummern 64-67, Eichenholz, circa 55,5 x 97 cm.

Die Bilder sind nicht bezeichnet oder datiert, doch sicher zuschreibbar und in Antwerpen vermutlich um 1615 entstanden. Als Teil der herzoglich-braunschweigischen Sammlung wurden sie erstmals 1697 erwähnt (als Bröl = wohl Brueghel; 1744 wurden sie unter dem Namen Momper, 1776 unter den Namen J. Brueghel und Momper katalogisiert). Die Figuren im Vordergrund sind höchstwahrscheinlich von Jan Brueghel dem Älteren gemalt worden.


Joos de Momper - ein Künstler zwischen Manierismus und Barock

Joos de Momper wurde 1564 als Sohn eines Malers in Antwerpen geboren, wo er 1635 starb. Er war nur wenig älter als der berühmte flämische Maler Peter Paul Rubens, der nach einem achtjährigen Italienaufenthalt die nordeuropäische Variante der Barockmalerei schuf. Auch Momper war zwischen 1581 und 1591 im Süden, wo er sich mit dem in Venedig und im Veneto tätigen flämischen Landschaftsmaler Lodewijk Toeput, in Italien Pozzoserrato genannt, befreundete. Niederländische Landschaftsspezialisten waren damals in Italien gefragt.

Ausgebildet worden war Momper in der Tradition der damals in den Niederlanden aktuellen sogenannten 'manieristischen' Landschaftsmalerei. Kennzeichnend hierfür ist die kunstvolle Konstruktion des Landschaftsraumes aus austauschbaren, typischen Teilen - wie Bergen, Bäumen, Bauten, Wasserläufen und Ähnlichem. In Gebirgslandschaften wurden die Berge in Vorder- und Mittelgrund gern gegen- und hintereinander geschoben - wie Theaterkulissen. Als Beispiel kann die bezeichnete und 1595 datierte 'Felsige Landschaft mit Jäger' - vermutlich eine Rheinansicht - des Lukas van Valckenborch (vor 1535 bis 1597) gleichfalls in der Braunschweiger Galerie dienen. Bei Waldlandschaften wird die Bildfläche häufig durch eine mächtige Baumgruppe in der Mitte halbiert. Auf der einen Seite folgt der Blick einem Weg ins Dickicht des Waldes, auf der anderen geht er in eine offene Landschaft, oft in ein Tal. Dies Schema kann noch die sehr späte, 1624 datierte und bezeichnete Waldlandschaft mit den 'Vier Elementen' im Herzog Anton Ulrich-Museum illustrieren. Sie wurde gemalt von Abraham Govaerts (1589 bis 1626), einem wenig originellen Nachfolger von Jan Brueghel dem Älteren.

Das manieristische Landschaftsbild entstand in zwei Phasen. Zunächst entwickelte Joachim Patinier (um 1480 bis 1524) schon im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts die sogenannte 'Überschaulandschaft'. Sie versucht, in einem weiträumigen Panorama ein möglichst vollständiges Bild der Welt nachzuschaffen. Dafür wird ein hoher Augenpunkt gewählt - etwa so, als wenn der Maler oder Betrachter von einem hohen Bauwerk auf die Landschaft herabschauen würde. Durch die starke Aufsicht rückt der Horizont sehr hoch. Dies ermöglicht die Gestaltung eines besonders tiefen Landschaftsraumes. In einem zweiten Schritt führte gegen 1560 Pieter Brueghel der Ältere (um 1525-30 bis 1569), der sogenannte Bauernbrueghel, zusätzlich eine Trennung der Bildgründe durch abrupte Höhenwechsel des Geländes ein. Hinter dem von oben gesehenen Vordergrundsterrain fällt das Gelände plötzlich so stark ab, dass der Mittelgrund zum Teil verdeckt wird. Dadurch erscheinen die Bildgründe unvermittelt hintereinander geschoben. Die Trennung der Gründe wird noch betont durch farbliche Unterscheidung: Im Vordergrund überwiegen Brauntöne, im Mittelgrund Grün- und zum Horizont hin Blauschattierungen. Dies im späteren 16. Jahrhundert in den Niederlanden übliche Farbschema systematisiert die normale Seherfahrung. Denn der natürliche Dunstschleier verändert für unsere Augen mit zunehmender Entfernung alle Farben zu Graublau. Für die voll entwickelte Kompositionsweise des manieristischen Landschaftsbildes bietet in unserer Galerie auch die 1609 datierte Gebirgslandschaft mit dem Abschied von Abraham und Loth ein gutes Beispiel. Sie wurde von Tobias Verhaeght gemalt, dem Lehrer des Peter Paul Rubens.

In Mompers Lebenswerk lässt sich gut der Wechsel verfolgen von der manieristischen Landschaftskomposition zur realistischen Naturwiedergabe. Für die Stilphase des Übergangs ist unsere Bilderfolge ein reizvolles Beispiel. Momper malte sie vermutlich um 1615. Damals trugen niederländische Bürger solch mässig breite Radkragen und auch die Damen solch modische hohe Hüte mit fester schmaler Krempe. Momper wählte noch den traditionellen Typus der 'Überschaulandschaft'. Dies gab ihm die Möglichkeit, einen sehr weiten Landschaftsraum zu gestalten und darin recht zahlreiche, jahreszeitlich bedingte Aktivitäten der Menschen gut sichtbar darzustellen. Auch der Farbaufbau ist noch der Malerei des 16. Jahrhunderts verpflichtet. Frühbarock, also aus damaliger Sicht modern, ist hier die seitliche Rahmung des Bildfeldes durch Bäume und/oder Häuser, zwischen denen die Landschaft nun ohne Bruch, kontinuierlich bis zum Horizont zu überblicken ist. Die Tiefenerstreckung des Raumes ist an den schräg ins Bild leitenden Wegen abzulesen. Dieser neue Typus des Landschaftsbildes wurde seit 1610 verwendet; zuerst von Mompers Freund, dem Landschafts- und Stillebenmaler Jan Brueghel dem Älteren (1568 bis 1625), auch Sammetbrueghel genannt. Vermutlich hat Momper ihn von diesem übernommen. Nachweislich arbeiteten die beiden gelegentlich zusammen. Sehr wahrscheinlich hat Jan Brueghel auch in unseren Bildern die reizvollen Bauern- und Bürgerfiguren im Vordergrund gemalt.

Derartige Zusammenarbeit war im Kreise dieser sogenannten Kleinmeister nicht selten. So liess etwa Jan Brueghel mythologische Figuren oft von Hendrick van Balen ausführen, während er Bauernstaffagen seit 1602 selbst malte. Dass Jan Brueghel wiederum gelegentlich Mompers Bilder staffierte, ist urkundlich bezeugt. In seiner Einnahmeliste der Jahre 1612/13 steht verzeichnet: "Die vier Jahreszeiten gemacht von Momper ... die Figuren gemacht von meiner Hand à 40 Florin (= Gulden) per Stück = 160 (L.409.60; "Li quattro stagioni f del Momper, et l'altro fatto a casa, li figuri fatto del mio mane a 40 fiorina per pezzo = 160"). Ob diese Eintragung sich auf unsere Folge bezieht, wissen wir nicht. Das Thema war beliebt und wurde sicher häufiger bestellt. In solchen Fällen wiederholte ein Maler meist die einmal entwickelte Komposition und variierte nur Einzelheiten - eventuell in Absprache mit dem Käufer.


Über Auftraggeber und Käufer

Seit 1697 ist Mompers Jahreszeitenfolge in den herzoglichen Sammlungen nachzuweisen. Für wen mag sie gemalt worden sein? Sie schildert die Natur im Wechsel der Jahreszeiten im wesentlichen aus der Sicht des Stadtbewohners. Im Hintergrund der Frühlingslandschaft ist die Silhouette Brüssels zu sehen, wie sie kurz darauf Jan van Goyen in einer Skizze festhielt (Dresdener Skizzenbuch). Der Landsitz am Weiher, der auf den Bildern von Sommer und Herbst in leichter Variation zu sehen ist, entspricht weitgehend einem heute nicht mehr erhaltenen, der auf Blatt 11 einer Folge von zwölf Ansichten "Bij Antwerpen" erscheint, die Adriaen Collaert nach Vorzeichnungen des 1590 verstorbenen Jacob Grimmer herausgab. Beides legt nahe, den Käufer im Kreise des südniederländischen städtischen Patriziats zu suchen, also unter den reichen Bürgern, die auf Grund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse in den regierenden Rat einer Stadt gewählt und dort - meist ehrenamtlich - tätig werden konnten. Tatsächlich bezeugen Urkunden, dass Monats- und Jahreszeitenfolgen von reichen Bürgern gekauft wurden, doch ebenso von hochgestellten Personen aus Adel und Klerus. Vielleicht war das unbekannte Schicksal unserer Bilder dem anderer Folgen ähnlich, über die wir besser unterrichtet sind.

Beispielsweise besagt ein Bürgschaftsdokument vom 21.2.1566, dass der Antwerpener Kaufmann Nicolaes Jonghelinck (oder: Nicolaas Jongelinck) in seinem Hause vor den Toren der Stadt Antwerpen unter anderem sechzehn Bilder von Pieter Brueghel dem Älteren besass, darunter die 'Twelff Maenden' (Zwölf Monate). Ob es sich dabei um eine Monatsfolge mit sechs oder mit zwölf Tafeln handelte, ist strittig. Jonghelincks Bürgschaft und damit seine Bilder verfielen offenbar der Stadt Antwerpen. Denn - laut Eintragung im Kassabuch des Blasius Hütter vom 5.6.1594 - bekam Erzherzog Ernst, Regent Spaniens in den südlichen Niederlanden, in Brüssel "6 Taffeln ... von den 12 monats zeiten ... von Bruegel ... von den Herren von Anttorf" (= Antwerpen) zum Geschenk. 1659 erwähnt das Inventar der Sammlungen von Erzherzog Leopold Wilhelm, einem späteren habsburgischen Regenten, fünf Bilder mit "Zeithen desz Jahrs" von Brueghel. Sie waren vermutlich identisch mit den Bildern aus dem Besitz von Erzherzog Ernst. Wann genau Brueghels Monatsbilder über Leopold Wilhelm nach Wien in die kaiserlichen Sammlungen gelangten, wissen wir nicht. Heute sind insgesamt fünf der Tafeln erhalten, davon drei im Wiener Kunsthistorischen Museum (aus den ehemaligen kaiserlichen Sammlungen). Vier sind bezeichnet und 1565 datiert.

Auch Pieter Brueghels älterer Sohn Jan malte unter anderem Serien der Jahreszeiten, Monate und Elemente - sowohl für Bürger, wie für Adel und Klerus. Seine bedeutendsten Auftraggeber waren der Kardinal Federico Borromeo in Mailand, den er während seines mindestens sechsjährigen Italienaufenthaltes kennenlernte und noch aus Antwerpen belieferte, und der Brüsseler Hof mit den damaligen Regenten Erzherzog Albrecht VII. und der spanischen Infantin Isabella Clara Eugenia.


Zur Funktion

Solche Bilderfolgen, von denen sich nur wenige vollständig erhalten haben, eigneten sich vorzüglich als Raumdekorationen. So bestellten etwa die Fugger 1580 für ihr Schloss Kirchheim in Schwaben fünf Bilder bei dem Maler Vicenzo Campi (1531 bis 1591) in Cremona. Sie stellten Obst-, Gemüse- und Blumenstände und den Blick auf jahreszeitlich zugehörige Arbeiten dar und hängen - vermutlich seit jeher - im Speisesaal.

Im Landschaftszimmer des Gartenpalastes der Farnese in Parma befanden sich - laut Inventar von 1680 - Gemälde des flämischen Malers Joachim Beuckelaer (um 1535 bis um 1574) und der venezianischen Malerfamilie da Ponte, genannt Bassano (tätig gegen 1600). Die Bassani hatten Bilder mit den vier Jahreszeiten geliefert. Bei Beuckelaer muss es sich um Marktstände oder Küchenstücke gehandelt haben - etwa von der Art des Bildes mit 'Wild- und Geflügelhändler' in der Galerie des Herzog Anton Ulrich-Museums in Braunschweig.

"Zur Auszierung des grossen Saals in Schleissheim" malte der in Holland und Italien fortgebildete deutsche Meister Joachim von Sandrart (1606 bis 1688) in den Jahren 1642 und 1643 für den bayrischen Kurfürsten Maximilian "die 12 Monate samt Tag und Nacht in Lebensgrösse". Sie zeigen lebensgrosse Halbfiguren als Personifikationen der Monate mit kennzeichnenden Attributen oder Tätigkeitsmerkmalen. Man kann sich noch heute in Schloss Schleissheim sehen. Auftrag und Hängung werden in der Vorrede zu Sandrarts 1675 veröffentlichten Künstlerbiographien, der 'Teutschen Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste', erwähnt. Im Herzog Anton Ulrich-Museum befindet sich im übrigen ein vergleichbares Bild mit einer 'Fischhändlerin' von Sandrart.

Ferner steht in der Vorrede zu lesen, dass die in Holland gefertigten Nachstiche nach Sandrarts Bildern von dem 1648 verstorbenen Poeten Barlaeus (van Baerle) mit lateinischen, von dem holländischen Dichter Vondel mit niederländischen, später von dem Deutschen Sigmund von Birken mit "hoch-teutschen Unterschriften ... verzieret" wurden. Birkens Verse, in Anlehnung an die lateinischen des Barlaeus verfasst, sind in der Vorrede abgedruckt. Es handelt sich um gereimte, achtzeitlige Gedichte. Dies veranschaulicht die unmittelbare Beziehung zwischen Malerei, Druckgraphik und Dichtung in der Kunst des Barock. Einmalige, dem breiten Publikum unzugängliche Gemälde wurden in Kupferstichen - wie heute in Fotos - reproduzeirt und verbreitet. Bildbände oder Einzelblätter mit Kupferstichen wurden durch Sinnsprüche und Verse bekannter Poeten kommentiert und vervollständigt.

Die Vorliebe für gemalte Bilderfolgen erklärt sich jedoch nicht nur aus der Möglichkeit, einen Raum einheitlich zu gestalten. So vielfältig und alltäglich die Themen auch sein mochten, die Bilder hatten immer zusätzlich den Sinn, belehrend einen bestimmten höheren Zusammenhang zwischen Menschenleben und Natur zu veranschaulichen. Sie sollten als Teile das Ganze des von Gott wohlgeordneten Kosmos versinnbildlichen. In weit stärkerem Masse als heute fühlten sich die Menschen damals einbezogen in die Lebenszusammenhänge und den Rhythmus der Natur. Sie spürten unmittelbarer am eigenen Leibe die Härten des Winters, die Freuden des Sommers und die Auswirkungen guter oder schlechter Ernten. Ihr ausgeprägtes Bedürfnis nach einer von Gott garantierten Ordnung, in der sich der einzelne sicher und geborgen fühlen kann, ist nur zu leicht verständlich. Menschliche Existenz war in früheren Jahrhunderten ungleich drastischer gefährdet als heute. Gegen Krankheit und Tod, Hungersnot, soziale Ungerechtigkeiten, Kriege, Plünderungen und anderes mehr gab es kaum wirksame Abhilfe - etwa durch Medizin, funktionierende Nahrungsversorgung, rechtstaatliche Ordnung und Sozialversicherung, wie sie in unserer westlichen Zivilisation heute selbstverständlich sind.

Beliebt waren Serien mit Jahreszeiten, Tageszeiten, Monaten, mit Elementen, Temperamenten, den fünf Sinnen, den Lebensaltern, den Weltaltern. Hinzu kamen Dokumentationen der Geschichte in Folgen mit Heiligen, Heroen, Fürsten, berühmten Männern und/oder Frauen und Verwandtes. Je nach Thema und Verwendungszweck wurden Gegenstücke (Pendants), Vierer-, Fünfer-, Sechser-, Achter- und Zwölferserien geschaffen.

Erhellend für das Naturverständnis der Zeitgenossen ist das Zeugnis des Kardinals und späteren Erzbischofs von Mailand, Federico Borromeo, des wichtigsten Mäzens von Mompers Freund Jan Brueghel dem Älteren. In einem Brief an seine Mutter berichtete Borromeo 1599, dass er - wie so oft - in einem Garten bei Rom geweilt habe ... "fast wie ein Einsiedler ... ich möchte dies wiederholen ... [denn] es erquickt den Geist". In seinen autobiographischen Notizen vermerkte er 1628: "Ich habe mein Zimmer mit Gemälden geschmückt ... Und das Vergnügen, das ich beim Anblick dieser gemalten Ansichten empfinde, ist bei mir ebenso schön erschienen wie die offenen und weiten Blicke [in der Natur] ... An deren Stelle, wenn sie nicht erreichbar sind, umschliessen Bilder auf engem Raum Erde und Himmel, und wir machen lange Wanderungen [im Geiste], still in unserem Zimmer stehend."

In Borromeos Schriften wird immer wieder deutlich, dass er Brueghels Landschaften, ebenso wie dessen Stilleben, nicht allein um ihrer Schönheit willen liebte, sondern dass ihm auch im gemalten Abbild die Wunder der Natur in ihrer Vielfalt als Zeugnis der Güte Gottes galten. Es ist diese neue Frömmigkeitshaltung der katholischen Reformbewegung - ausgehend von dem Bologneser Gabriele Paleotti und von Filippo Neri, dem Begründer des Reformordens der Oratorianer in Rom -, die die Entwicklung der Landschaftsmalerei als eigenständiger Gattung begünstigte. Solch christliche Weltsicht war wohl auch Laien - katholischen wie protestantischen - damals vertraut. Sie bildete neben ästhetischen und Dekorationserwägungen sicher einen zusätzlichen Kaufanreiz.


Die Emanzipation des Bildthemas

Im Mittelalter waren Jahreszeiten-, Monatsfolgen und verwandte Sujets Bestandteile kirchlich-religiöser Schmuckprogramme. Monatsdarstellungen etwa konnten Verwendung finden als Kalenderbilder in einem Gebetbuch, wie den Très Riches Heures du Duc de Berry. Dieses berühmte Stundenbuch, ein Gebetbuch für Laien mit Gebeten für die Tageszeiten, wurde zwischen 1413 und 1416 für den Herzog von Berry von den sogenannten Brüdern von Limburg bebildert. Es handelt sich um die Maler Pol, Herman und Jehanequin Malouel (Maelweel = Mal gut), die vermutlich nicht aus der Provinz Limburg, sondern aus Limbricht (früher Lymborch) in der Provinz Geldern stammten. Im Zusammenhang des Gebetbuches dient die Monatsfolge traditionsentsprechend noch eindeutig als Sinnbild für und Abbild von Gottes Weltordnung. Doch enthalten diese Miniaturbilder zugleich wichtige 'moderne' Neuerungen. Erstmals finden sich reale Milieuschilderungen: das Luxusdasein des Adels wird kontrastiert mit Arbeit und Armut der Bauern. Erstmals finden sich in den Hintergründen realistische 'Architekturporträts', insgesamt neun Schlösser des Herzogs von Berry. Das ist ein zukunftsweisender Schritt. Von nun an löst sich die Erfassung der Wirklichkeit immer entschiedener aus dem Zusammenhang kirchlichen Kultes und frommer Andacht.

Reichlich 150 Jahre später ist die Jahreszeitenfolge, die der Antwerpener Verleger Hieronymus Cock 1570 nach Vorzeichnungen von Pieter Brueghel dem Ältern und Hans Bol im Stich herausgab, bereits als Sammelobjekt für Kunstliebhaber gedacht. Dennoch dürften auch damalige Betrachter noch Jahreszeitendarstellungen als Sinnbilder für den von Gott wohlgeordneten Kosmos und zugleich als Abbild der eigenen Lebenswirklichkeit betrachtet haben.

Das gilt auch noch für Mompers Jahreszeitenfolge. Auch hier wird die Welt von oben gesehen (hoher Augenpunkt!). Dies entspricht eher der Sicht Gottes auf seine Schöpfung, als dem Blickpunkt eines teilhabenden Menschen - etwa dem eines sitzend skizzierenden Malers. Noch immer wird in der Vielfalt des Dargestellten, in der ausführlichen Schilderung charakteristischer menschlicher Tätigkeiten das Ganze der Welt gemeint. Doch innerhalb dieses traditionellen heilsgeschichtlichen Bezugsrahmens geht Momper in der Säkularisation, der Verweltlichung des Themas, einen Schritt weiter als Pieter Brueghel. Wie Hans Bol in seiner Winterdarstellung, die Brueghels Folge abschloss, erweitert auch Momper die Milieuschilderung, indem er die Welt der Bürger einbezieht. Bei ihm wird Natur nun wesentlich aus der Sicht des Städters erlebt und beschrieben. Mompers Sommerlandschaft erscheint bereits als Vorwegnahme des Bürgerparks, wie ihn im 19. Jahrhundert jede grössere Stadt als Erholungsgebiet für ihre Bürger anlegte.

Nur wenige Jahre später - seit 1618-26 - brechen holländische Maler radikal mit dieser Tradition, die den Wirlichkeitsausschnitt in ein grosses Sinngefüge einordnete. Den Anfang machen Esaias van de Velde und dessen Nachfolger Pieter de Molyn und Jan van Goyen. Die Darstellung von Natur und Landschaft löst sich nun aus dem Zusammenhang von Folgen. Sommer- und Winterlandschaft, Morgen-, Abend- und Nachtstimmung, Gebirgslandschaft, Flachlandschaft, Flusslandschaft, Seestück und anderes mehr werden um ihrer selbst willen bildwürdig. Die Landschaft ist jetzt aus normaler Augenhöhe eines vorbeiziehenden Wanderers oder eines zeichnenden Malers wiedergegeben. Auch die Darstellung des Menschen im Landschaftsbild tritt zurück. Figurenstaffage dient vor allem der Verlebendigung und ordnet sich dem Stimmungsgehalt der Natur unter. Diese Entwicklung vollzieht sich übrigens in Holland und in Rom fast zeitgleich.

In Jan van Goyens 1631 datiertem Bilde im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig etwa wird als Abbild des Sommers ein Stückchen Düne geschildert - bei bedecktem Wetter mit 'Aufheiterungen' - mit einzelnen Bauern und einem Ziegenhirten. Solch ein Bild, im handlichen Kabinettformat für den bürgerlichen Wohnraum, macht einen alltäglichen Ausschnitt aus der eigenen bescheidenen Lebenswelt zum Thema; einem Thema, mit dem sich jeder, auch der Ungebildete, identifizieren konnte. Damit hat sich die Landschaft als Bildmotiv emanzipiert.

Diesen einschneidenden Bewusstseinswandel, der unsere Weltsicht bis heute prägt, beleben zahllose Bildbeispiele in der Braunschweiger Galerie: etwa die Dünenlandschaft von Jan van Goyen und Pieter de Molyn, die Sommerlandschaft von Alexander Keirincx, die Winterlandschaft von Aert van der Neer, die Bilder des Jacob van Ruisdael oder die idyllischen südlichen Sommerlandschaften holländischer Italienfahrer (sogenannter Italianisten) wie Jan Asselijn oder Adam Pijnacker und andere.

Die christliche Glaubenseinstellung blieb davon unberührt. Für einen Protestanten war Gottes Wirken auch im Unscheinbaren sichtbar und darstellungswürdig. Doch wurde nun darauf verzichtet, die Vielfalt der Welt enzyklopädisch sammelnd zu erfassen, nach äusseren Ähnlichkeitsmerkmalen zu gruppieren und einem übergeordneten, umfassenden Ordnungssystem einzufügen. Die ausgeprägt enzyklopädischen Bestrebungen der Menschen bis ins 16. Jahrhundert lassen sich als Vorform dessen bezeichnen, was wir heute unter Wissenschaft verstehen. Unser wissenschaftliches Denken, das stets nach Ursache und Wirkung fragt, wurde vor allem entscheidend im 17. Jahrhundert ausgeprägt. Eines der frühen Zentren war Holland, eben das Land, in dem gleichzeitig die neue Sicht der Wirklichkeit entstand und zur Ausbildung neuer, sogenannter 'Fächer' der Malerei führte, unter denen die Landschaftsmalerei nur eines war.

* Es sei hier auf die hervorragend webbetreute Ausstellung Der Welt Lauf (Allegorische Graphikserien des Manierismus) hingewiesen, die unter anderem auch ausgezeichnetes kommentiertes illustriertes Online-Material zur Vierjahreszeiten-Thematik bietet.


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