Mittelalterliche
Dorfkirchen im Teltow (südl. Berlin und Brandenburg)
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Kirchen Neue Beschreibung |
Dorfkirche
Giesensdorf Die Dorfkirche Giesensdorf ist eine schmale, dabei aber relativ lange Kirche mit einer sehr interessanten Baugeschichte. Sie wurde im 2. Weltkrieg stark beschädigt und in den 1950er bis auf den hölzernen Dachturm, der durch einen steinernen Glockenträger ersetzt wurde, historisch wieder aufgebaut. Lage: Die Dorfkirche Giesensdorf liegt heute weit innerhalb der Stadtgrenzen von Berlin an der Ecke Ostpreußendamm 64/Osdorfer Straße im Bezirk Steglitz. Sie gehört zum Kirchenkreis Steglitz. Die Kirche liegt im Friedhof. Ortsgeschichte: Giesensdorf wurde 1299 erstmals urkundlich erwähnt ("Ghiselbrechtstorpp"). Der Name leitet sich von einem Personennamen Giselbert/Giselbrecht ab (Schlimpert, 1972). Das Dorf hatte 1375 50 Hufen, davon hatte der Pfarrer drei Freihufen. Jede abgabepflichtige Hufe mußte 6 Scheffel Roggen und 6 Scheffel Hafer an Pacht bezahlen. Die Zins pro Hufe betrug 2 Schillinge. Es gab 5 Kossäten im Dorf, von denen jeder 1 Schilling bezahlen mußte. Es gab keinen Dorfkrug, und die früher vorhandene Windmühle war wegen "Armut" eingegangen. Die Bede in Höhe von 4 Schillingen pro Hufe ging an den Bischof von Brandenburg. Dieser durfte auch die Wagendienste, die die Bauern zu leisten hatten, in Anspruch nehmen, "seit alters her", wie es im Landbuch heißt. Auch das hohe und niedere Gericht und alle übrigen Dienste standen dem Bischof zu. Auch 1450 und 1480 hatte das Dorf 50 Hufen, davon 3 Pfarrhufen. Allerdings lagen 1480 6 Hufen unbebaut ("wüst") und 6 Hufen waren "verbrannt". 1450 gehörte das Dorf der Familie v. Quast, 1480 der Familie von der Gröben. Später wurde der Besitz geteilt und die Anteile wechselten häufig die Besitzer. Baustruktur: Die Kirche
ist eine einfache Rechteckkirche, die allerdings nach Westen
verlängert worden ist (Ostteil ca. 8,5 : 6,8 m , Westteil ca.
11,65 : 6,9 m). Die Baunähte sind auf Nord- und Südseite
deutlich erkennbar; außerdem ändert sich die
Mauerstärke (Ostteil ca. 1,05 m, Westteil 95 cm). Die Kirche
hat einen Anbau an der Chornordseite. Mauerwerksausführung: Der Ostteil zeigt ein lagiges Mauerwerk mit gut gequaderten Feldsteinen. Der Westteil hat ebenfalls noch ein lagiges Mauerwerk, allerdings sind hier die Feldsteine nicht oder kaum gequadert. Es kommen zahlreiche unregelmäßige Auskeilungen vor. Ost- und Westgiebel sind ebenfalls lagig gemauert, aber die Feldsteine sind nur mäßig gut bis schlecht gequadert. Mörtel und Putze: Die Kirche zeigt lediglich einen Fugenputz. Der Nordanbau ist komplett verputzt. Portale und Fenster: Die
Ostseite weist zwei segmentbogige Fenster mit verputztem Gewände
auf. Im Giebel ist eine hochrechteckige Öffnung. Die Südwand
hat im Chorbereich zwei derartige Fenster. Es folgen zwei längere
Fenster mit segmentbogigem Abschluß und verputztem Gewände.
Das westliche Fenster in der Südwand ist spitzbogig mit einem
Ziegelgewände. Die Ziegel haben das Format 28,5 x 13 x 9 cm.
Es wurde vermutlich bei dem größeren Umbau im Jahre
1609 vermauert und erst beim Wiederaufbau 1953 wieder geöffnet.
In der Nordwand sind im Chorbereich zwei zugesetzte, im Abschluß
rundbogige Fenster mit Feldsteingewände als Nischen mit
schrägen Gewänden erhalten geblieben. Sie messen ca.
2,10 m in der Höhe und 75 cm in der Breite. Mit einem
Höhen-Breiten-Verhältnis von fast 3:1 haben sie gotische
Proportionen. Die Bauaufnahme von 1953 (siehe Cante, 1987) stellte
außerdem fest, daß sich in der inneren Ostwand zwei
schlanke Fenster befanden, die aber etwas tiefer als die
Nordfenster hinabreichten. Sie entsprachen aber diesen Fenstern in
der Größe und schlossen in der gleichen Höhe ab.
Im Innern haben die zwei südlichen Fenster des Chorbereiches
jeweils auf der Ostseite ein Feldsteingewände. Dies dürfte
das ursprüngliche Gewände gewesen sein, während das
westliche Gewände beseitigt, das Fenster verbreitert und ein
neues Ziegelgewände eingemauert wurde. Diese Veränderung
der Fenster geschah vermutlich beim Umbau von 1609.
Innenbögen: Die Kirche hat keine Innenbögen. Turm: Die Kirche hatte vor ihrer Zerstörung einen hölzernen Dachturm. Dieser wurde aber nicht wieder aufgebaut, sondern durch einen offenen, steinernen Glockenträger über dem Westgiebel ersetzt. Dächer: Kirche und Anbau sind mit Mönch-und-Nonne-Ziegeln gedeckt. Decke: Das Innere der Kirche haben wir noch nicht gesehen Innenausstattung: Das Innere der Kirche haben wir noch nicht gesehen Rekonstruktion und vermutliche
Baugeschichte: 14. Jahrhundert: Verlängerung der Kirche nach Westen. Das Ziegelformat des Gewändes des westlichen Fensters auf der Südseite konnte erfaßt werden (28,5 x 13 x 9 cm). Es ist identisch mit den basalen Ziegeln des Westportals im Turm der Dorfkirche Ahrensdorf (Teltow) und dem Begleitbogen des Priesterportals der Dorfkirche von Linthe. Leider sind beide nicht datiert, jedoch ist der später an die Kirche angefügte Turm von Ahrensdorf sicher nicht älter als 15. Jahrhundert. Das obige Ziegelformat ist allerdings nicht sehr typisch. Nur geringfügig abweichende und in der Schwankungsbreite der obigen Ziegeln liegende Formate wurden aber auch im 14. Jahrhundert verwendet. Die Mauerwerksausführung des Westeils ist noch lagig mit mäßig gequaderten Feldsteinen. Im 15. Jahrhundert wären die Feldsteine des Mauerwerks nicht mehr gequadert und lagig versetzt worden. Nachgewiesene Umbauten und
Instandsetzungen: Bemerkungen: Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.84, Schultze (1940): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, S.91, Pomplun (1960): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.13/4, Schlimpert (1972): Brandenburgisches Namenbuch. Teil 3 Die Ortsnamen des Teltow, S.81, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.77-9, Hoffmann-Tauschwitz, Matthias & Harry C. Suchland (1986), Alte Kirchen in Berlin, S.83-88, Cante, Marcus (1987), Mittelalterliche Dorfkirchen in Berlin, S.64-68, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin ("Dehio") (1994), S.435. Dank und Information: |
Chorbereich Nordseite mit zwei ursprünglichen, jetzt nischenartig zugesetzten Fenstern.
Gemeindeportal auf der Nordseite
Die Ostseite
Die Westseite
Das westliche Fenster der Südseite
Aus Pomplun (1967)
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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2003