Zwei neue Sonderforschungsbereiche für die FU


  • Sonderforschungsbereich 1717:,,Kulturen des Performativen``
  • Sonderforschungsbereich 1721: Struktur und Funktion membranständiger Rezeptoren
  • Sonderforschungsbereich 267: ,,Deformationsprozesse in den Anden``
  • Sonderforschungsbereich 515: ,,Mechanismen entwicklungs-

  • und erfahrungsabhängiger Plastizität des Nervensystems``


     

    Sonderforschungsbereich 1717 ,,Kulturen des Performativen``

    Erster geisteswissenschaftlicher Sonderforschungsbereich in Berlin


    Auf Empfehlung des Wissenschaftsrates hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Einrichtung von zwei neuen Sonderforschungsbereichen (Sfb) zum 1. Januar 1999 an der FU beschlossen.

    Der neue Sfb 1717 ,,Kulturen des Perfomativen``, ist der erste geistes- und sozialwissenschaftliche Sonderforschungsbereich an einer Berliner Universität. Angesiedelt wird er beim Institut für Theaterwissenschaften. In der Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Bewilligung ``ist die gelungene Verknüpfung der Forschungsarbeiten von drei Hochschulen im Berliner Raum hervorzuheben, die insgesamt ein bemerkenswertes Potential im Bereich des Performativen umfassen, wie sie derart gebündelt sonst nirgendwo - auch nicht im englischsprachigen Raum - vorliegt``.

    Der Sonderforschungsbereich geht von der Hypothese aus, daß die gängige Abhebung der modernen westlichen Kultur von allen anderen Kulturen nicht haltbar ist. Lange Zeit war es Konsens in der Forschung, daß es sich bei dieser Differenz zwischen den westlichen und nicht-westlichen Kulturen um einen grundlegenden Unterschied handelt, der sich unter Bezug auf zwei verschiedene Kulturmodelle angemessen fassen und beschreiben läßt. Die moderne westliche Kultur formuliert ihr Selbst- und Fremdverständnis dieser Meinung nach in Texten und Monumenten. Hier ist Kultur entsprechend als ,,Text`` zu begreifen. Demgegenüber erscheint sie in nichtwestlichen Kulturen als ,,Performance``. Denn diese artikulieren ihr Selbstverständnis in performativen Prozessen wie Ritualen, Zeremonien, Festen, Spielen, Wettkämpfen u.ä.
    Im Gegensatz zu dieser herrschenden Forschungsmeinung begreift der Sonderforschungsbereich die moderne westliche Kultur nicht nur als eine textuelle, sondern auch als eine performative Kultur. Im Mittelpunkt des Interesses steht daher das spannungsreiche Wechselverhältnis zwischen Textualität und Performativität. Es soll unter Bezug auf die großen Kommunikationsumbrüche untersucht werden: im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit (Erfindung des Buchdrucks) und im 20. Jahrhundert (Erfindung neuer Medien).

    Derartige Untersuchungen können nur interdisziplinär durchgeführt werden. Daher sind an dem Sonderforschungsbereich 14 Projekte aus 12 geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern beteiligt. Er wird von Wissenschaftlern der Freien Universität, der Humboldt-Universität und der Universität Potsdam getragen. Mit ihm werden über 20 neue Mitarbeiterstellen geschaffen.
    Erika Fischer-Lichte
     

    Sonderforschungsbereich 1721

    Struktur und Funktion membranständiger Rezeptoren

    Alle Lebewesen werden von Rezeptoren gesteuert, von Bakterien, die sich in Licht oder in der Nähe von Nahrungsmitteln sammeln, bis hin zu den Menschen, deren fünf Sinne auf Rezeptoren in Augen, Nase, Mund, Haut beruhen. Weiterhin sind sowohl die Muskelbewegungen wie auch die Gedanken durch Rezeptoren, die Signale zwischen den einzelnen Zellen übertragen, gesteuert. Obwohl unser Leben ohne Rezeptoren nicht möglich wäre, ist über die Vorgänge, die in einem Rezeptor auf atomarer Ebene ablaufen, bisher wenig bekannt. Der Grund hierfür ist, daß die einzelnen Zellen nur wenige Rezeptoren enthalten und damit ihre Präparation im großen Maßstab schwierig ist. Weiterhin sind die meisten Rezeptoren in die äußeren Zellmembranen eingebettet und lassen sich nur begrenzt isolieren. Selbst mit den Methoden der Molekularbiologie ist die Produktion von Rezeptoren im großen Maßstab problematisch, da ein verstärkter Einbau von Rezeptoren die Zellmembran selbst zerstört.

    Vor diesem Hintergrund ist die Einrichtung des DFG-Sonderforschungsbereichs ,,Struktur und Funktion membranständiger Rezeptoren`` zu sehen, in dem sich 17 molekularbiologisch, biochemisch, biophysikalisch und strukturbiologisch arbeitende Gruppen im Berliner Raum zusammengefunden haben, um die Funktionsweise der Rezeptoren und ihre strukturellen Eigenschaften im atomaren Bereich zu studieren. Es geht hierbei um die Erkennung von spezifischen Impulsen (Licht) oder nieder- wie auch hochmolekularen Liganden an der Oberfläche der Zellen, deren Erkennung durch die Rezeptoren ein Signal auslöst, das in Strukturänderungen besteht, die über die Membran hinweg in das Innere der Zelle geleitet werden und dort eine Kaskade anderer Moleküle aktivieren, die schließlich eine spezifische Funktion auslösen. Die Einrichtung dieses Sfb's erfolgt zu einem sehr günstigen Zeitpunkt, da kürzliche Berufungen hervorragende molekularbiologische, biochemische und biophysikalische Zusammenarbeiten ermöglichen. Darüber hinaus erhalten strukturelle wie auch kinetische Arbeiten einen starken Auftrieb durch das neue Synchroton BESSY II. Es sind zwei Strahlrohre vorgesehen, die hierfür ausgezeichnet verwendet werden können: ein Infrarot-Strahlrohr für kinetische Untersuchungen und ein Röntgen-Strahlrohr für kristallographische Studien, mit denen der Aufbau der Rezeptoren oder deren Fragmente in atomarem Detail untersucht werden können. Dies wird ergänzt durch eine starke NMR-spektroskopische Gruppe, die sich ebenfalls mit der Strukturaufklärung der Rezeptoren beschäftigen wird.

    Dieser Sfb wird getragen von den drei großen Berliner Universitäten, dem Forschungsinstitut für molekulare Pharmakologie, dem Max Delbrück-Centrum und der Firma Schering. Es ist zu erwarten, daß Kenntnisse um Struktur und Funktion von Rezeptoren nicht nur von akademischem Interesse sind, sondern auch der Medizin und Pharmakologie neue Wege erschließen, da fast alle Arzneimittel über Rezeptoren wirken. Die Berliner Wissenschaftler haben mit diesem Sfb ein Instrument in der Hand, das modernste High-Tech Wissenschaft mit einer höchst interessanten und aktuellen Fragestellung verbindet, deren Antworten von größtem praktischem Interesse sind.
    Wolfram Saenger

    Zwei Sonderforschungsbereiche um drei Jahre verlängert

    Sonderforschungsbereich 267: ,,Deformationsprozesse in den Anden``

    Neben der Einrichtung der beiden neuen Sonderforschungsbereiche hat die DFG auch die Förderung der Sonderforschungsbereiche 267 ,,Deformationsprozesse in den Anden`` und  515 ,,Mechanismen entwicklungs- und erfahrungsabhängiger Plastizität des Nervensystems`` um weitere drei Jahre verlängert.

    Der Sfb 267 ,,Deformationsprozesse in den Anden``, an dem Geowissenschaftler der Freien Universität Berlin (Sprecherhochschule), der Technischen Universität Berlin, des GeoForschungsZentrums Potsdam und der Universität Potsdam beteiligt sind, wird seit Anfang 1993 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. In den zentralen Anden gehen Geophysiker, Geodäten, Geologen und Mineralogen gemeinsam mit Geowissenschaftlern in den Gastländern Argentinien, Bolivien und Chile der Frage nach, wie es zur Entstehung und zur Aufrichtung dieses in seinen Ausmaßen so extremen Gebirges an der Westküste Südamerikas kommt und welche Prozesse hierfür verantwortlich sind. Auch wenn dieses Programm auf Grundlagenforschung ausgerichtet ist, so hat es doch auch eine ganze Reihe angewandter Aspekte. So befinden sich z.B. im Untersuchungsgebiet die größten Kupferlagerstätten der Erde, weiterhin wird die Bevölkerung der Anden von Vulkanausbrüchen und großen Erdbeben bedroht. Die bisherigen Untersuchungen konzentrierten sich auf den mittleren Abschnitt der Anden, in der kommenden Förderungsperiode sollen die Arbeiten auch auf die südlichen Anden ausgedehnt werden.
    Peter Wigger

    Sonderforschungsbereich 515 ,,Mechanismen entwicklungs- und erfahrungsabhängiger Plastizität des Nervensystems``

    Nervensysteme passen sich im Verlauf der Entwicklung und durch Erfahrung an neue Anforderungen an. Der Sfb 515 untersucht diese Anpassungen auf der Molekül-, Zell- und Netzwerkebene. Dabei arbeiten Mediziner, Zoologen, Biochemiker und Informatiker der drei Berliner Universitäten und des Max-Delbrück-Centrums eng zusammen. Das Ziel ist, die Verknüpfung von genetisch gesteuerten Anpassungsprogrammen und erfahrungsabhängigen Lernprogrammen aufzuklären. Damit stellt sich der Sfb 515 eine Frage, die über Jahrhunderte Philosophen und Naturwissenschaftler beschäftigt hat: Wie hängen angeborenes und erlerntes Wissen zusammen? Es zeigt sich, daß die ursprünglich für unüberbrückbar gehaltene Kluft zwischen genetisch kontrolliertem und durch Erfahrung gewonnenem Wissen auf der Ebene der Gehirnmechanismen überwunden werden kann.
    Randolf Menzel


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