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FU-Nachrichten 11-12/99
Studierende

FU-Studierende initiieren Berliner Hochschuldebatten
Von "Gähnender Lehre" und selbstbewussten
Uni-Akteuren

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WS 1999/2000

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FU-Studierende initiieren Berliner Hochschuldebatten


Von "Gähnender Lehre"
und selbstbewussten Uni-Akteuren

Von Irene Portnoi

Die Studierenden planen die nächsten Debatten
in entspannter Atmosphäre, Foto: Portnoi

Studenten sind passiv und faul. Sie besuchen nur Pflichtveranstaltungen, diskutieren stundenlang unstrukturiert über Gott und die Welt ohne eine klare Aussage und verschwenden ihre Zeit auf Partys oder beim Chatten im Internet. Meistens brechen sie ihr Studium ab, weil sie damit sowieso nichts Sinnvolles anfangen können. Schließlich haben sie nur reden gelernt. Und auch das nicht besonders gut. So denken immer noch einige Leute über die Studenten von heute.

Sie kennen noch nicht die Studenteninitiativen "Kant 64" und "Gähnende Lehre". Beide gründeten sich unabhängig voneinander während des Studentenstreiks, um sich mit Hochschulpolitik zu beschäftigen. Die "Gähnende Lehre" ist fächerübergreifend, "Kant 64" besteht aus Studierenden und Dozenten des Fachs Philosophie. Elf engagierte Mitglieder bilden den festen Kern der Gruppen. Sie treffen sich fast jede Woche nach den Seminaren und planen, organisieren, gestalten, kümmern sich um die Zukunft der Bildung, die Zukunft der Universität. Alles ehrenamtlich.

Stefan Ertner (Soziologiestudent, 10. Semester) von der "Gähnenden Lehre": "Wir wollten uns nicht im Studentenparlament oder dem AStA engagieren, weil dieser Weg sehr mühsam, zu bürokratisch und wenig effektiv ist. Wir möchten mehr tun, mehr erreichen – ohne uns unter ein bestimmtes politisches Label einzuordnen."

Mit Unterstützung der Heinrich Böll Stiftung haben sie die "Berliner Hochschuldebatten" ins Leben gerufen. Diese Veranstaltungsreihe soll Bildung zu einer öffentlichen Angelegenheit machen. "Wir wollen wichtige bundesweite Debatten aufgreifen und sie mit berlinspezifischen Diskussionen und Problemen verknüpfen", sagt Stephan Ertner. Sie laden regelmäßig hochschulpolitisch Interessierte und Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ein: "Wir müssen Menschen mit Konzepten zusammenbringen und ein Forum für anhaltende hochschulpolitische Diskussionen in Berlin bieten." Und das gelingt ihnen gut. Die Vortragsräume sind voll. Die Heinrich Böll Stiftung sponsert sie, wo sie nur kann. Wie haben sie das alles geschafft? Dr. Andreas Poltermann von der Heinrich Böll Stiftung war sofort vom Konzept der Studenten begeistert: "Als ich mich im Frühling mit den beiden Initiativgruppen traf, hatte ich den Eindruck: die stellen Fragen, die nicht in der Gremienuniversität aufgehoben sind; da ergreifen selbstbewusste Uni-Akteure das Wort; das sind interessante Initiativen! Wir kamen dann rasch auf die Idee einer ,Debatten’-Reihe und haben schnell ein Programm erarbeitet."

Bisherige Themen der Berliner Hochschuldebatten:

  • Die Wissensgesellschaft und die Zukunft der Universität
  • Wozu braucht Berlin drei Universitäten. Eine kontroverse Debatte mit den drei Universitätspräsidenten.

Die nächsten Veranstaltungen:

  • Studium, Beruf – entweder oder? Zum Verhältnis von Hochschule und neuer Arbeitswelt (Werkstatt-Dialoge und Ausstellung). Termin: 25.1.2000, 19 Uhr auf der Galerie der Heinrich Böll Stiftung, Rosenthaler Straße 40 / 41, S-Bahn Hackescher Markt, Berlin Mitte
  • Wie funktioniert eigentlich Hochschulpolitik? Termin: April 2000



Buchtipp:


Gähnende Lehre – Zukunftsperspektiven universitärer Bildung

Weitere Informationen unter
Tel. (030) 285 34-410 oder über
http://www.hochschuldebatten.de