Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Forschungsprojekt Unternehmungsnetzwerke



"Unternehmungsnetzwerke gewinnen gerade in der Medienindustrie immer stärker an Bedeutung", sagt Dr. Arnold Windeler vom Institut für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre der FU. Aus diesem Grund behandelt das neue Forschungsprojekt der Forschungsgruppe "Unternehmungsnetzwerke" das Thema "Vernetzte Content-Produktion für das digitale Fernsehen - Wandel der Unternehmungs- und Arbeitsbeziehungen".
Die Medienindustrie entwickelt sich immer schneller und wird in Zukunft von immer größerer Bedeutung sein.
Die Einführung des digitalen Fernsehens führt dazu, daß bekannte analoge Techniken durch digitale ersetzt oder ergänzt werden.
Es erhöht sich nicht nur die Zahl der Programme, der Programmplattformen und der Programmanbieter, sondern auch neue Aufgaben, wie die des "multi channel packing", das heißt, des Zusammenstellens einzelner Programme verschiedener Sender auf einer Programmplattform, die wiederum unter anderem Online-Dienste anbieten, treten hinzu
Dies führt dazu, daß neue Akteure auftreten und sich neue Organisationsformen arbeitsteiliger Produktion und Distribution entwickeln.
Aufgrund der Programmausweitung und des verschärften Wettbewerbs um Zuschauer und Werbeeinnahmen wird die Produktion der Inhalte für Programme - der Contents - immer wichtiger.
Auf der Anbieterseite  gibt es zwei Content-Arten und zwar konventionelle und interaktive Contents. Konventionelle Contents sind z.B. herkömmliche Nachrichtensendungen  oder Fernsehshows. Interaktive Contents bieten einen viel größeren Service an. Hier kann der Konsument sich das Programm nicht nur anschauen, sondern sich z.B. Hintergrundinformationen zu Sendungen beschaffen. Zu den Nachfragern solcher Contents gehören neben dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Fernsehen auch Netzbetreiber wie Telekom oder America Online (AOL).
Um den Anforderungen an den neuen Medienmarkt gewachsen zu sein und um sich strategische Vorteile zu sichern, arbeiten kleinere und mittlere Unternehmen in der Medienproduktion in Unternehmungs- und Projektnetzwerken zusammen. Diese horizontalen Kooperationsbeziehungen werden durch vertikale Geschäftsbeziehungen etwa zu öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern ergänzt. Die vertikalen Geschäftsbeziehungen in diesen Produktionswelten können sowohl marktlich als auch kooperativ - sprich netzwerkförmig - ausgerichtet sein. Über die damit verbundenen Chancen und Risiken der Produktion von Contents in Unternehmungs- und Projektnetzwerken liegen bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Die Globalisierung bietet der Produktion von Content neue Möglichkeiten, stellt gleichzeitig  aber auch neue Anforderungen. Identische Programmformate, weltweite Übertragungsmöglichkeiten  und auch die weltweite Präsenz von Medienkonzernen  unterstützen die Globalisierung der Medienindustrie. Auf der anderen Seite bilden sich auch in der Bundesrepublik sogenannte Medienregionen wie zum Beispiel Köln/Düsseldorf oder Berlin/Brandenburg heraus, die jedoch zunehmend in den globalen Handlungszusammenhang eingebunden sind.
In diesen Prozessen wandelt sich das Verständnis von Arbeit von Grund auf. Alte Berufsbilder verlieren in der Produktionswelt konventioneller  Contents (Nachrichten, Magazine, Spielfilme, etc.) an Bedeutung, während sie sich in der Welt der Produktion interaktiver Medieninhalte (z.B. mit Ton und Bild angereicherte Informations- und Kommunikationsdienste) noch nicht verfestigen konnten. Projektbezogene Beschäftigung und Formen neuer Selbständigkeit  werden hier radikaler genutzt als in anderen Industrien und führen zu einem Wandel der bisherigen Arbeitsbeziehungen.
Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes stehen vier zentrale Fragestellungen. Zuerst soll untersucht werden wie Produktionsunternehmungen ihre Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern koordinieren und in welchen Formen unternehmungsübergreifender Kooperation sie die Content-Produktion organisieren. Auch soll analysiert werden, welche Rolle die Region und die jeweilige staatliche Förderung spielt. Von besonderem Interesse sind auch die Implikationen, die die dezentralisierte und vernetzte Content-Produktion für den Wandel der Arbeitsbeziehungen mit sich bringt.
Auf der Basis leitfadengestützter, qualitativer Interviews sollen die Merkmale der Medienindustrie herausgearbeitet und Antworten auf die Fragen gesucht werden. Als theoriegrundlage dient dem Forschungsprojekt die Strukturationstheorie des englischen Soziologen Anthony Giddens - eine Theorie, die im Wissenschaftsbetrieb zunehmend Beachtung findet und Bedeutung zugemessen wird.
Die Leiter des Forschungsprojektes erhoffen sich vom Forschungsprojekt Erkenntnisse über die Produktionswelten der Programminhalte für das digitale Fernsehen, die Managementanforderungen  in Kooperationen , die Anforderungen an eine effektive staatliche Wirtschafts- und Regionalförderung und über neue Modelle von Arbeit und Arbeitsbeziehungen - die gegebenenfalls Modellcharakter auch für zukünftige Entwicklungen in anderen Industrien besitzen.
Die Projektleitung übernehmen Prof. Dr. Jörg Sydow und Dr. Arnold Windeler. Mitarbeiter des Projekts sind Dr. Carsten Wirth und Anja Lutz. Unterstützt wird das Projekt im Rahmen des Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) "Regulierung und Restrukturierung von Arbeit in den Spannungsfeldern von Globalisierung und Dezentralisierung" mit einem Volumen von DM 450.000 unterstützt.
Weitere Informationen über das  Forschungsprojekt  sind im Internet unter
http://www.wiwiss.fu-berlin.de/w3/w3sydow/ erhältlich.

Karin Dobelmann


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