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Botanischer Garten: Vorbereitung für den Auftritt der Königin

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Botanischer Garten
Vorbereitungen für den Auftritt der Königin


Die Königin des Tropischen Regenwaldes braucht viel Licht, um sich in voller Pracht mit ihren riesigen Schwimmblättern und ihren kunstvoll konstruierten Blüten zu präsentieren. Sobald die Tage kürzer werden, beginnt sie zu kümmern, weist alle Versuche, ihr Leben durch künstliches Licht zu verlängern, zurück und stirbt in unserem Victoria-Haus Ende Oktober sogar ab. Dann ist es Zeit, die 90m3 Wasser aus dem Becken des Viktoria-Hauses abzupumpen. Das dauert ein bis zwei Wochen, denn mit dem wertvollen Wasser werden die Pflanzen im anliegenden Tropenhaus gegossen.

Glücklicherweise bilden die im Berliner Botanischen Garten gehaltenen Seerosenarten, Victoria amazonica und Victoria cruziana, Samen aus, auch wenn die Gärtner bei der Befruchtung etwas nachhelfen müssen. Die gut erbsengroßen Samen überdauern im Kühlschrank, in Gurken- oder Marmeladengläsern schwimmend, viele Jahre. Leider sieht man den Samen nicht an, ob sie schon keimfähig sind, ob sie noch 3 oder 5 Jahre ruhen müssen oder ob sie überhaupt nie keimen werden. Also werden im Januar Samenportionen von mehreren Jahrgängen zum Vorkeimen in ein Einmachglas gefüllt und warm gestellt.

Ende Januar wird es dann Zeit, das große Becken im Viktoria-Haus wieder mit Wasser zu füllen, das auf 30° C aufgeheizt werden muss. In die großen Pflanzbecken in der Mitte des Beckens, eines für die Victoria amazonica, das andere für die V. cruziana, werden zahlreiche angekeimte Samen ausgesetzt. Aber nur eine Pflanze, die kräftigste, darf überleben, um ihren Teil des Beckens mit Schwimmblättern und Blüten zu beherrschen.

Auch die Seerosen des Victoriahauses werden im Januar ausgepflanzt. Sie sind nicht ganz so anspruchsvoll, entwickeln sich vor allem in den kleinen Pflanzbecken von Anzuchthäusern recht gut. Auch wenn ihre Schwimmblätter nicht annähernd so groß werden wie die der Viktoria – ihre langlebigen, teilweise sogar farbenfrohen Blüten liefern der Königin den angemessenen Rahmen.

Burghard Hein

Die Victoria gehört sicher zu den imposantesten Wasserpflanzen, ist sie doch auch nach einer Königin benannt (Königin Victoria von England, 1819 - 1901). Entdeckt hat sie 1801 der Botaniker Haenke auf einer Forschungsreise ins Amazonasgebiet.

Alles an der Victoria ist außergewöhnlich: ihre riesigen Schwimmblätter, die in ihrer tropischen Heimat einen Durchmesser von 3 m erreichen (hier 2 m) und bis zu 50 kg tragen können. Die Unterseite des Blattes ist dafür gut ausgerüstet. Zwischen den kräftigen Blattnerven, der Blattunterseite und der Wasseroberfläche bilden sich große Luftblasen, auf denen das Riesenblatt wie auf Luftkissen schwimmt. Zusätzlichen Schutz gegen Tierfraß (Fische und Seekühe) geben starke Stacheln. Die Blätter haben einen etwa 6 cm hohen Rand mit zwei gegenüber liegenden Einschnitten. So kann bei heftigen Bewegungen der Rand nicht einreißen, die Blätter sich nicht übereinander schieben und bei Regengüssen das Wasser leicht abfließen. Außerdem ist das Blattgewebe an vielen Stellen von senkrechten Röhrchen (Stomatoden) durchzogen, die das Wasser zur Unterseite ableiten.

Die Blüte zeigt ihre Pracht nur an zwei Tagen. Am frühen Abend erblüht sie weiß, verströmt Ananasgeruch und ist im Inneren um 10°C wärmer als ihre Umgebung. Diese Wärme, die Blütenfarbe und der Duft locken Käfer an. Am Morgen schließt sich die Blüte und wird zur Zwangsherberge. Ein stärkehaltiges schwammiges Gewebe an den Fruchtblättern bietet jedoch den Gästen reichlich Nahrung. Erst am Abend des zweiten Tages öffnet sich die Blüte wieder, diesmal kräftig rosarot und duftlos. Inzwischen sind die Käfer mit Pollen beladen, den sie zur nächsten weißen duftenden Blüte tragen. Die bestäubte Blüte sinkt zum Grunde des Wassers. Das Leben aber geht weiter, dort entwickeln sich die Samen.

Die reifen Samen werden von den Indianern zu Mehl verarbeitet, aus dem wegen seines guten Geschmacks Gebäck hergestellt wird.

Renate Ebbinghaus und Birgit Mory